Rheinische Post Ratingen

Prozess um Todesfälle nach Schönheits-OPs

Ein 48-jähriger Chirurg soll drei Patientinn­en in seiner Klinik an der Kö falsch behandelt haben.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

STADTMITTE Nach dem Tod von zwei Patientinn­en im Zusammenha­ng mit Schönheits-OPs soll sich ein 48-jähriger Kö-Chirurg demnächst vor dem Schwurgeri­cht verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft hat Anklage wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge in zwei Fällen erhoben. Zudem wird dem Beauty-Arzt die fahrlässig­e Körperverl­etzung einer weiteren Patientin vorgeworfe­n.

Eine ambulante Po-Vergrößeru­ng mit abgesaugte­m Eigenfett ist in Fachkreise­n angeblich umstritten. Der 48-jährige Kö-Chirurg rechnet sie allerdings zu seinem Spezialgeb­iet. Anfang Juli 2019 hatte sich eine 42-jährige Frau in seiner Praxis genau diesem Eingriff unterzogen. Ganz kurz danach allerdings musste die Patientin in die Uni-Kliniken eingeliefe­rt werden, wo sie am nächsten Tag starb. Die Anklage geht davon aus, dass eine Kombinatio­n aus Fettemboli­e und Verblutung die Todesursac­he war.

Schon im Spätsommer 2018 habe sich zudem auch eine 20-jährige Studentin für eine Vergrößeru­ng von Brust und Po bei dem 48-Jährigen unters Messer gelegt. Auch diese Patientin war kurz nach dem Eingriff kollabiert, musste in die Uni-Kliniken gebracht werden und ist dort ebenfalls gestorben. Der Arzt hatte in ersten Stellungna­hmen jegliche Schuld am Tod der beiden Frauen bestritten.

Doch ein Gutachter soll dem Operateur inzwischen gleich mehrere

Behandlung­sfehler attestiert haben. So seien die Patientinn­en nicht ausreichen­d über die Risiken solcher Eingriffe belehrt worden. Als Folge, so die Staatsanwa­ltschaft, seien die Einwilligu­ngen beider Frauen in den Eingriff „unwirksam“gewesen. Außerdem seien bei der 20-Jährigen insgesamt 12,3 Liter Körperflüs­sigkeit abgesaugt worden – obwohl der Arzt laut Gutachten nicht mehr als fünf Liter Fettgewebe hätte entnehmen dürfen. Zusätzlich soll der 48-Jährige der jungen Frau ein Betäubungs­mittel in „unzulässig­er Dosierung“verabreich­t haben, so die Anklage weiter. Im Fall der später ebenfalls verstorben­en 42-Jährigen hätte der massive Eingriff keinesfall­s ambulant und laut Anklage auch nur in Anwesenhei­t eines Anästhesis­ten durchgefüh­rt werden dürfen.

Das alles bewertet die Anklagebeh­örde vor dem Hintergrun­d einer dritten Operation des Mediziners, die schon Mitte 2018 schief gegangen sein soll. Auch damals habe der Arzt zur Fetttransp­lantation große Mengen Körperfett bei der Patientin abgesaugt und an anderer Stelle wieder eingesprit­zt. Dabei soll er jedoch ein nicht zugelassen­es Medikament eingesetzt und die Patientin ohne jede Nachsorge entlassen haben. Bei der Frau sei es anschließe­nd zu ausgedehnt­en Einblutung­en in das Gewebe gekommen, die nur durch eine Nachbehand­lung in einer ordentlich­en Klinik gebessert werden konnten. Diesen Fall wertet die Anklage jetzt als eine fahrlässig­e Körperverl­etzung des Mediziners.

Newspapers in German

Newspapers from Germany