Neue Ansprüche bei der Wohnungssuche
Das eigene Zuhause wird in der Corona-Krise wichtiger. Das hat Folgen für den Immobilienmarkt – auch für die Preise.
DÜSSELDORF Die Corona-Krise verändert die Nachfrage auf dem Düsseldorfer Wohnungs- und Häusermarkt. Kurz gesagt: Die Ansprüche der Suchenden wachsen. Belege dafür liefert eine Umfrage unter Immobilienexperten von Aengevelt Research aus der Zeit kurz vor dem zweiten Lockdown.
Die Ergebnisse passen zum Trend, dass der eigenen Wohnsituation im Zuge von Lockdowns, Quarantäne und verordnetem Homeoffice immer größere Bedeutung zugemessen wird. Unter dem dänischen Begriff „Hygge“werden schon länger neue Formen der Gemütlichkeit daheim zusammengefasst. Verstärkt wird das Ganze nicht nur durch Heimarbeit, sondern durch Home-Schooling, Home-Fitness, Home-Shopping. Die Folgen für den Wohnungsmarkt laut Aengevelt: 59 Prozent der Marktakteure nehmen eine gestiegene Nachfrage nach größeren Wohnungen wahr. Sogar 76 Prozent sagen, dass Terrassen und Balkone wichtiger werden. Knapp 50 Prozent sehen zudem, dass sich die Suche von der Innenstadt ins Umland verlagert. Dazu passt, dass der Ring Deutscher Immobilienmakler zurzeit wie berichtet in Städten wie Ratingen, Neuss und Mettmann größere Preissprünge als in Düsseldorf registriert. Eine Art neue Stadtflucht sehen da manche schon kommen.
Der Grund ist klar, fürs Geld bekommt man im Umland einfach mehr Raum. Der wird vor allem in Erwartung von mehr Homeoffice auch nach der Pandemie gewünscht. Im Bericht von Aengevelt heißt es: „Ein separates Arbeitszimmer wird immer wichtiger. Paarhaushalte brauchen Wohnungen mit mindestens dreieinhalb Zimmern, mitunter fragen sie sogar Wohnungen mit zwei Arbeitszimmern
nach, damit beide zum Beispiel parallel an Videokonferenzen teilnehmen können.“Auch der Trend zu offenen Grundrissen sei damit gestoppt. Vielmehr werde sogar Schallschutz zwischen den Räumen wichtiger und ein guter Internetanschluss.
Ebenfalls auffällig ist aus Sicht der Experten, dass die Ansprüche an Balkone und Terrassen steigen. Sie sollen mehr Fläche und Schutz vor Regen und Sonne bieten. Innenräume sollen zudem der Hitze standhalten. Matthias Brinkmann von Aengevelt Research: „Die Architektur
ist gefordert, Lösungen zu entwickeln, die bei Neubauprojekten, aber auch bei Maßnahmen im Bestand den veränderten Anforderungen entgegenkommen.“
Volker Eichener von der Hochschule Düsseldorf, der die Aengevelt-Studie geleitet hat, sieht damit auch finanzielle Auswirkungen einhergehen. „Der Anteil des Haushaltsnettoeinkommens, der für die Wohnung ausgegeben wird, wird weiter steigen.“Auch, weil es bei den Mobilitätskosten durch mehr Homeoffice zu Entlastungen kommen werde.
Werner Fliescher, Vorstand von Haus und Grund in Düsseldorf, bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion den beschriebenen Trend. „Wohnqualität ist das entscheidende Stichwort.“Dazu zähle die Größe, aber zum Beispiel auch Nahversorgung, Verkehrsanbindung und Internetverfügbarkeit.
Für den Markt in Düsseldorf erwarte er aufgrund der „Ausweichbewegung ins Umland“sogar etwas nachlassenden Druck und preislich eine „Seitwärtsbewegung“. Dafür spreche auch, dass mehr und mehr Neubauten fertig würden und die
Zuwanderung in Folge von Finanzkrise und Arbeitslosigkeit in anderen europäischen Ländern nachlasse.
Die Deutsche Bank sieht in einer aktuellen Studie auch in diesem letztgenannten Grund ein Ende der steigenden Preise für Deutschland voraus, für Düsseldorf ab 2023. Ein weiterer Faktor sei, dass Immobilien im internationalen Vergleich nicht mehr unterbewertet und somit weniger interessant für Investoren würden. Mehr als einen Rückgang um fünf Prozent in drei Jahren sieht die Bank aber nicht kommen.