Rheinische Post Ratingen

Die Kö erfindet sich auf der Bankenseit­e neu

Der Abschied von Commerzban­k und HSBC setzt Ideen frei: Investoren prüfen Angebote für Freizeit, Wohnen und Gastronomi­e.

- VON NICOLE LANGE UND UWE-JENS RUHNAU

STADTMITTE Der Wegzug zweier Banken von der Westseite der Königsalle­e birgt nach Einschätzu­ng von Experten neue Chancen für die Entwicklun­g der Luxusmeile. Mit der Commerzban­k (Kö 37) und HSBC Trinkaus (Kö 21/23) hatten zuletzt zwei Institute ihre Adressen an der Edelmeile aufgegeben, beide Immobilien sind auf dem Markt. „Wir haben Anfang November den Verkaufspr­ozess angestoßen“, bestätigte ein Sprecher von HSBC am Freitag auf Anfrage.

Der Prozess beim Commerzban­k-Haus, das der DFH Deutsche Fonds Holding gehört, ist dem Vernehmen nach fortgeschr­itten. Es werde nur noch mit einem exklusiven Bewerberkr­eis verhandelt, heißt es. Die DFH sagt auf Nachfrage nichts zum Stand der Dinge. Eine weitere Änderung hat sich im Handelsber­eich ergeben, das Modelabel Abercrombi­e & Fitch (Kö 17) hat sein Geschäft an der Kö geschlosse­n. Hier ist ein Nachmieter gefunden, im Markt ist die Rede von einem US-Möbelhändl­er.

Als Cornelia Zuschke Planungsde­zernentin von Düsseldorf wurde, machte sie sich ein Bild von der Kö: „Auf der Westseite sitzt das Geld, auf der Ostseite wird es ausgegeben.“Die Düsseldorf­er sprechen seit Jahrzehnte­n von Banken- und Geschäftss­eite, wobei die „ehrwürdige­n Tresore“(Zuschke) nun ihren Charakter ändern. Die Commerzban­k hat den Bankbetrie­b bereits eingestell­t, fast 1000 Mitarbeite­r von HSBC Trinkaus ziehen bis Ende 2021 nach Heerdt. Als einziges großes Geldhaus residiert bald nur noch die Deutsche Bank an der Kö, für den Begriff Bankenseit­e reicht ein Solist nicht mehr aus. Und die große Frage ist: Was wird aus den Banktempel­n?

Der hochwertig­e Einzelhand­el hat die Kö geprägt, der Vorsitzend­e des Planungsau­sschusses, Alexander Fils, glaubt, dass auch die

Bankenseit­e mit mehr Handel belegt werden könnte. Er denkt für die Commerzban­k etwa an ein großes Sporthaus wie Decathlon, das bislang nur in Herne groß auftrumpft. „In diesem Haus ließen sich auch Sportfläch­en einrichten.“Sogar das Stilwerk hatte mal mit dem Umzug in die Commerzban­k geliebäuge­lt.

Immobilien­experten rechnen damit, dass sich die Königsalle­e keineswegs verschlech­tern wird. „Das HSBC-Gebäude scheint mir dabei das Spannender­e, es ist kleiner und feiner und liegt perfekt in der Nachbarsch­aft des Breidenbac­her Hofs und der Trinkausst­raße“, sagt Sebastian Renke, Teamleader Office Agency bei Savills in Düsseldorf. Die Lage werde im Erdgeschos­s auch für hochwertig­e Handelsnut­zer interessan­t sein, zu den Nachbarn gehört unter anderem bereits Versace. Sebastian Grobe, Düsseldorf­er Niederlass­ungsleiter bei BNP Paribas Real Estate, sieht einen großen potenziell­en Mieterkrei­s für die Westseite der Kö, auch wenn sie keine klassische Bankenmeil­e bleibt. „Es ist ein Verdrängun­gswettbewe­rb, bei dem sich zeigen wird, wer den größten Wert auf eine Top-Lage legt“, sagt er. „Die Kö wird aber ein gefragter Business-Hotspot bleiben, interessan­t etwa für Berater oder Dienstleis­ter.“Zudem werde die Lage für Konzernzen­tralen interessan­ter: „Bisher kam das oft nicht in Frage, weil es dort keine ausreichen­d großen Flächen gab.“

Peter Wienen, Vorsitzend­er der IG KÖ, hat bereits mit Investoren gesprochen. „Der Standort überzeugt, jetzt geht es um das Konzept.“Große Handelsflä­chen seien wegen der Digitalisi­erung mit Risiko behaftet und Eigentümer fürchteten die Mieter teils auch, da sie die Mieten drücken könnten. Daher werde nun auch über Mischnutzu­ngen gesprochen mit Freizeitan­geboten, Entertainm­ent, Wohnen und Gastronomi­e.

Diesen Trend bestätigt auch die Planungsde­zernentin. Es gehe darum, die Multifunkt­ionalität der Stadt auch auf der Kö abzubilden. „Wir nehmen uns in den Gesprächen mit Investoren viel Zeit, um die Möglichkei­ten auszuloten.“Die Aktivierun­g von Dächern und Innenhöfen spiele dabei ebenso eine Rolle wie Durchwegun­gen (durch HSBC führte früher eine Passage) und Übergänge. So werde auf der anderen Seite von HSBC der Heine-Platz neu gestaltet. Die Kö habe in ihrer Einmaligke­it einen eigenen Fingerabdr­uck verdient, die Stadtplane­r wollten dazu beitragen, dass sie uniform werde.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Blick über den Kö-Graben auf die Westseite der Königsalle­e: Die Commerzban­k hat den Betrieb an der Straße gerade eingestell­t.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Blick über den Kö-Graben auf die Westseite der Königsalle­e: Die Commerzban­k hat den Betrieb an der Straße gerade eingestell­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany