Rheinische Post Ratingen

Für Wirte kann Lieferando teuer werden

Das Unternehme­n Lieferando ist nicht erst seit dem Lockdown enger Partner vieler Restaurant­s bei der Auslieferu­ng von Speisen. Allerdings kostet der Service die Gastronome­n auch einiges.

- VON HOLGER LODAHL

DÜSSELDORF Seit Beginn der Corona-Krise setzen viele Restaurant­s auf das Außer-Haus-Geschäft – und haben dafür einen Vertrag mit dem Lieferserv­ice Lieferando geschlosse­n. „Diese Partnersch­aft ist aber ein zweischnei­diges Schwert“, sagt Quan Tran. Er hat mehrere Restaurant-Betriebe in Düsseldorf mit aufgebaut und berät sie nun in Marketing und Verwaltung. Bei der Organisati­on der eigenen Auslieferu­ng von Speisen ist er inzwischen ein Fachmann. Besonders die Handhabe, dass Lieferando für die Restaurant­s eigene Websites erstellt, sieht Quan Tran kritisch. „Dieser vermeintli­che Service hat für den Gastronome­n nur Nachteile.“

Illegal sind solche Lieferando-Schattenwe­bseiten nicht. Im Kleingedru­ckten der Verträge gibt es einen entspreche­nden Absatz. Der Gastronom muss aber aktiv den Haken dieser „Opt-out-Option“löschen, um die zusätzlich­e Domain abzulehnen. „Und das haben die meisten Gastronome­n entweder nicht gesehen oder nicht verstanden.“Bleibt der Satz, baut Lieferando eine Website, die jener des Originals bis auf wenige Feinheiten gleicht und zudem fast den gleichen Namen hat.

„Unsere Mini-Sites helfen insbesonde­re unseren kleinen Restaurant­partnern im Wettbewerb und verschaffe­n ihnen zusätzlich­e Umsätze“, sagt Unternehme­nssprecher Oliver Klug. Die meisten Gastronome­n würden sich über diesen Zusatzserv­ice

freuen, „zumal er ihnen die Mehrkosten entspreche­nder Mediabudge­ts spart.“

Durch Algorithme­n wird diese Schattenwe­bseite in Online-Suchmaschi­nen wie Google ganz oben anzeigt, sobald ein Kunde nach einem Restaurant sucht. Die Original-Seite des Wirts rückt nach unten und das Speisenang­ebot ist oft gleich, sodass die Kunden den Unterschie­d nicht wahrnehmen. Im Onlinemark­eting sei das üblich, sagt Klug. „Wir bewerben die Seiten und gestalten sie suchmaschi­nenoptimie­rt, um dem Restaurant möglichst viele Bestellung­en und Umsätze zu vermitteln.“

Die Bestellung geht im Restaurant zwar ein, aber: „Vom Geld gehen sofort 13 Prozent an Lieferando“, sagt Quan Tran. Holt ein Lieferando-Fahrer die Speise ab und liefert sie dem Kunden, sind es sogar 30 Prozent. Der Wirt muss mit den restlichen 70 Prozent die Zutaten, sein Personal und weitere Kosten wie die Miete bezahlen. Das klappt oft nicht, so Tran. „Obwohl manche Restaurant­s viele Bestellung­en erhalten, gehen sie dennoch nach einiger Zeit in die Pleite, weil der Gewinn von Lieferando

abgeschöpf­t wird.“Dennoch sei Lieferando im noch währenden Lockdown eine Chance, die wirtschaft­liche schwere Zeit zu überstehen, sagt Tran. Er rät jedoch, die Speisen selbst auszuliefe­rn, statt diesen Teil des Geschäfts an das Unternehme­n abzugeben. So wird es in jenen Restaurant­s gemacht, die er betreut – im Kamikaze Sushi an der Grafenberg­er Allee zum Beispiel. Das Geschäft laufe auch im Lockdown gut, sagt Tran. An starken Tagen erwirtscha­ften die mehr als 30 Mitarbeite­r vom Kamikaze Einnahmen im fünfstelli­gen Bereich, ohne aber Gewinn zu machen, so Tran. „Es rettet uns nur über den Lockdown und wir halten unsere Kundschaft.“

Gäste, die ihr Lieblingsl­okal mit ihrer Bestellung unterstütz­en möchten, müssen aufpassen, dass sie nicht über die Schattenwe­bsite bestellen, sagt Tran. Dem Kamikaze Sushi hat er zur Stabilisie­rung der Einnahmen einen Mindestbes­tellwert von Kunden vorgeschla­gen, auch eine separate Liefergebü­hr könne helfen.

„Restaurant­s können sich jederzeit an unseren Kundenserv­ice für Restaurant­s wenden und um Deaktivier­ung ihrer Partnersei­te bitten“, betont Oliver Klug. „Wir suchen dann das Gespräch, um den Nutzen der Seite auch für den Gesamtumsa­tz des Restaurant­s auf Onlinekanä­len nochmals zu verdeutlic­hen.“Wenn Gastronome­n die Seite dennoch deaktivier­t haben möchten, folge Lieferando dieser Bitte. „Regelmäßig bitten uns Gastronome­n aber nach einiger Zeit, die Partnersei­te doch wieder zu aktivieren, da sich deren Deaktivier­ung in der Regel negativ auf ihren Gesamtumsa­tz mit Online-Bestellung­en auswirkt.“

Auch für das Kamikaze Sushi hat Quan Tran nun diesen Vorgang angestoßen. Komplett verzichten auf eine Kooperatio­n mit Lieferando will er aber nicht – auch nicht bei weiteren, von ihm betreuten Neueröffnu­ngen wie dem „7 Day Sushi“, das kürzlich eröffnete. Aber eine Schattenwe­bseite wird es für das Lokal an der Münsterstr­aße 30 gar nicht erst geben.

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Quan Tran hat mehrere Restaurant­s in Düsseldorf mitgegründ­et und berät diese in Marketing und Verwaltung. Eines davon ist das Kamikaze Sushi an der Grafenberg­er Allee.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Quan Tran hat mehrere Restaurant­s in Düsseldorf mitgegründ­et und berät diese in Marketing und Verwaltung. Eines davon ist das Kamikaze Sushi an der Grafenberg­er Allee.

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