Pf leger und Patienten im Corona-Dialog mit Merkel
BERLIN Was bedeutet Corona in der Pflege wirklich? Angst, Einsamkeit, Masken und überarbeitetes Personal, aber auch Zusammenhalt, Kreativität und gegenseitige Wertschätzung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) traf sich am Donnerstag virtuell mit Pflegekräften und Pflegebedürftigen zum Bürgerdialog.
Merkel hatte Pflegekräfte bereits zu Beginn der Pandemie als systemrelevant eingestuft – was ihr bei der Veranstaltung bestätigt wird. Pflegebedürftige berichten der Regierungschefin von ihrer Einsamkeit und Abgeschnittenheit während der Pandemie – und dass ihr einziger Zugang zum Leben „da draußen“die Pflegekräfte waren. „Wir waren Prellbock für alles“, beschreibt eine Altenpflegerin die erste Corona-Welle und bittet um mehr Anerkennung.
Ein Pfleger sagt, das einstige System von Bundeswehr- und Zivildienst sei gar nicht verkehrt gewesen, weil über den Weg viele Leute für Pflegeberufe gewonnen werden konnten. Die Kanzlerin betont, sie könne sich einen Rechtsanspruch für junge Bürger auf ein Freiwilliges Soziales Jahr vorstellen, um mehr Nachwuchs für die Pflege zu gewinnen. Wer es machen wolle, solle es auch machen können. Und die 66 Jahre alte Regierungschefin mahnt zu mehr Miteinander – gerade mit Blick auf die jüngere Generation. Sie rief die Jugend auf, in der Pandemie ein Herz für die zu haben, die das aufgebaut hätten, was sie heute genießen könnten – „dass wir in einem ganz guten Land leben“.
Eine Seniorin, die im Wohnheim zu Hause ist, erzählt, wie abgehängt sie sich fühlt. „Wir wollen nicht immer als Schlusslicht dastehen“, bemerkt sie mit Blick auf die allgemeine Debatte. „Wir gehen durch eine schwere Zeit“, bekräftigt Merkel. Wie in der Familie komme auch die Gesellschaft am besten durch eine solche Zeit, wenn sie zusammenhalte. „Es liegen noch schwere Wintermonate vor uns“, sagt die Kanzlerin. Aber die positive Nachricht sei die Aussicht auf einen Impfstoff. Man könne nur die Daumen drücken, dass die Wissenschaft ordentlich arbeite: „Im Frühjahr könnte man schon mehr wissen.“Darauf freue sie sich auch, erklärt daraufhin eine Rentnerin. Aber sie habe die Zeit im Frühjahr als „Gefängnis ohne Gitter“empfunden und Angst davor, dass es wieder so kommen könne. „Die Einsamkeit war das Schlimmste“, sagt sie.
Merkel betont, sie hoffe, dass der Einsatz von Schnelltests mehr Sicherheit bringe und die Menschen ihre Angehörigen wieder regelmäßig sehen könnten. Doch sie macht auch klar, dass die Pandemie einen schweren Winter bringen werde. Die Teilnehmer des Gesprächs am Donnerstag waren von Wohlfahrtsverbänden ausgewählt worden. Am Ende bleibt der Kanzlerin nur, allen Gesundheit zu wünschen. Wie es genau an Weihnachten weitergeht – sie kann es noch nicht sagen.
„Es fühlte sich an wie Gefängnis ohne Gitter“Bewohnerin eines Pflegeheims