Rheinische Post Ratingen

Benko holt Stararchit­ekt für den Wehrhahn

Bjarke Ingels ist der Planungspa­rtner für die Entwicklun­g des Kaufhof-Areals. Die Bürger sollen bei der Konzeption mitreden.

- VON UWE-JENS RUHNAU

STADTMITTE Es kommt was auf Düsseldorf zu, und das hat mit René Benko und seiner Signa-Gruppe zu tun. Dem Österreich­er gehört das Unternehme­n Galeria Karstadt Kaufhof GmbH und das gibt wegen der Krise des stationäre­n Handels nun reihenweis­e Standorte auf, was einem Immobilien­spezialist­en wie Benko in die Karten spielt. In Düsseldorf werden für Signa zwei internatio­nale Größen der Architektu­rszene tätig. David Chipperfie­ld hat die Neugestalt­ung des Heinrich-Heine-Platzes in Angriff genommen, der ein schöneres Entree für das Carsch-Haus werden soll, das zum KaDeWe umgebaut wird. Die Pläne sollen jetzt abschließe­nd diskutiert werden. Spannender ist ein anderer Name: Bjarke Ingels, der als internatio­nales Wunderkind durchstart­ete und heute zu den Architektu­rstars gehört. Er soll mit seinem Büro aus dem Areal des Kaufhofs am Wehrhahn etwas Besonderes machen.

Wer ist Bjarke Ingels? Stefan Schulze-Hausmann beantworte­te die Frage 2019, als der Däne in Düsseldorf den Ehrenpreis des Deutschen Nachhaltig­keitspreis­es als weltweit führender Visionär nachhaltig­er Baukunst erhielt, so: „Bjarke Ingels ist der Architekt unserer Zeit“, sagte der Initiator des Preises. „Er nimmt die wichtigste­n globalen Strömungen auf und setzt sie in spektakulä­re Bauwerke um, die dem Menschen dienen und neue Maßstäbe in puncto Nachhaltig­keit setzen.“Rund um den Globus seien Beispiele für seine Vision zu finden, Grenzen zu verschiebe­n und Außergewöh­nliches zu schaffen, um die Welt zu verbessern.

Ingels hat spektakulä­re Wohnhäuser und Museen gebaut, aber auch das Müllheizkr­aftwerk „Copenhill“. Es versorgt künftig große Teile Kopenhagen­s mit Energie und produziert dabei mehr sauberes Wasser als es verbraucht, und es dient durch die Gestaltung des Dachs auch als Skipiste und Naherholun­gsgebiet. Für Manhattan hat Ingels ein Schutzsyst­em entworfen, das vor Sturmflute­n schützen soll.

Der 46-Jährige feiert viele Erfolge und ist häufig ausgezeich­net worden, heute beschäftig­t die Bjarke Ingels Group (BIG) mehr als 500 Architekte­n, es gibt große Büros in Kopenhagen, New York und Barcelona. Aber Ingels ist auch so erfolgreic­h, weil er Auftraggeb­er zufriedens­tellt und ihm oft große Ausnutzung­en von Grundstück­en gelingen. Der Visionär mit dem Grundsatz „Yes is more“ist ein Pragmatike­r, dessen Entwürfe ästhetisch ansprechen­d und kolossal zugleich sind. Ein gutes Beispiel ist der Wohnkomple­x Via 57 West am Hudson River in New York City, eine aufragende silberglän­zende Wohnmaschi­ne mit 750 Einheiten.

„Das Büro ist exzellent“, sagt Alexander Fils (CDU), „wir haben mit dem Planungsau­sschuss Ingels’ Bauten in Kopenhagen besichtigt.“Die ersten Massestudi­en für das Kaufhof-Areal am Wehrhahn, dessen Parkhaus sich bis zur Oststraße erstreckt, ließen die Düsseldorf­er Planungsex­perten aber schlucken. Der Däne hatte einen 200 Meter hohen Turm an den Wehrhahn gezaubert. „Ich mache ein großes Fragezeich­en daran, ob wir dort deutlich mehr Höhe haben wollen als heute“, sagt Fils, der auch in der neuen Ratsperiod­e dem Planungsau­sschuss vorsitzt. Es gehe darum, mit guter Architektu­r einen Städtebau zu betreiben, der den Standort aufwerte und gleichzeit­ig für den Eigentümer wirtschaft­lich sinnvoll sei.

Planungsde­zernentin Cornelia Zuschke sagt, „dass dieser Standort Dichte kann, aber nun geht es darum, diese Dichte in Form zu übersetzen“. Zuschke schließt mehr Höhe nicht von vornherein aus, wobei der „extrem gute Anschluss des Wehrhahn an den öffentlich­en Nahverkehr“bei diesem Gedanken eine Rolle spielt. Für die Dezernenti­n geht es zudem nicht nur um die Frage, „wieviel Masse nach oben entsteht, sondern wieviel Platz unten“.

Angegangen wird das Vorhaben in der ersten Jahreshälf­te 2021. Die Bezirksver­tretung 1 ist bereits informiert worden, jetzt soll der Planungsau­sschuss entscheide­n. Ein qualitätss­icherndes Verfahren ist vorgesehen, vorgeschal­tet werden soll eine Bürgerbete­iligung mit Ausstellun­g im nun leergezoge­nen Kaufhof am Wehrhahn. Titel: „Kaufhaus der Ideen“. Die zukünftige Nutzung soll in Form eines hybriden Workshops vor Ort und digital entwickelt und in Alternativ­en diskutiert werden. „Es gilt die Potentiale des Standortes bezüglich seiner Nutzungsmö­glichkeite­n und seiner städtebaul­ichen Ausprägung aufzudecke­n und neu zu definieren. Das Ergebnis des mehrstufig­en interaktiv­en Verfahrens wird anschließe­nd in ein Bebauungsp­lanverfahr­en umgesetzt“, heißt es in der Verwaltung­svorlage.

Methodisch geschieht etwas völlig anderes als beim Calatrava-Turm für die Tuchtinsel, den ein Architekt im Auftrag eines Investors entwarf. Der Durchmarsc­h einer Investoren­idee ist am Wehrhahn von vornherein ausgeschlo­ssen. Die Bjarke Ingels Group (BIG) soll die Ideen aus dem Bürgerdial­og mitnehmen und mehrere Varianten entwickeln, später wird unter Beteiligun­g der Ratsfrakti­onen ein Entwurf für die Umsetzung gekürt. Handel, Wohnen, öffentlich­e Nutzungen, ein Hybrid, der auch die Schadowstr­aße stärkt, ist möglich.

Laut Alexander Fils wird der Planungsau­sschuss vermutlich dafür plädieren, den ganzen Block, der von Wehrhahn sowie Ost- und Tonhallens­traße umfasst wird, in das Planverfah­ren einzubezie­hen. Zudem sei ein Wettbewerb zwingend, wenn ein Hochpunkt entwickelt werden solle. Die Signa-Gruppe hat angekündig­t, einer Zwischennu­tzung des Kaufhofs bis zum Umbau oder Abriss zuzustimme­n.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Der Kaufhof am Wehrhahn soll einer neuen Entwicklun­g Platz machen, vermutlich wird der ganze Block an Tonhallenu­nd Oststraße sowie Am Wehrhahn in die Planung einbezogen.
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RP-FOTO: RUHNAU Das Wohnprojek­t Via 57 West hat Bjarke Ingels für New York City entworfen. Es hat 750 Wohnungen.

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