Finanzielle Sorgen in der Pandemie
Viele Studenten haben laut Umfrage ihre Jobs oder bezahlte Praktika verloren.
MÜNCHEN (RP) Das Wintersemester wird für viele Studierende zu einer echten Herausforderung. Zwar haben sich die allermeisten mit der Studiensituation und dem „hybriden“Studium mit Vorlesungen, Seminaren und Lerngruppen vor dem Rechner arrangiert, die konkreten finanziellen Sorgen sind aber größer geworden. Und dennoch: Trotz Verlust des Nebenjobs oder ausgefallener Praktika blicken die Studierenden wieder optimistischer in ihre (berufliche) Zukunft. Das ist eins der zentralen Ergebnisse einer aktuellen Umfrage unter knapp 1600 Studierenden in Deutschland und Österreich.
Die Sorge, dass das eigene Studium nicht mehr finanzierbar ist, treibt inzwischen ein Drittel der befragten Studierenden um. Viele von ihnen haben in der Coronakrise ihr bezahltes Praktikum oder die dringend benötigte Werkstundentenstelle verloren. So auch Christian (23), der im Master Produktentwicklung studiert und bei einem großen Automobilkonzern bereits eine Zusage für einen Werkstudentenjob hatte: „Aufgrund von Corona wurde ein Einstellungsstopp verhängt und damit auch meine Werkstudentenstelle auf unbekannte Zeit verschoben“, so der 23-jährige Student der Hochschule Pforzheim.
Mit dieser Situation ist Christian nicht alleine. Knapp 32 Prozent der
Studierenden mit der Aussicht auf ein bezahltes Praktikum in diesem Wintersemester werden dieses nicht antreten können, weil die Unternehmen es wieder zurückgezogen oder verschoben haben. Alternativen sind oft nicht vorhanden und somit bleibt vielen Studierenden oft nur ein unbezahltes Praktikum, wie im Fall der 25-jährigen Studentin Madita: „Ich werde im Vorfeld und währenddessen viel arbeiten müssen, um meine Lebenshaltungskosten decken zu können. Die Angst vor Geldnot ist groß.“
Mehr als 90 Prozent der befragten Studierenden äußerten bereits im April eine allgemeine Besorgnis über die kommende Corona-Entwicklung. Ein halbes Jahr später, im September 2020, scheint der erste kollektive Schock überwunden. Ein knappes Drittel der insgesamt knapp 1600 befragten Studierenden gab an, sich keine besonderen Sorgen mehr über die Gesamtentwicklung zu machen – trotz ganz konkreter und teilweise existenzieller Ängste. Auch virtuelle Vorlesungen scheinen in der Welt der Studierenden
bereits zur neuen Normalität zu gehören. Für mehr als 30 Prozent aller befragten Studierenden wird das Wintersemester 2020 ausschließlich über digitale Kanäle stattfinden.
Bei 50 Prozent der teilnehmenden Studierenden herrscht Optimismus vor, wenn es um die Perspektive für die eigene Berufs- und Lebensgestaltung geht. Lediglich jeder fünfte Studierende (21 Prozent) ist überwiegend pessimistisch eingestellt.
Von den befragten Studierenden, die kein Praktikum im Wintersemester planen, gaben lediglich 13 Prozent an, eine klare Vorstellung davon zu haben, wie die eigene Karriere in Zukunft aussehen soll. Mehr als 50 Prozent der Studierenden wünschen sich mehr persönliche Berufsberatung, um Möglichkeiten auszuloten und sich auf künftige Bewerbungen vorbereiten zu können.
Die Bedeutung von Praktika für die Karriereorientierung der Studierenden kann indes kaum hoch genug eingeschätzt werden: „Gerade bei der Erkennung und Entwicklung von Motivation, Neigungen und Fähigkeiten für die Berufswahl sind Praktika oder freie Mitarbeit eine große Hilfe, die es später im Beruf so nicht mehr gibt“, sagt Svenja Rausch, Marketing-Chefin bei Jobteaser. Die Recruitingplattform Jobteaser hatte die Umfrage gemeinsam mit LabRH im September durchgeführt.
Virtuelle Vorlesungen scheinen in der Welt der Studierenden bereits zur neuen Normalität zu gehören.