Azubis: So eng ist der Wohnungsmarkt
Ratingen mit seiner Wirtschaftskraft ist eine Ausbildungsstadt. Doch es mangelt an Unterbringungsmöglichkeiten.
RATINGEN Es herrscht klarer Konsens darüber, dass etwas getan werden muss. Und das Thema nimmt mittlerweile breiten Raum in der politischen Diskussion ein. Der Druck ist hoch – so hoch wie schon lange nicht mehr. Die Lage auf dem Ratinger Wohnungsmarkt ist schwierig und für besondere Personengruppen wie Auszubildende noch viel schwieriger, da es kaum geeignete und bezahlbare Angebote gibt.
„Ausreichend Nachwuchskräfte und Auszubildende zu bekommen und zu halten, ist für unseren Wirtschaftsstandort von existentieller Bedeutung“, sagte unlängst Christian Wiglow, der SPD-Fraktionsvorsitzende. „Ratinger Firmen stehen dabei im Wettbewerb mit der gesamten Region um die besten Köpfe. Andere Kommunen haben das erkannt und reagieren.“
So werde beispielsweise in Düsseldorf in jedem Bebauungsplanverfahren seit 2016 mit Blick auf den Abschluss des „Städtebaulichen Vertrages“nicht nur die Quotierung nach dem dortigen Handlungskonzept Wohnen, sondern auch die Frage, ob Azubi-Wohnen realisiert werden kann, geprüft, so Wiglow.
Zudem gebe es auch eine mögliche Landesförderung seit 2020. Das Land NRW gewährt – zunächst für zehn Jahre – zinslose Darlehen: pro Individualwohnheimplatz 62.800 Euro im Neubau und 47.000 Euro bei Neuschaffung im Bestand, zusätzlich 57.500 Euro bzw. 43.000 Euro für jede weitere Person in einer Wohngemeinschaft, zusätzlich 2.600 Euro bzw. 1.950 Euro pro Gemeinschaftsraum. Zudem sei eine Bindung von 20, 25 oder 30 Jahren an Azubis mit Wohnberechtigungsschein vorgesehen.
„Für Auszubildende und Nachwuchskräfte brauchen wir in Ratingen endlich geeignete Angebote“, sagte Wiglow noch im September, „wir werden einen entsprechenden Antrag an die Verwaltung stellen. Dabei kann es um Neubau oder einen Umbau im Bestand gehen.“
Die Verwaltung wurde aufgefordert, ein Konzept für die Schaffung von Wohnraum für Auszubildende in Ratingen zu erarbeiten. Dabei soll sie sich an den Modellen und Erfahrungen anderer Städte wie Düsseldorf orientieren.
Geprüft werden soll, wie auf einem städtischen Grundstück oder einem anderen geeigneten Areal mit Blick auf eine Förderung durch das Land NRW für Auszubildende Wohnraum neu errichtet oder im Bestand hergerichtet werden kann. Bei der Konzepterstellung soll die Zielgruppe ausdrücklich beteiligt werden, fordert die SPD.
Auch bei der CDU hat man das Thema längst auf der Agenda: Man will Ratingen als Wohnstandort für Auszubildende und Studierende
stärken. Wohnbauprojekte, die generell realisiert werden sollen, können der im Regionalplan neue ausgewiesene „Allgemeine Siedlungsbereich“in Breitscheid und das Goldkuhle-Gelände in Hösel sein. Weitere Projekte sollen in Ratingen West, Lintorf und Homberg verwirklicht werden.
Im Programm des Stadtverbandes heißt es: Man bekennt sich eindeutig und nachdrücklich zu dem Ziel, Ratingen als Wohnstandort für Auszubildende und Studierende weiter zu attraktiveren. Mittels der zu Beginn dieses Jahres noch einmal erheblich verbesserten Förderangebote des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen sollen daher sukzessive preislich und von der Lagegunst (vor allem im Umfeld von ÖPNV-Haltepunkten) attraktive Wohnangebote in Gestalt von Auszubildenden-Wohnheimen und vergleichbaren Wohnangeboten geschaffen werden. Damit leiste man zudem einen wichtigen Beitrag für den Ausbildungsstandort Ratingen und die dort ansässigen Unternehmen.
In Düsseldorf gibt es bereits entsprechende Modelle, die auch mit Hilfe der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer angesprochen werden. Der Bedarf in der Region Düsseldorf sei sehr groß. Und wachse weiter.
Im bergischen Remscheid gibt es aktuell ein vorbildliches Modell: Bei der dortigen Wohnungsaktiengesellschaft Gewag hat man darüber nachgedacht, was man für junge Leute machen könnte, erzählte Vorstand Oliver Gabrian. „Das ist bei mir auch aus der eigenen Erfahrung heraus entstanden, da meine Tochter ihre Ausbildung in Münster begonnen hat“, sagte Gabrian. Die Aktion „Azubi-Wohnen“war geboren. „Es geht konkret darum, jungen Menschen beim Start ins Berufsleben zu helfen“, sagte Projektleiter
Thomas Kühn. Als Schritt in die Unabhängigkeit und als Abschied vom „Hotel Mama“bezeichnete es Gabrian mit einem Augenzwinkern.
Das Angebot sei attraktiv, gerade eben auch, weil die Kosten für die erste eigene Wohnung überschaubar bleiben müssten. „Wenn die Azubis bei uns eine Wohnung anmieten, bekommen sie jeden Monat 50 Euro Mietzuschuss, ein Startergutschein in Höhe von 100 Euro und kostenfreies WLan in der Wohnung“, zählte der Gewag-Vorstand die Vorteile auf. Und er ergänzte: „Das Angebot bezieht sich auf die gesamte Zeit der Ausbildung.“