Rheinische Post Ratingen

Heerdter singen Martinslie­der auf dem Balkon

In Niederkass­el wird St. Martin seinen Mantel gleich mehrfach auf dem Schulhof teilen. Die Kinder sollen in Gruppen zuschauen.

- VON NICOLE ESCH UND MONIKA GÖTZ

HEERDT/NIEDERKASS­EL Lotta singt sich schon mal ein. Die Siebenjähr­ige und ihre Schwester Frida warten auf dem erleuchtet­en Balkon darauf, dass es losgeht. Da dieses Jahr der Martinszug wegen Corona ausfallen muss, hat sich der Verein zur Förderung des katholisch­en Teilstando­rtes der Heinrich-Heine-Grundschul­e Heerdt etwas anderes einfallen lassen. Unter dem Motto „Lasst Heerdt leuchten! Lasst Heerdt singen!“hat der Fördervere­in die Heerdter Bürger eingeladen, am Martinstag ihre Fenster mit Lichtern zu schmücken und gemeinsam, aber doch räumlich getrennt, vor oder in ihren Häusern zu singen.

Lotta und Frida haben gleich mehrere Mitsänger gefunden: Die Schwestern Fenja und Arja stehen mit ihren Eltern vor dem Haus. Auf der anderen Straßensei­te stehen Hanna und Nils mit ihrer Mutter. „Es ist nett, dass wir uns hier zusammenge­funden haben. Alleine hätten wir das niemals gemacht. Aber mit Abstand in der Gruppe ist es schön“, findet Barbara Rose. Punkt 17 Uhr geht es los. Dann wäre auch der Zug gestartet. Für die Laternen ist es noch ein wenig hell. Aber die Kinder haben Spaß. Musikalisc­h unterstütz­t von einem Film, den der Fördervere­in auf seine Homepage gestellt hat, singen Kinder und Erwachsene die Martinskla­ssiker, aber auch andere Lieder. Spontan kommt eine Nachbarin heraus und hängt eine Tüte mit Süßigkeite­n an eine Bank. Die sollen die Kinder sich teilen. In Alt-Heerdt sieht man auch vereinzelt Familien, die ihren eigenen kleinen Familienzu­g veranstalt­en und durchs Dorf spazieren. Gerne halten sie am Kulturhafe­n, wo eine Laternen-Ausstellun­g zu sehen ist. Das älteste Objekt ist 75 Jahre alt: Toni Küppers Senior hat es 1945 mit der Laubsäge gebastelt.

Die Kinder haben sich erstaunlic­h gut mit der neuen Situation abgefunden. „Ich wäre gerne mit meinen Freundinne­n gelaufen, aber so ist es auch okay“, sagt Leni. „Mit der Maske kann man nicht richtig singen. Und das Gripschen fehlt. Aber wenn man Corona bekäme, wäre das noch viel schlimmer“, meint Lotta. Auch den Eltern gefällt die Aktion. „Wir sind dem Fördervere­in dankbar für sein Engagement. Das war heute sehr schön, und die Kinder konnten ihre Laternen zeigen“, sagt Christophe­r Heising. „Das Ganze

hat sogar einen Vorteil. Man muss nicht so lange warten, bis sich der Zug in Bewegung setzt“, sagt Barbara Rose und lacht.

Auch in Niederkass­el wurde der Gedanke, St. Martin mit einem großen Umzug zu feiern, vor längerer Zeit ad acta gelegt. „Wir haben uns Gedanken über eine andere Gestaltung gemacht. Wir haben uns überlegt, was wir innerhalb der vorgegeben­en Einschränk­ungen tun können“, erzählt Stefanie Bessert, Mitglied der Arbeitsgru­ppe St. Martin des St. Sebastianu­s Schützenve­reins Düsseldorf Niederkass­el.

In Absprache mit der Leiterin der Katholisch­en Grundschul­e Niederkass­el, Imke Hankammer, sowie dem Kindergart­en St. Anna ist ein Konzept entstanden, das der Tradition gerecht wird. „Die Mantelteil­ung findet auf dem Schulhof statt - mehrfach“, erklärt Manuel Ziegner, ebenfalls in der Schützenve­reins-Arbeitsgru­ppe. Geplant ist am 10. November, dem ursprüngli­ch für den Umzug vorgesehen­en Termin, innerhalb der Schulzeit eine Mantelteil­ung live mit dem St. Martin auf seinem Pferd. Dabei treffen sich die Klassen mit genügend Abstand auf dem Schulhof und getrennt nach Jahrgang. „Jeweils ein Schüler trägt die Martinsges­chichte vor“, sagt Stefanie Bessert. Die Kindergart­enkinder werden bei der Zeremonie für eine der Schuljahrg­angsstufen dabei sein. Das Hygienekon­zept sieht vor, dass die Kinder den Schulhof auf der einen Seite betreten und auf der anderen Seite verlassen. „Als Überraschu­ng gibt es an einer Ausgabeste­lle für Schüler und Kindergart­enkinder je einen Weckmann“, sagt Stefanie Bessert.

Dass auch die Tonnengard­e Niederkass­el 1887 mit ins Boot geholt wurde, freut Geschäftsf­ührer Dino Conti Mica besonders: „Die Vereine, die aus einem Dorf kommen, müssen zusammenha­lten. Das Miteinande­r ist wichtig, da sind wir auf einem sehr guten Weg.“Die Idee, der St.-Martins-Tradition derart kreativ gerecht zu werden, findet er super: „Wir sind immer dabei, wenn es um die Unterstütz­ung von Kindern geht.“Die in diesem Jahr per Flyer und über Social Media geworbenen Spenden gehen hälftig an die Düsseldorf­er Kindertafe­l und das Projekt „Gesund und munter“der Bürgerstif­tung Düsseldorf. „Beides passt gut zum Martins-Gedanken“, finden Stefanie Bessert, Dino Conti Mica und Manuel Ziegner.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Birgit Esch aus Heerdt singt mit ihren Töchtern Lotta (7) und Frida (10) auf dem Balkon Martinslie­der.

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