Wie der Lockdown den Alltag verändert
HEILIGENHAUS Nein, eine Überraschung war der zweite Lockdown des Jahres nicht. Und niemand, ob in der Kinder- und Jugendarbeit, in der Seniorenarbeit oder im Kulturbüro der Stadt beschäftigt, stand zu Beginn dieser Woche vor einem voraussetzungslosen Neustart unter Corona-Bedingungen. Schließlich handelt es sich um die leicht abgewandelte Neuauflage einer Situation, die schon das zweite Quartal des Jahres nachhaltig geprägt hat.
Trotzdem: Wer beruflich Programme für die Öffentlichkeit, für bestimmte Personengruppen plant und anbietet, steht vor Herausforderungen.
So geht der Ludgerustreff den Lockdown an: Auch wenn die neue Corona-Schutzverordnung zumindest bis Ende des Monats die Arbeit im Ludgerustreff erheblich einschränkt, tun die Mitarbeitenden alles, um weiterhin für die Besucherinnen
und Besucher da zu sein und ein offenes Ohr für deren Sorgen zu haben.
Anders als im Frühjahr wird die Begegnungsstätte nicht schließen. Die Türen stehen weiter offen und die Mitarbeiterinnen sind zu den gewohnten Zeiten persönlich und telefonisch erreichbar. Sie stehen Ratsuchenden mit all ihren Kompetenzen und einem offenen Ohr für Fragen und Sorgen zur Verfügung.
Aber: „Da sich nur noch maximal fünf Personen aus zwei unterschiedlichen Haushalten im öffentlichen Raum treffen können, sind unsere Gruppenangebote, wie auch unsere Vorträge und Veranstaltungen nicht mehr durchführbar und werden bis voraussichtlich Ende November aussetzen“, erläutert Ingrid Niering, Leiterin des Ludgerustreffs.
Die Einschränkungen gelten auch für den Mittagstisch im Treff. Der muss, wie andere Versorgungsangebote auf das Abholen der Speisen umschalten. Keine leichte Situation, da die Gäste im Treff insbesondere die Gemeinschaft bei den Mahlzeiten sehr schätzen, wie Niering weiß.
Die Besucherinnen und Besucher werden über die aktuelle Situation auch weiterhin über die Newsletter der Einrichtungen informiert. Um Wartezeiten oder Gedränge zu vermeiden, bittet die Caritas alle Besucherinnen und Besucher sich kurz telefonisch mit der Einrichtung abzustimmen.
So sieht die Lage im Kulturbüro aus: In den vergangenen Monaten hat das dreiköpfige Team – Jürgen Weger, Almuth Schildmann-Brack und Veronika Kautz – alle Hebel in
Bewegung gesetzt, um Gewohntes und Beliebtes aufrecht zu erhalten. Nicht immer war das möglich: So fielen wechselseitige Besuche mit Partnerstädten flach, es wird sie wohl auch perspektivisch nicht geben. Dafür gab es, mehr oder weniger aus dem Stand organisiert, „Wendehammerkonzerte“, gratis und draußen. Die letzten beiden mit der Kult-Truppe „Claymore“.
Und jetzt? Jürgen Weger, seit vielen Jahren Macher der Musik- und Kabarettprogramme im Kulturbüro, schildert eine paradox klingende Erfahrung: „Absagen sind genauso arbeitsintensiv wie Veranstaltungen selbst.“Eine Statistik über die notwendig gewordenen Absagen führt er nicht, bilanziert aber trocken: „Es ist schon der Wahnsinn und die Künstler tun mir unheimlich leid. Viele sind am Boden zerstört.“Bis mindestens ins kommende Frühjahr
hinein werde es keine neuen Engagements mehr geben, aus nahe liegenden Gründen: „Wir können ja schlecht einen Auftritt mit Wilfried Schmickler planen und dann dürfen, wenn überhaupt, gerade mal 100 Leute in die Aula.“Und selbst das wäre ja, zumindest in diesem November, auch gar nicht machbar. Trotzdem ist Weger mit Agenturen und Künstlern im Gespräch mit Blick auf die Jahre 2021 und 2022 und mit langem Atem: „Vordenken, nachfragen, das hätte ich sonst ja auch getan.“Und langfristige Planung sei das A und O: „So ein Herbert Knebel, der kommt ja nicht einfach so auf Zuruf mal eben nach Heiligenhaus.“
Für Weger haben sich seit dieser Woche die Aufgaben auch ein wenig verschoben. So greift der Verwaltungsmann bei Bedarf dem Jugendund Ordnungsamt im Arbeitsalltag unter die Arme. Und, was Veranstaltungen angeht, hat er ein bitter-humoriges Schild vor Augen, das er vor Kurzem „irgendwo“gesehen hat: „Von Montag bis Sonntag Ruhetag.“
Eine Sonderstellung nimmt das Jugendfreizeitheim „Der Club“ein: Das Bühnenprogramm entfällt natürlich komplett, aber „die Hausaufgabenbetreuung findet statt wie gewohnt“, sagt Club-Chefin Edelgard Eichberg. Hier habe das Haus eine Sonderstellung. Wie überall bestimmen Distanz, Acrylglasscheiben und Desinfektionsgeräte den Alltag. Das Ziel: „Wir bleiben positiv. Was wir leisten können und dürfen, machen wir. Und es hat noch keinen einzigen uneinsichtigen Besucher gegeben.“Schon vor dem Lockdown hätten die Gesichtsmasken zum Nornalbetrieb gehört. Das aktuelle Angebot für Kinder: „Wir stellen hier Tüten mit Bastelmaterial zusammen für die Kleinen. Das kann hier abgeholt werden, einfach an der Eingangstür klingeln“, sagt Eichberg.
Und für sie ganz wichtig: „Wir wollen den Kontakt zu den Kindern nicht verlieren.“Erste Bastelergebnisse sind schon zu bewundern – durchs Fenster.