„Wir werden stärker zurückkommen“
Geschäftsführer Bastian Schlierkamp spricht über die Situation seines Klubs in der Handball-Regionalliga Nordrhein.
RATINGEN Als im März die Saison 2019/20 der Handball-Regionalliga Nordrhein aufgrund der Coronavirus-Pandemie und den damit einhergehenden Beschränkungen abgebrochen wurde, stand die SG Ratingen auf Platz acht – ein äußerst unbefriedigender Rang für ein Team, das sich klipp und klar den Aufstieg zum Ziel gesetzt hatte. Also nutzte Geschäftsführer Bastian Schlierkamp die durch die Pandemie längere Pause intensiv, um sein Team noch einmal massiv zu verstärken. So kamen unter anderem Damian Janus und Simon Ciupinski vom Zweitliga-Absteiger HSG Krefeld, Torhüter Denis Karic vom Zweitligisten ThSV Eisenach und Robert Markotic vom Bundesligisten TVB Stuttgart.
Ohne Janus, der sich in einem Vorbereitungsspiel schwer am Bizeps verletzte und operiert werden musste, startete die SG im September in die Spielzeit 2020/21, gewann zwei von drei Spielen – dann wurde die Saison erneut unterbrochen, erst von den zuständigen Verbänden, dann durch die Politik, die den nicht-individuellen Amateursport faktisch verbot, bis die Infektionszahlen wieder mehr Freiheiten zulassen. Was ursprünglich für den Monat November geplant war, ist inzwischen auf den Dezember ausgedehnt, die Handball-Verbände haben die Spielzeiten unterhalb der ersten und zweiten Liga bis mindestens Januar ausgesetzt.
Nun sollte es am Donnerstag einen Dialog geben zwischen den 15 Klubs der Regionalliga und ihren Verbandsvertretern, das Videogespräch wurde aber kurzfristig verlegt auf den kommenden Donnerstag. Die Vereine haben Vertreter gewählt, zu denen Schlierkamp gehört, und ein Positionspapier erarbeitet, in dem sie eine Perspektive fordern. Ein Aufsteiger soll ermittelt werden, Absteiger dürfe es in dieser besonderen Situation aber nicht geben. Der Handball-Verband Westfalen
hat für seinen Bereich schon Szenarien durchgespielt, wie eine verkürzte Rückrunde eventuell mit verschiedenen Staffeln und PlayOffs aufgewertet werden kann. „Die Szenarien halte ich alle für sehr durchdacht“, lobt Schlierkamp im Gespräch mit unserer Redaktion.
Der SG-Geschäftsführer hofft nun auf einen konstruktiven Dialog für den Bereich Nordrhein am Donnerstag. „Ich wünsche mir, dass die Verbände kooperativ sind“, sagt er und betont: „Mir geht es um Planbarkeit. Was wir nicht wollen, ist, wieder mit der Saison anzufangen und dann wieder unterbrechen zu müssen. Wenn es heißt, dass das Risiko erst nach Ostern wieder geringer ist, dann lasst uns lieber das machen, anstatt früher zu beginnen und dann wieder unterbrechen zu müssen.“Was ihm noch wichtig ist: „Wir brauchen eine klare Regelung, wann ein Spiel abgesagt werden darf und wann nicht. Das gibt es bislang nur für die ersten beiden Ligen, aber auch für alle anderen muss eine klare Definition her.“Die Arbeit der Regionalligisten könnte durchaus eine Vorreiterrolle einnehmen für alle weiteren Ligen darunter.
Schlierkamp kennt die Sorgen vieler Handballer, die in der Pandemie Probleme mit ihren Arbeitgebern bekamen, weil sie nach Infektionsfällen im Team teilweise mehrfach in Quarantäne mussten oder zu verantworten hatten, dass auch WG-Partner sich isolieren mussten. Um da für die SG vollständige Klarheit zu haben, hat er ein Stimmungsbild seines Regionalliga-Kaders eingeholt. Kapitän Alexander Oelze hat seine Mitspieler zuerst virtuell abgefragt, dann gab es eine Videokonferenz des Kaders mit Schlierkamp und Trainer Ace Jonovski. „Wir haben gesagt: Es gibt zwei Ausfahrten, und wir akzeptieren beide“, betont Schlierkamp und schildert: „Entweder, dass die persönlichen Rahmenbedingungen es nicht zulassen, weiter auf diesem Niveau Handball zu spielen – dann sollte man besser jetzt auseinander gehen, weil wir den absoluten Leistungsgedanken
haben. Oder die zweite Ausfahrt, die uns natürlich lieber ist: Wir geben gemeinschaftlich Vollgas für das Ziel Dritte Liga. Da wären wir übrigens laut Definition jetzt schon Profis und hätten viermal die Woche Vollkontakt“, merkt Schlierkamp an. Das Ergebnis der Abfrage freute den Geschäftsführer: „Alle sind an Bord.“
Und das, obwohl die Akteure aufgrund der Pandemie Abstriche machen müssen. „Wir haben uns mit den Spielern und Trainern auf einen Teil-Verzicht für die Monate November und Dezember geeinigt, der aber sehr human ausfällt“, sagt Schlierkamp. Im Gegenzug gibt es im Rahmen des Erlaubten professionelle Bedingungen: „Wir trainieren
aktuell wieder viermal pro Woche – zweimal virtuell Athletik und zweimal Laufen, alleine oder zu zweit. Das ist alles für die Trainer einsehbar. Bis Ende des Jahres wollen wir zudem noch einen gesundheitlichen Check-Up anbieten mit einem Orthopäden, einem Zahnarzt und eventuell einer Lauf-Analyse“, berichtet Schlierkamp, der ergänzt: „Es ist wichtig, dass die Jungs weiter trainieren und sich trotzdem solidarisch zeigen. Immerhin brechen uns auch Einnahmen weg, auch Sponsoren kürzen ihre Beiträge. Aber wir sind grundsätzlich stabil.“
Das ist die Grundvoraussetzung für das Erreichen der Ziele. Trainer Jonovski hat „wie alle Eckpfeiler langfristig“Vertrag, sagt Schlierkamp, der seinem Coach als Aufgabenstellung mitgegeben hat, folgende Fragen zu analysieren: „Wie richten wir uns sportlich aus, auch für die nächste Saison? Was macht Sinn, auch mit Blick auf den Kader? Für uns muss klar sein, dass wir uns nicht von äußeren Bedingungen abhängig machen. Wir werden uns weiter professionalisieren, egal für welche Liga.“Dass es eine Spielklasse höher gehen soll, ist ja kein Geheimnis, und in dem Zusammenhang sieht Schlierkamp sogar einen positiven Effekt in der Unterbrechung: „Robert Markotic kann ein paar Wehwehchen auskurieren, Damian Janus wird zurückkehren. Das sind Sachen, die uns tendenziell helfen werden nach der Pause. Wir werden stärker zurückkommen.“