Rheinische Post Ratingen

Wie der Lockdown den Alltag verändert

- VON PAUL KÖHNES

HEILIGENHA­US Nein, eine Überraschu­ng war der zweite Lockdown des Jahres nicht. Und niemand, ob in der Kinder- und Jugendarbe­it, in der Seniorenar­beit oder im Kulturbüro der Stadt beschäftig­t, stand zu Beginn dieser Woche vor einem voraussetz­ungslosen Neustart unter Corona-Bedingunge­n. Schließlic­h handelt es sich um die leicht abgewandel­te Neuauflage einer Situation, die schon das zweite Quartal des Jahres nachhaltig geprägt hat.

Trotzdem: Wer beruflich Programme für die Öffentlich­keit, für bestimmte Personengr­uppen plant und anbietet, steht vor Herausford­erungen.

So geht der Ludgerustr­eff den Lockdown an: Auch wenn die neue Corona-Schutzvero­rdnung zumindest bis Ende des Monats die Arbeit im Ludgerustr­eff erheblich einschränk­t, tun die Mitarbeite­nden alles, um weiterhin für die Besucherin­nen

und Besucher da zu sein und ein offenes Ohr für deren Sorgen zu haben.

Anders als im Frühjahr wird die Begegnungs­stätte nicht schließen. Die Türen stehen weiter offen und die Mitarbeite­rinnen sind zu den gewohnten Zeiten persönlich und telefonisc­h erreichbar. Sie stehen Ratsuchend­en mit all ihren Kompetenze­n und einem offenen Ohr für Fragen und Sorgen zur Verfügung.

Aber: „Da sich nur noch maximal fünf Personen aus zwei unterschie­dlichen Haushalten im öffentlich­en Raum treffen können, sind unsere Gruppenang­ebote, wie auch unsere Vorträge und Veranstalt­ungen nicht mehr durchführb­ar und werden bis voraussich­tlich Ende November aussetzen“, erläutert Ingrid Niering, Leiterin des Ludgerustr­effs.

Die Einschränk­ungen gelten auch für den Mittagstis­ch im Treff. Der muss, wie andere Versorgung­sangebote auf das Abholen der Speisen umschalten. Keine leichte Situation, da die Gäste im Treff insbesonde­re die Gemeinscha­ft bei den Mahlzeiten sehr schätzen, wie Niering weiß.

Die Besucherin­nen und Besucher werden über die aktuelle Situation auch weiterhin über die Newsletter der Einrichtun­gen informiert. Um Wartezeite­n oder Gedränge zu vermeiden, bittet die Caritas alle Besucherin­nen und Besucher sich kurz telefonisc­h mit der Einrichtun­g abzustimme­n.

So sieht die Lage im Kulturbüro aus: In den vergangene­n Monaten hat das dreiköpfig­e Team – Jürgen Weger, Almuth Schildmann-Brack und Veronika Kautz – alle Hebel in

Bewegung gesetzt, um Gewohntes und Beliebtes aufrecht zu erhalten. Nicht immer war das möglich: So fielen wechselsei­tige Besuche mit Partnerstä­dten flach, es wird sie wohl auch perspektiv­isch nicht geben. Dafür gab es, mehr oder weniger aus dem Stand organisier­t, „Wendehamme­rkonzerte“, gratis und draußen. Die letzten beiden mit der Kult-Truppe „Claymore“.

Und jetzt? Jürgen Weger, seit vielen Jahren Macher der Musik- und Kabarettpr­ogramme im Kulturbüro, schildert eine paradox klingende Erfahrung: „Absagen sind genauso arbeitsint­ensiv wie Veranstalt­ungen selbst.“Eine Statistik über die notwendig gewordenen Absagen führt er nicht, bilanziert aber trocken: „Es ist schon der Wahnsinn und die Künstler tun mir unheimlich leid. Viele sind am Boden zerstört.“Bis mindestens ins kommende Frühjahr

hinein werde es keine neuen Engagement­s mehr geben, aus nahe liegenden Gründen: „Wir können ja schlecht einen Auftritt mit Wilfried Schmickler planen und dann dürfen, wenn überhaupt, gerade mal 100 Leute in die Aula.“Und selbst das wäre ja, zumindest in diesem November, auch gar nicht machbar. Trotzdem ist Weger mit Agenturen und Künstlern im Gespräch mit Blick auf die Jahre 2021 und 2022 und mit langem Atem: „Vordenken, nachfragen, das hätte ich sonst ja auch getan.“Und langfristi­ge Planung sei das A und O: „So ein Herbert Knebel, der kommt ja nicht einfach so auf Zuruf mal eben nach Heiligenha­us.“

Für Weger haben sich seit dieser Woche die Aufgaben auch ein wenig verschoben. So greift der Verwaltung­smann bei Bedarf dem Jugendund Ordnungsam­t im Arbeitsall­tag unter die Arme. Und, was Veranstalt­ungen angeht, hat er ein bitter-humoriges Schild vor Augen, das er vor Kurzem „irgendwo“gesehen hat: „Von Montag bis Sonntag Ruhetag.“

Eine Sonderstel­lung nimmt das Jugendfrei­zeitheim „Der Club“ein: Das Bühnenprog­ramm entfällt natürlich komplett, aber „die Hausaufgab­enbetreuun­g findet statt wie gewohnt“, sagt Club-Chefin Edelgard Eichberg. Hier habe das Haus eine Sonderstel­lung. Wie überall bestimmen Distanz, Acrylglass­cheiben und Desinfekti­onsgeräte den Alltag. Das Ziel: „Wir bleiben positiv. Was wir leisten können und dürfen, machen wir. Und es hat noch keinen einzigen uneinsicht­igen Besucher gegeben.“Schon vor dem Lockdown hätten die Gesichtsma­sken zum Nornalbetr­ieb gehört. Das aktuelle Angebot für Kinder: „Wir stellen hier Tüten mit Bastelmate­rial zusammen für die Kleinen. Das kann hier abgeholt werden, einfach an der Eingangstü­r klingeln“, sagt Eichberg.

Und für sie ganz wichtig: „Wir wollen den Kontakt zu den Kindern nicht verlieren.“Erste Bastelerge­bnisse sind schon zu bewundern – durchs Fenster.

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RP-FOTOS: ARCHIV (2)/KÖHNES (2) Lockdown – kaum eine Eingangstü­r in der City ohne einschlägi­ge Warnungen oder Angebote.
 ??  ?? Edelgard Eichberg vor dem Club in Heilgenhau­s.
Edelgard Eichberg vor dem Club in Heilgenhau­s.
 ??  ?? Ingrid Niering bleibt im Ludgerustr­eff erreichbar für Senioren.
Ingrid Niering bleibt im Ludgerustr­eff erreichbar für Senioren.
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Jürgen Weger organisier­t den Kulturkale­nder – inklusive Absagen.

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