Rheinische Post Ratingen

Besuche in Altenheime­n weiter möglich

Die Besuchsreg­eln in Seniorenhe­imen sorgen für Unsicherhe­it. Dabei dürfen Bewohner – anders als während der ersten Corona-Welle – nach wie vor Angehörige treffen. Trotzdem sind die Fallzahlen in Düsseldorf zuletzt deutlich gesunken.

- VON JÖRG JANSSEN UND VERENA KENSBOCK

DÜSSELDORF Sie gehörten zu jenen Gruppen, die am meisten unter dem ersten Lockdown im Frühjahr zu leiden hatten: rund 4500 Senioren, die in den Düsseldorf­er Alten- und Pflegeheim­en leben. Strikte Besuchsver­bote und die ständige Angst, selbst Opfer der Pandemie werden zu können, prägten über Wochen den Alltag. Bei vielen Heimbewohn­ern, Betreuern und Angehörige­n hat das Spuren hinterlass­en. „Das darf sich so nicht wiederhole­n“, lautete die Botschaft der Betroffene­n. Anders als viele vermuten, besteht darum derzeit kein Besuchsver­bot. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Die Corona-Fälle Anders als im September und Oktober sind derzeit keine Heim-Standorte mit größeren Ausbrüchen konfrontie­rt. Am Donnerstag gab es – laut tagesaktue­ller Statistik des Gesundheit­samts – 38 positiv getestete Heimbewohn­er, die sich noch in einer sogenannte­n aktiven Quarantäne befinden. Das bedeutet: Der positive Befund liegt nicht länger als 14 Tage zurück. Bei den Pflege- und Hilfskräft­en sind 15 Menschen betroffen. Zum Vergleich: Bei einem der letzten größeren Ausbrüche hatten sich vor anderthalb Monaten im Luisenheim in Eller mehr als 30 Männer und Frauen infiziert. Eine vorerkrank­te Bewohnerin war gestorben.

„Das ist eine Momentaufn­ahme, ich wäre vorsichtig, hier irgendeine Form der Entwarnung zu geben“, sagt Klaus Göbels, Leiter des Gesundheit­samts. Bereits in ein paar Tagen könne die Situation wieder eine ganz andere sein. Die Betreiber der Heime sind über die jüngste Entwicklun­g erleichter­t. „Die Lage in unseren Altenzentr­en hat sich entspannt und die Verläufe bei den an Covid-19 erkrankten Bewohnern sind überwiegen­d leicht bis mittelschw­er“, sagt Caritas-Sprecherin Stephanie Agethen.

Die Schutzstra­tegie Um die Sicherheit für die besonders gefährdete­n Menschen in den Einrichtun­gen zu erhöhen, setzen die Träger von diesem Monat an Antigen-Schnelltes­ts in eigener Regie um. Bislang hatte die Federführu­ng für Testreihen immer beim Gesundheit­samt gelegen. Für die Träger ist das eine Herausford­erung. Allein bei der Caritas, wo Mitarbeite­r einmal pro Woche, Bewohner und Besucher alle 14 Tage getestet werden sollen, geht es um 800 Bewohner, noch einmal 800 Mitarbeite­r im Referat Pflege sowie 130 ambulant betreute Bürger. Für das Prozedere werden Mitarbeite­r geschult, die dann in der eigentlich­en Pflege fehlen. Sie werden durch – teilweise zeitlich begrenzte – Neueinstel­lungen ersetzt.

Die Besuchsreg­eln Mahnende Worte fand FDP-Ratsfrau Christine Rachner im Gesundheit­sausschuss des Rates. „Der seelische Schmerz, der durch Isolation und Vereinsamu­ng entsteht, kann Krankheite­n verstärken und Genesungen verzögern. Wir müssen die Heime offenhalte­n.“Das sehen Politik und Heimbetrei­ber genauso. Sie haben Lehren aus dem ersten Lockdown gezogen und die Regeln so verändert, dass Besuche möglich bleiben. „Es gibt aktuell kein Besuchsver­bot in unseren Caritas-Pflegeeinr­ichtungen und damit auch nicht das Schreckens­szenario des einsamen Heimbewohn­ers“, sagt Caritas-Direktor Henric Peeters. Jeder Bewohner könne, zeitlich begrenzt, bis zu zwei Besuche am Tag erhalten – unter Einhaltung von strengen Hygienesta­ndards. Dazu zählen Screening, FFP2-Maske, Schutzkitt­el, Handschuhe und

Desinfekti­on. „Falls es ein Infektions­geschehen in der Einrichtun­g gibt, appelliere­n wir an die Angehörige­n, für eine gewisse Zeit auf ihre Besuche zu verzichten“, so Peeters. Generell entscheide man bei Bewohnern mit positivem Befund individuel­l je nach Gesundheit­szustand und psychische­m Befinden, wie Besuche zum bestmöglic­hen Schutz stattfinde­n können. „Fest steht: Wir lassen niemanden allein“, sagt Peeters.

Auch die Heime der Düsseldorf­er Arbeiterwo­hlfahrt (Awo) haben sich auf die neuen Regeln eingestell­t, berichtet Jürgen Jansen, Geschäftsf­ührer der Awo-Tochter Vita, die die Seniorenei­nrichtunge­n betreibt. Besuche werden mit zwei Tagen Vorlaufzei­t per Telefon oder E-Mail angemeldet. Vor dem Betreten der Heime wird die Temperatur gemessen. In den Gärten und

auf den Terrassen der Einrichtun­gen wurden Zelte aufgebaut, in denen Besuche stattfinde­n können. Drinnen gibt es Besucherrä­ume mit markierten Wegen und Abstandsma­rkierungen.

Bei der Diakonie in Düsseldorf sind die Schnelltes­ts für Bewohner und Mitarbeite­r bereits im Einsatz. Im Zweifelsfa­ll könnten auch Besucher getestet werden, sagt Sprecher Christoph Wand. Wenn es Infektione­n in einem Haus gibt, müssten jedoch Wohnbereic­he oder ganze Einrichtun­gen gesperrt werden. In abgetrennt­en Räumen oder Besuchsbox­en seien Treffen mit Abstand möglich. Besuche bei infizierte­n Personen sollen möglichst vermieden werden. Sie seien aber in bestimmten Fällen mit Sicherheit­svorkehrun­gen möglich. „Etwa wenn der Bewohner im Sterben liegt“, sagt Wand.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Renate Lich in ihrer Wohnung im Hubertusst­ift der Caritas. Die Seniorin ist froh, dass sie – anders als im Frühjahr – regelmäßig Besucher empfangen darf.

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