Das Land NRW hält 30 Islamisten für ausstiegsbereit
Bei der Hälfte der Teilnehmer seines Aussteigerprogramms stellt das Innenministerium eine „deutliche Distanzierung“fest.
DÜSSELDORF Nach dem Terroranschlag in Wien mit vier Todesopfern rücken auch die nordrhein-westfälischen Programme für einen Ausstieg aus dem Islamismus in den Fokus. Der Hintergrund ist alarmierend: Der Angreifer in Österreich hatte zuvor eine erfolgreiche Teilnahme an einem Deradikalisierungsprogramm vorgetäuscht. Hierzulande sieht man das nicht als Warnsignal: „In NRW hat sich das Aussteigerprogramm Islamismus bereits mit knapp über 190 Personen befasst; aktuell werden zwischen 50 und 60 Personen intensiv in ihrem Ausstiegsprozess begleitet“, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums unserer Redaktion.
Bei etwa 30 aktuell betreuten Islamisten sei demnach eine „deutliche Distanzierung“von der extremistischen Ideologie und Szene festzustellen. „Es ist zu erwarten, dass ein Großteil dieser Fälle kurz- bis mittelfristig positiv abgeschlossen werden kann“, so der Sprecher weiter. Insgesamt sei das bisher in mehr als 20 Fällen gelungen. Aus Sicherheitskreisen hieß es zu einem möglichen
Rückfallrisiko: „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es auch hier nicht. Letztlich kann man den Menschen nicht in den Kopf gucken.“
Das Aussteigerprogramm des NRW-Innenministeriums bietet Angehörigen der islamistischen Szene die Möglichkeit, professionelle Hilfe bei der Rückkehr in die demokratische Gesellschaft zu erhalten. Die Begleitdauer erstreckt sich auf drei bis fünf Jahre. Die Zielgruppe ist in der Regel polizeilich und nachrichtendienstlich bekannt – knapp 80 Prozent der Teilnehmer im Aussteigerprogramm Islamismus sind nach Angaben des Innenministeriums als „relevante Personen“oder „Gefährder“eingestuft. „Allein die Tatsache, dass eine Person eine Begleitung durch ein Aussteigerprogramm ablehnt, führt nicht zu einer Benachteiligung der Person und nimmt keinen Einfluss auf die ohnehin bestehenden polizeilichen und nachrichtendienstlichen Sicherheitsmaßnahmen“, erläuterte der Ministeriumssprecher.
Das Land NRW versucht auch, gezielt junge Menschen davor zu bewahren, in den Islamismus abzurutschen. Das entsprechende Präventionsprogramm
„Wegweiser“hat nach Angaben des Innenministeriums bislang mehr als 1000 Jugendliche und junge Erwachsene intensiv betreut, die mit der gewaltbereiten salafistischen Szene sympathisierten – und sich ihr anzuschließen drohten. In 56 Prozent der Fälle waren dies Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahre. 14 Prozent waren Kinder unter 14. „80 bis 90 Prozent der Beratungsfälle nehmen langfristig einen positiven Verlauf. Das heißt konkret, dass sich extremistische Einstellungen nicht festsetzten“, sagte der Sprecher.