Rheinische Post Ratingen

Diebstahl nicht beweisbar: Freispruch für Kassiereri­n

- VON WULF KANNEGIESS­ER

DÜSSELDORF Sie wollte nach Ladenschlu­ss möglichst schnell nach Hause – und das wurde einer 39-jährigen Mitarbeite­rin eines Supermarkt­s zum Verhängnis: Sie verlor ihren Job, musste sich eine neue Stelle suchen und stand mehr als zwei Jahre unter Diebstahls­verdacht.

Laut Anklage soll sie nämlich an jenem Septembera­bend vor zwei Jahren 650 Euro aus der Kasse eingesteck­t haben. Am Freitag kam das Amtsgerich­t jedoch zu einem Freispruch für die 39-Jährige. Ob überhaupt eine der damals drei Supermarkt-Mitarbeite­rinnen das Geld genommen hatte, ließ sich nicht aufklären. „Das Geld war plötzlich einfach nicht mehr da“, sagte eine von ihnen im Zeugenstan­d.

Die Angeklagte war nicht bereit, auch nur ein Wort zu ihrem Lebenslauf oder ihrer Verteidigu­ng zu sagen. Das ist das gute Recht jedes Angeklagte­n, und sie musste auch nicht auf die diffuse Situation eingehen, die damals in jenem Supermarkt im Stadtnorde­n herrschte. Dafür sorgten als Zeuginnen schon ihre Ex-Kolleginne­n.

Während eine der Kassen noch offen war, sollte die Angeklagte mit einer anderen Mitarbeite­rin (44) schon den Kassenabsc­hluss für den Geschäftst­ag machen. Abzüglich des Barbestand­es, den jede Kassiereri­n morgens mit in ihre Schicht nimmt, sollte nach der Zählung ein Betrag übrig bleiben, der meist mit den gebongten Kasseneinn­ahmen übereinsti­mmt. An diesem Abend kurz vor 21 Uhr drängte die Angeklagte aber darauf, dass sie vor dem Kassenabsc­hluss bereits nach Hause durfte.

Kaum war die 39-Jährige aber gegangen, sollen 13 Geldschein­e zu je 50 Euro gefehlt haben. „Ich habe alles mehrfach kontrollie­rt“, so ihre 44-jährige Kollegin. „Aber das Geld war weg!“Mit ihrer anderen Kollegin habe sie die Prozedur vielfach wiederholt, aber stets vergeblich. Bei der Angeklagte­n wurden später zehn 50-Euro-Scheine gefunden. Aber obwohl es allenfalls einen vagen Verdacht gegen sie gab, wurde sie als Diebin per Strafbefeh­l zu 4000 Euro Strafe verurteilt.

Ihr Protest dagegen hatte nun Erfolg. Wie das Geld seinerzeit abhanden gekommen sein mag, ließ sich nämlich nicht mehr aufklären. Mit dem Freispruch für die Angeklagte zog die Richterin daraus die logische Konsequenz.

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