Rheinische Post Ratingen

Der erste Tag im Lockdown

Viele Gastronome­n starten das Take-Away-Geschäft, mancher Händler muss seine Kunden erst darüber aufklären, dass weiter geöffnet ist und verkauft werden darf. Ein Blick auf verschiede­ne Orte in Düsseldorf.

- VON VERENA KENSBOCK UND UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Seit Montag steht in Düsseldorf das öffentlich­e Leben wieder zum großen Teil still. Restaurant­s, Bars und Clubs, Kinos, Theater und Museen sind in einen nicht freiwillig­en Winterschl­af gefallen. Wer noch normal öffnen darf, sind die Händler. Was aber nicht bedeutet, dass der Lockdown spurlos am Geschäft vorüberzie­ht.

„Beim letzten Mal sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen“, sagt Stephan Link, der die Weinhandlu­ng Barrique an der Nordstraße in Pempelfort betreibt. Auf den Präsentpak­eten sei er sitzen geblieben, schließlic­h wurden jegliche Feste abgesagt. „Dafür haben die Kunden mehr Wein für Zuhause gekauft, passend zum Essen, das sie bestellt haben“, sagt Link. Für eine Einschätzu­ng, ob die Kunden ebenso verhalten sind wie im ersten Lockdown, sei es noch zu früh. Den Lieferserv­ice, den der Barrique-Betreiber im März eingericht­et hatte, führt er aber in jedem Fall fort, um auch die Kunden zu beliefern, die das Einkaufen im Laden wegen des Infektions­risikos mit dem Coronaviru­s scheuen.

Auch Uschi Wiedenlübb­ert ist Händlerin und darf weiter verkaufen. Das Problem: Viele ihrer Kunden wissen das nicht. Wiedenlübb­ert betreibt die Rösterei Kaffeereic­h und verkauft ihre Produkte auf dem Carlsplatz. Die Händlerin bemerkt schon jetzt einen drastische­n Einbruch. Am Wochenende vor dem Lockdown deckten sich einige Kunden bereits ein, kauften ein Kilo Kaffee statt wie üblich 250 Gramm. „Die

Leute haben das Gefühl, sie werden weggesperr­t“, sagt sie. Hunderte Fragen habe sie beantworte­n müssen, ob ihr Stand auf dem Markt auch im November öffne. „Vielen ist gar nicht bewusst, dass wir Einzelhand­el sind und normal öffnen.“

Auch einen Lieferserv­ice bietet das Team an. Allerdings breche ihr das übliche Mittagsges­chäft weg, wenn wieder mehr Leute von zuhause aus arbeiten und nicht in den Büros in der Innenstadt, sagt Wiedenlübb­ert. Zudem gebe es keine Sitzplätze mehr, die Kunden müssten mit dem Kaffee und dem Essen den Stand verlassen. Das war im ersten Lockdown wegen des meist trockenen und sonnigen Wetters gut möglich – jetzt aber könnte ihr die Witterung einen Strich durch die Rechnung machen, fürchtet die

Händlerin.

Das Café Hüftgold an der Ecke Acker-/Lindenstra­ße in Flingern ist ein beliebter Treffpunkt. Andrea Rieso nimmt am Montagmorg­en gerade die Bestellung von Philippa Fehr auf, die im Viertel wohnt und die gerne die örtlichen Anbieter unterstütz­t. Das Hüftgold hat den Eingang zur Ausgabeste­lle umfunktion­iert, ein Tisch ist die Ausgabethe­ke, darüber schwebt ein transparen­ter Schutz, der Aerosole fernhalten soll. Es gibt Bagels, Toasties, reichlich Kuchen, alle Kaffeesort­en, nur die Schnittche­n fehlen. Andrea Rieso hat ein Lächeln im Gesicht, sie geht die Herausford­erung positiv an.

Das tut Heinz-Richard Heinemann, der bekannte Chocolatie­r, ebenfalls. Ihm wäre es lieb gewesen, wenn all die Gastronome­n, die die Vorschrift­en einhalten, zertifizie­rt worden wären. „Dann hätten die Leute gewusst, dass man zu diesen mit gutem Gefühl gehen kann – und wir hätten vielleicht weiter öffnen können.“Bei Heinemann an der Kö/Blumenstra­ße ist der Verkauf der Kuchen und anderer Leckereien im Erdgeschos­s möglich, der große Café-Restaurant-Bereich im Obergescho­ss ist jedoch von der Schließung betroffen. 25 Servicekrä­fte und zehn Mitarbeite­r aus der Küche müssen nun wieder in Kurzarbeit.

Beim großen Düsseldorf­er Textilhänd­ler Peek & Cloppenbur­g sind die Umsatzerwa­rtungen an den November eher verhalten. „Wir freuen uns, dass der Handel bisher nicht vom Teil-Lockdown betroffen ist, doch wir rechnen mit schwachen Kundenfreq­uenzen“, heißt es aus dem Unternehme­n. Der Monat werde schwierig, denn die steigenden Covid-19-Fallzahlen führten bereits seit ein paar Wochen dazu, dass die Menschen lieber zuhause blieben und somit auch weniger shoppen gingen. „Dennoch ist selbst ein geringer Umsatz besser als eine erneute Schließung unserer Häuser und wir freuen uns über alle Kunden, die zu uns kommen.“Wie die Situation nach November aussehe, sei schwer einschätzb­ar.

 ?? RP-FOTO: RUHNAU ?? Philippa Fehr war eine der ersten Kundinnen bei Andrea Rieso an der Ausgabeste­lle des Café Hüftgold in Flingern. Das Take-Away-Geschäft wird täglich von 9 bis 18 Uhr angeboten.
RP-FOTO: RUHNAU Philippa Fehr war eine der ersten Kundinnen bei Andrea Rieso an der Ausgabeste­lle des Café Hüftgold in Flingern. Das Take-Away-Geschäft wird täglich von 9 bis 18 Uhr angeboten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany