Rheinische Post Ratingen

Der Automobil-Zulieferer schreibt zum zweiten Mal in Folge rote Zahlen. Der Tiefpunkt, heißt es im Unternehme­n, sei nun jedoch überwunden. Den Aufschwung soll Digitaltec­hnik bringen – doch ausgerechn­et da hakt es noch.

- VON FLORIAN RINKE

HANNOVER Der Auto-Zulieferer Continenta­l muss digitaler werden – doch alle Grundsätze will man deshalb nicht über Bord werfen. Aus Sicht des neuen Continenta­l-Chefs Nikolai Setzer sollte man das Investment in den Flugtaxi-Anbieter Volocopter daher nicht missverste­hen: „Wir streben nicht an, Hersteller von Fahrzeugen oder Flugtaxis zu werden.“

Doch es schadet natürlich nicht, sich potenziell­e Märkte der Zukunft anzuschaue­n. Denn hinter dem nach Bosch zweitgrößt­en deutschen Zulieferer liegt ein hartes Jahr. Der Umsatz war 2020 um 15 Prozent auf 37,7 Milliarden Euro geschrumpf­t, unter dem Strich wies Conti für das vergangene Jahr einen Verlust von 962 Millionen Euro aus. Es ist das zweite Jahr in Folge mir roten Zahlen, weshalb die Dividende nun gestrichen werden soll. Der Aktienkurs, der zeitweise auf unter 60 Euro gefallen war, hat sich zwar inzwischen auf rund 120 Euro erhöht. Doch von der Bestmarke von 250 Euro aus dem Jahr 2018 ist man noch weit entfernt.

„Der Tiefpunkt liegt hinter uns“, zeigte sich Finanzchef Wolfgang Schäfer bei der Bilanzpres­sekonferen­z am Dienstag optimistis­ch. Aus Sicht von Frank Schwope, Analyst bei der Nord LB, sind andere Unternehme­n aus der Branche bislang jedoch besser durch die Krise gekommen: „Setzer muss den Konzern stärker weg von der Hardware hin zur Software führen und sich von Randbereic­hen trennen.“

Und genau das hat der neue Chef, der 2020 den langjährig­en Konzernlen­ker Elmar Degenhart abgelöst hat, vor. „Wir wandeln uns zum Technologi­e-Unternehme­n – Mobilität ist dabei der Schwerpunk­t“, sagte Setzer. Während in anderen Bereichen zahlreiche Jobs gestrichen wurden, stellt das Unternehme­n daher im Software- und Elektronik­bereich auch weiterhin ein. So soll das Ziel erreicht werden, beim automatisi­erten und autonomen Fahren die Marktführe­rschaft zu übernehmen.

Schon Setzers Vorgänger hatte mit dem Umbau des Unternehme­ns begonnen, bevor er nach einem Hörsturz zurückgetr­eten war. „So einen Job über einen Zeitraum von Monaten mit der halben Leistung zu machen, geht nicht“, hatte Degenhart damals seinen Rückzug gegenüber der „Zeit“begründet. Wie hoch er im Unternehme­n angesehen war, zeigen die Worte, mit denen ihn sein Nachfolger während der Pressekonf­erenz beschrieb. Er habe, sagte Setzer, Degenhart als Mensch, Führungskr­aft und Ratgeber immer sehr geschätzt.

Nun muss Setzer vollenden, was Degenhart angeschobe­n hatte. Unter dem Namen Vitesco sollte ein Teil des Geschäfts an die Börse gebracht werden. Doch die Abspaltung, durch die sich der Konzern von Technologi­e für Verbrennun­gsmotoren entledigen könnte, ist nicht vollzogen.

An der Börse wird Conti nur mit rund 25 Milliarden Euro bewertet – das entspricht nicht mal dem Jahresumsa­tz. Als Software-Unternehme­n betrachten Anleger es jedenfalls nicht. Deren Kurs entspricht oft dem 20- oder gar 30-fachen des eigenen Umsatzes. So ist der E-Auto-Hersteller Tesla an der Börse ein Vielfaches von Volkswagen wert, obwohl man nur einen Bruchteil der Fahrzeuge produziert. Analysten bewerten aber das zukünftige Potenzial.

Volkswagen versucht dies gerade zu ändern – doch ausgerechn­et der niedersäch­sische Nachbar Continenta­l bremst dabei. So wirft VW dem Zulieferer vor, im vergangene­n Jahr zu spät über Probleme bei der Lieferung von Mikrocontr­ollern informiert zu haben, wodurch es zu Engpässen in einigen Werken kam. Die Probleme bei der Lieferung von Computerch­ips werden laut Conti-Chef Setzer auch andauern. Man arbeite an dem Thema, versichert­e Setzer: „24 Stunden, sieben Tage pro Woche“. An Arbeit mangelt es Setzer jedenfalls nicht.

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