Rheinische Post Ratingen

Zalando holt erstmals eine Frau in den Vorstand

Astrid Arndt rückt bei Europas größtem Modehändle­r für Co-Chef Rubin Ritter nach. Doch das ist nicht die größte Veränderun­g. Der Frauenante­il soll weiter steigen

- VON FLORIAN RINKE

BERLIN Mit nicht einmal 40 Jahren haben Robert Gentz, David Schneider und Rubin Ritter den größten Modehändle­r Europas aufgebaut. Knapp 40 Millionen Kunden hat Zalando in Europa, das Unternehme­n könnte schon bald in Deutschlan­ds oberste Börsenliga, den Dax, aufsteigen. Die drei Co-Geschäftsf­ührer haben schon jetzt mehr erreicht als die meisten in ihrem Alter. Und natürlich stellt man sich da irgendwann die Frage: Was kommt danach?

Die Antworten fallen unterschie­dlich aus, so viel lässt sich nach der Vorstellun­g der Bilanz am Dienstag sagen. Rubin Ritter wird im April sein Amt niederlege­n, um sich stärker um die Familie und andere Projekte kümmern zu können. Der dadurch freiwerden­de Platz im Vorstand soll mit Astrid Arndt besetzt werden, wodurch erstmals in der Firmengesc­hichte eine Frau an die Spitze aufrückt. Arndt soll sich um den Bereich Personal kümmern, während Ritter seine Zeit für neue Projekte nutzen will. „Ich habe viele Interessen außerhalb von Zalando“, sagte er am Dienstag in Berlin.

Gentz und Schneider, die Zalando 2008 zusammen gegründet haben, machen hingegen weiter – und wollen das Unternehme­n auf die nächste Stufe heben. Aus dem Modehändle­r soll endgültig eine Plattform werden. Den Marktantei­l am rund 450 Milliarden Euro schweren europäisch­en Modemarkt will man auf zehn Prozent ausbauen.

„Wir müssen dahinkomme­n, dass Kunden sagen: Wenn es das Kleidungss­tück in dieser Größe oder jener Farbe nicht bei Zalando gibt, dann gibt es das Stück wahrschein­lich nirgendwo“, sagt Robert Gentz, der nach Ritters Abgang noch stärker das Gesicht von Zalando nach außen hin sein wird.

Dazu baut das Unternehme­n sein Partner-Programm immer weiter aus. Dabei können auch stationäre Modehändle­r ihre Waren über Zalando

anbieten und verkaufen. Bis Ende Februar waren mehr als 3400 stationäre Geschäfte an die Zalando-Plattform angebunden. Sogar Branchengr­ößen wie C & A hatten angekündig­t, über Zalando zu verkaufen. Die Gefahr, dass viele stationäre Geschäfte die Pandemie und die damit verbundene­n Lockdowns nicht überstehen, sieht man bei Zalando bislang nicht. Nur vereinzelt hätten Partner bislang schließen müssen, heißt es. Im Gegenteil: Das Programm, bei dem Zalando über Provisione­n an Verkäufen beteiligt wird, kann das stationäre Geschäft sogar ergänzen. Im Schnitt versenden die Partner inzwischen insgesamt 40.000 Bestellung­en pro Tag, die über Zalando eingingen.

Was auffällt: Die Kunden bestellen immer häufiger bei Zalando, auch wenn sie dabei pro Bestellung etwas weniger ausgeben. Kleinere Warenkörbe sind für Online-Händler im Modebereic­h zwar einerseits schlecht, weil dadurch der Kostenante­il für den Versand und die Retouren

Geschäft Zalando machte 2020 einen Umsatz von 7,98 Milliarden Euro. Der Gewinn (Ebit) lag bei 367 Millionen Euro. Beide Werte lagen deutlich über dem Vorjahr.

Führung Der Zalando-Vorstand bestand bislang aus fünf Männern. Das Unternehme­n hatte erklärt, den Frauenante­il bis 2023 auf mindestens 40 Prozent steigern zu wollen.

(die noch immer bei mehr als 50 Prozent liegen) steigt. Gleichzeit­ig macht Zalando aber mit jedem Kunden deutlich mehr Umsatz. 2014, also im Jahr des Börsengang­s, waren es rund 186 Euro pro Kunde. Im vergangene­n Jahr lag der Wert bereits bei etwa 277 Euro.

Das Unternehme­n zählt zweifellos zu den Gewinnern der Corona-Pandemie, der Aktienkurs hat sich im vergangene­n Jahr beinahe verdreifac­ht. Gentz und Schneider wollen dafür sorgen, dass der Trend auch weiter in diese Richtung geht – und davon soll dann nicht nur das Unternehme­n profitiere­n.

Schneider, Gentz und Ritter haben im vergangene­n Jahr die „Zfoundatio­n“gegründet, mit der sie künftig soziale Projekte unterstütz­en wollen. Dazu wollen sie insgesamt eine Million Aktienopti­onen in die gemeinnütz­ige Gesellscha­ft übertragen, wodurch rund 40 Millionen Euro als Kapitalsto­ck bereitstün­den. Je besser sich der Aktienkurs von Zalando entwickelt, umso mehr Geld stünde auch für karitative Zwecke zur Verfügung. Die Summe entspricht laut den drei Co-Geschäftsf­ührern etwa der Hälfte ihrer Vergütung von jetzt bis zum Ende der aktuell gültigen Vorstandsv­erträge. Bei Ritter seien sogar noch einige in der Vergangenh­eit verdiente Optionen eingefloss­en.

Die Gesellscha­ft soll im zweiten Quartal ihre Arbeit aufnehmen und dann zunächst in Thüringen, wo Zalando ein großes Logistikze­ntrum unterhält, Projekte fördern, mit denen für mehr Chancengle­ichheit bei Kindern und Jugendlich­en gesorgt wird. Auch in Deutschlan­d würden die Perspektiv­en von Kindern noch zu stark vom Elternhaus abhängen, sind Gentz, Ritter und Schneider überzeugt. In einem Schreiben an die Mitarbeite­r heißt es: „Schon heute ist klar, dass die Corona-Pandemie diese Ungleichhe­it noch weiter vertiefen wird. Besonders davon betroffen sind Kinder und Jugendlich­e, deren Bildung derzeit fast ausschließ­lich vom Elternhaus abhängt.“

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FOTO: ZALANDO Astrid Arndt

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