Corona-Patient dankt seinen Rettern
Sechs Wochen lag Wilhelm Tellmann im Koma. Sechs Wochen auf Messers Schneide. Tellmann ist der erste Ratinger Corona-Patient, der auf der Intensivstation beatmet werden musste. Inzwischen hat er sich erholt. Es geht ihm gut.
RATINGEN Wilhelm Tellmann dreht eine Runde durch seinen Garten und lässt den Blick über die Felder schweifen, die er sein Leben lang bestellt hat. Noch vor wenigen Wochen bangten Familie und Ärzte um das Leben des 80-Jährigen. Wilhelm Tellmann ist der erste Ratinger Corona-Patient, der beatmet werden musste.
Auf dem Rückweg aus dem Österreich-Urlaub hatten die Tellmanns schon so eine Ahnung. „Ich hatte dort schon Fieber und war beim Arzt“, erinnert sich der Landwirt. Der Arzt verschrieb Tabletten, Tellmanns setzten sich ins Auto und traten den Heimweg an. Das Fieber blieb. „Drei oder vier Tage war die Lage unverändert“, so Tellmann. Am Abend des 14. März bemerkte das Paar schließlich: Geruchsund Geschmacksnerven funktionierten nicht mehr. Egal, ob Kaffee oder Mandarine – nichts schmeckte mehr. Dann folgte eine denkwürdige Nacht. „Mein Mann hatte in den frühen Morgenstunden akute Atemnot und 40 Grad Fieber“, erinnert sich Elfriede Tellmann. Sie rief den Notarzt. Wilhelm Tellmann kam ins Marien-Krankenhaus. „Es war so schlimm, dass die Notärztin nicht einmal sagen konnte, ob mein Mann den Weg bis auf die Intensivstation überlebt.“Wilhelm Tellmann wurde sofort künstlich beatmet. Ein Status, der 38 Tage lang anhalten sollte.
„Eine furchtbare Zeit“, erinnert sich Elfriede Tellmann. „Ich durfte ja nicht zu Besuch ins Krankenhaus kommen.“Auch bei ihr wurde Corona diagnostiziert. Die Ratingerin musste in Quarantäne. Was blieb, war der tägliche telefonische Kontakt
mit dem Krankenhaus. Bis heute ist sie dankbar dafür, dass sie dreimal täglich über den Zustand ihres Mannes unterrichtet wurde.
Irgendwann waren 38 lange Tage vorbei, und Wilhelm Tellmann erwachte aus dem Koma. Zunächst aber sehr schwach. „Ich konnte nichts mehr. Ich dachte, ich komme nie wieder auf die Beine“, erinnert er sich. „Um mit meiner Frau zu sprechen, musste mir jemand das Handy ans Ohr halten.“Sprechen, laufen, essen – alles musste der Ratinger neu lernen. Er wurde dabei vom Krankenhauspersonal liebevoll und geduldig begleitet. Ein Foto seiner Familie wurde von den Mitarbeitern des Krankenhauses stets dorthin gebracht, wo Tellmann sich aufhielt. Das gab ihm Kraft.
An einen Tag erinnert er sich besonders: „Das Personal brachte mich im Rollstuhl in den Park.“Was er für einen kurzen Genesungsausflug hielt, war von langer Hand vorbereitet. Im Park wartete die ganze Familie, auch seine Frau. Es war ihr 49. Hochzeitstag.
Schritt für Schritt erholte sich Wilhelm
Tellmann und durfte schließlich das Krankenhaus verlassen. Unterstützt von einem Pflegedienst ging das Training in den eigenen vier Wänden weiter. Heute kann er wieder eigenständig den ersten Stock seines Hauses erreichen und Runden durch seinen Garten drehen. Nur ein Krankenbett im Wohnzimmer erinnert an die schwere Zeit. Er sagt: „Ich habe keine Langzeitschäden an Herz und Lunge zurückbehalten. Mir geht es gut.“
Doch Wilhelm Tellmann liegt noch etwas auf der Seele. Auch
wenn er sich an viele Stunden im Krankenhaus nicht erinnern kann, weiß er, wie intensiv sich das Team um ihn gekümmert hat. „Dr. Markus Freistühler stand in Dauerkontakt zu meiner Hausärztin, hat sich in anderen Krankenhäusern schlau gemacht. Es wusste ja noch niemand, was das Virus im Körper anrichtet.“Tellmann ist dankbar für die vielen Stunden, die das Pflegepersonal an seiner Seite stand und ihm jeden Wunsch von den Augen ablas. Dankbar für die schnelle Reaktion der Notärztin, die Hilfe des Pflegedienstes und nicht zuletzt dafür, dass seine Familie stets an seine Kämpfernatur geglaubt hat. Seinen persönlichen Dank überbringen kann er nicht. Das Virus hat Ratingen und das Krankenhaus noch fest im Griff. Eines Tages, so hofft er, wird auch das möglich sein. Und ein weiterer Urlaub, um die verlorene Zeit aufzuholen.