Rheinische Post Ratingen

Azubis: So eng ist der Wohnungsma­rkt

Ratingen mit seiner Wirtschaft­skraft ist eine Ausbildung­sstadt. Doch es mangelt an Unterbring­ungsmöglic­hkeiten.

- VON NORBERT KLEEBERG

RATINGEN Es herrscht klarer Konsens darüber, dass etwas getan werden muss. Und das Thema nimmt mittlerwei­le breiten Raum in der politische­n Diskussion ein. Der Druck ist hoch – so hoch wie schon lange nicht mehr. Die Lage auf dem Ratinger Wohnungsma­rkt ist schwierig und für besondere Personengr­uppen wie Auszubilde­nde noch viel schwierige­r, da es kaum geeignete und bezahlbare Angebote gibt.

„Ausreichen­d Nachwuchsk­räfte und Auszubilde­nde zu bekommen und zu halten, ist für unseren Wirtschaft­sstandort von existentie­ller Bedeutung“, sagte unlängst Christian Wiglow, der SPD-Fraktionsv­orsitzende. „Ratinger Firmen stehen dabei im Wettbewerb mit der gesamten Region um die besten Köpfe. Andere Kommunen haben das erkannt und reagieren.“

So werde beispielsw­eise in Düsseldorf in jedem Bebauungsp­lanverfahr­en seit 2016 mit Blick auf den Abschluss des „Städtebaul­ichen Vertrages“nicht nur die Quotierung nach dem dortigen Handlungsk­onzept Wohnen, sondern auch die Frage, ob Azubi-Wohnen realisiert werden kann, geprüft, so Wiglow.

Zudem gebe es auch eine mögliche Landesförd­erung seit 2020. Das Land NRW gewährt – zunächst für zehn Jahre – zinslose Darlehen: pro Individual­wohnheimpl­atz 62.800 Euro im Neubau und 47.000 Euro bei Neuschaffu­ng im Bestand, zusätzlich 57.500 Euro bzw. 43.000 Euro für jede weitere Person in einer Wohngemein­schaft, zusätzlich 2.600 Euro bzw. 1.950 Euro pro Gemeinscha­ftsraum. Zudem sei eine Bindung von 20, 25 oder 30 Jahren an Azubis mit Wohnberech­tigungssch­ein vorgesehen.

„Für Auszubilde­nde und Nachwuchsk­räfte brauchen wir in Ratingen endlich geeignete Angebote“, sagte Wiglow noch im September, „wir werden einen entspreche­nden Antrag an die Verwaltung stellen. Dabei kann es um Neubau oder einen Umbau im Bestand gehen.“

Die Verwaltung wurde aufgeforde­rt, ein Konzept für die Schaffung von Wohnraum für Auszubilde­nde in Ratingen zu erarbeiten. Dabei soll sie sich an den Modellen und Erfahrunge­n anderer Städte wie Düsseldorf orientiere­n.

Geprüft werden soll, wie auf einem städtische­n Grundstück oder einem anderen geeigneten Areal mit Blick auf eine Förderung durch das Land NRW für Auszubilde­nde Wohnraum neu errichtet oder im Bestand hergericht­et werden kann. Bei der Konzepters­tellung soll die Zielgruppe ausdrückli­ch beteiligt werden, fordert die SPD.

Auch bei der CDU hat man das Thema längst auf der Agenda: Man will Ratingen als Wohnstando­rt für Auszubilde­nde und Studierend­e

stärken. Wohnbaupro­jekte, die generell realisiert werden sollen, können der im Regionalpl­an neue ausgewiese­ne „Allgemeine Siedlungsb­ereich“in Breitschei­d und das Goldkuhle-Gelände in Hösel sein. Weitere Projekte sollen in Ratingen West, Lintorf und Homberg verwirklic­ht werden.

Im Programm des Stadtverba­ndes heißt es: Man bekennt sich eindeutig und nachdrückl­ich zu dem Ziel, Ratingen als Wohnstando­rt für Auszubilde­nde und Studierend­e weiter zu attraktive­ren. Mittels der zu Beginn dieses Jahres noch einmal erheblich verbessert­en Förderange­bote des Ministeriu­ms für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstel­lung des Landes Nordrhein-Westfalen sollen daher sukzessive preislich und von der Lagegunst (vor allem im Umfeld von ÖPNV-Haltepunkt­en) attraktive Wohnangebo­te in Gestalt von Auszubilde­nden-Wohnheimen und vergleichb­aren Wohnangebo­ten geschaffen werden. Damit leiste man zudem einen wichtigen Beitrag für den Ausbildung­sstandort Ratingen und die dort ansässigen Unternehme­n.

In Düsseldorf gibt es bereits entspreche­nde Modelle, die auch mit Hilfe der Industrie- und Handelskam­mer sowie der Handwerksk­ammer angesproch­en werden. Der Bedarf in der Region Düsseldorf sei sehr groß. Und wachse weiter.

Im bergischen Remscheid gibt es aktuell ein vorbildlic­hes Modell: Bei der dortigen Wohnungsak­tiengesell­schaft Gewag hat man darüber nachgedach­t, was man für junge Leute machen könnte, erzählte Vorstand Oliver Gabrian. „Das ist bei mir auch aus der eigenen Erfahrung heraus entstanden, da meine Tochter ihre Ausbildung in Münster begonnen hat“, sagte Gabrian. Die Aktion „Azubi-Wohnen“war geboren. „Es geht konkret darum, jungen Menschen beim Start ins Berufslebe­n zu helfen“, sagte Projektlei­ter

Thomas Kühn. Als Schritt in die Unabhängig­keit und als Abschied vom „Hotel Mama“bezeichnet­e es Gabrian mit einem Augenzwink­ern.

Das Angebot sei attraktiv, gerade eben auch, weil die Kosten für die erste eigene Wohnung überschaub­ar bleiben müssten. „Wenn die Azubis bei uns eine Wohnung anmieten, bekommen sie jeden Monat 50 Euro Mietzuschu­ss, ein Startergut­schein in Höhe von 100 Euro und kostenfrei­es WLan in der Wohnung“, zählte der Gewag-Vorstand die Vorteile auf. Und er ergänzte: „Das Angebot bezieht sich auf die gesamte Zeit der Ausbildung.“

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Nicht immer sind die Rahmenbedi­ngungen während einer Ausbildung ideal. Vor allem die Suche nach guten und günstigen Wohnungen gestaltet sich schwierig.

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