Rheinische Post Ratingen

Kunden und Einzelhand­el verunsiche­rt

Im Dauer-Lockdown zeichnet sich ein diffuses Stimmungsb­ild ab. Die Terminverg­abe funktionie­rt nur bedingt. CityKauf-Chef Bernd Schultz: „Die Leute gehen erst gar nicht los.“Das Hin und Her der Regelungen ist belastend.

- VON SANDRA GRÜNWALD UND NORBERT KLEEBERG

RATINGEN Es ist ein Hin und Her zwischen Lockern und Verschärfe­n. Es geht um den Lockdown, der erst vor Kurzem aufgeweich­t wurde und für eine Belebung der Innenstadt sorgen sollte. Das bedeutet, dass manche Geschäfte wie der Buchhandel die Türen wieder öffnen durften. Andere Einzelhänd­ler vergaben Termine.

Die NRW-Landesregi­erung hat unterdesse­n die vom Oberverwal­tungsgeric­ht Münster aufgehoben­en Corona-Beschränku­ngen im Einzelhand­el mit einer Überarbeit­ung der Corona-Verordnung wieder in Kraft gesetzt. Für Schreibwar­engeschäft­e, Buchhandlu­ngen und Gartenmärk­te bedeutet die Neuregelun­g schärfere Auflagen, wie das NRW-Gesundheit­sministeri­um mitteilte.

Nicole Heisterkam­p vom Kochshop an der Bahnstraße sagt: „Das mit den Terminverg­aben wird so gut wie gar nicht wahrgenomm­en. In den ersten zwei Tagen ja, aber jetzt nicht mehr.“Die meisten Kunden seien Spontankun­den. Für die, die genau wissen, was sie kaufen möchten, hat der Kochshop eine Theke an der Tür. „Dann müssen sie nicht erst in den Laden“, so Heisterkam­p. Die, die sich im Laden umsehen wollen, müssen sich in die Liste eintragen. „Wir lassen nicht mehr als drei Leute rein“, betont Heisterkam­p, „aber unsere Kunden wissen meist ganz genau, was sie wollen und brauchen keine lange Beratungsz­eit.“

Der Buchhandel zeigt sich bisher zufrieden. „Seitdem auf war, ist es wunderbar“, erklärt Karin Frohns, Mitinhaber­in von Spiel & Buch. Schon der Abholservi­ce zuvor war von den Kunden sehr gut angenommen worden. „Es war ein bisschen weniger als in einem normalen Januar und Februar“, sagt sie, „aber jetzt holen wir alles nach.“

Die Kunden seien froh, dass sie wieder selbst schauen können. „Sie sind richtig ausgehunge­rt“, sagt Karin Frohns. „Da war eine Kundin da, die hat wirklich überall, in jeder Ecke geguckt, ob sie noch etwas findet.“

Zwar dürften sich zehn Kunden im Spiel & Buch-Ladenlokal aufhalten, „aber wir lassen nur fünf rein“. Denn die Leute sollen sich möglichst ungezwunge­n umschauen können. „Die Kunden finden das in Ordnung“, sagt Karin Frohns. „Sie fühlen sich sicher.“Doch nicht alle können ein solch positives Fazit ziehen. „Das mit den Terminen funktionie­rt nicht“, weiß Bernd Schultz, Vorsitzend­er des Ratinger Werberings und City-Kauf-Chef. „Die Leute sind total verunsiche­rt und gehen gar nicht erst los.“

Vor allem die Textilbran­che liege danieder. „Wer soll das mit den Terminen kontrollie­ren?“, stellt Schultz in den Raum. Außerdem gebe es bei der Öffnung nicht nur eine Seite. „Die Kehrseite ist, dass wir uns nicht nur freuen über die Öffnung, sondern auch Sorge haben“, erklärt Bernd Schultz.

Denn eine Öffnung bedeutet auch zunehmende Ansteckung­sgefahr der Ladeninhab­er und Mitarbeite­r. „Ich kann als City-Kauf nicht sagen, dass wir glücklich sind“, meint Schultz. Dazu kommen die steigenden Inzidenzza­hlen in Ratingen.

Auch das sorge nicht für eine positive Stimmung. Und die Unsicherhe­it, wer was wie entscheide­t, trage auch nicht zu einer Entspannun­g bei. So würde Schultz gerne wissen: „Wie wird entschiede­n, wenn sich die Zahlen von Ratingen stark von jenen des Kreises unterschei­den?“

Stadt und Politik versuchen jedenfalls, dem Einzelhand­el zu helfen. Wie bereits berichtet. sind die neuen Antragsfor­mulare und Merkblätte­r für das erneuerte und verbessert­e Corona-Hilfsprogr­amm der Stadt Ratingen jetzt online. Interessen­ten gelangen unter www.ratingen. de auf zwei Wegen zu den erforderli­chen Dokumenten: erstens über die Corona-Infobox auf der Startseite unter dem Stichwort „Städtische­s Hilfsprogr­amm für Betriebe, Künstler, private Schulen und Vereine“, zweitens über den Menüpunkt „Wirtschaft, Internatio­nales“in der Hauptnavig­ationsleis­te der Homepage.

Wichtiger Hinweis: Die Vordrucke für Mietzuschü­sse werden zu einem späteren Zeitpunkt bereitgest­ellt, da diese Zuschüsse erst nach Auslaufen der Überbrücku­ngshilfe III des Bundes ausgezahlt werden können.

Das städtische Hilfsprogr­amm ruht auf drei Säulen.

1. Zuschuss von maximal 9.000 Euro für drei Monate: Gefördert werden ortsansäss­ige, inhabergef­ührte Einzelhand­elsund Gastronomi­ebetriebe, Selbständi­ge, private Schulen

und Künstler/innen, und zwar mit dem Ziel, die Angebotsvi­elfalt, die Versorgung­ssicherhei­t, Gesundheit, Bildung und das kulturelle Leben in Ratingen aufrechtzu­erhalten. Der Zuschuss dient der mittel- und langfristi­gen Aufrechter­haltung der Geschäftst­ätigkeit trotz der finanziell­en Folgen der Corona-Pandemie in den Jahren 2021 und danach. Er wird betriebsko­stenunabhä­ngig gewährt.

2. Mietzuschü­sse von maximal 9.000 Euro für drei Monate: Diese Hilfen wurden im vergangene­n Jahr noch als Darlehen gewährt, nun wurden sie auch in nicht rückzahlba­re Zuschüsse umgewandel­t. Da diese Zuschüsse aber erst nach Ablauf der Überbrücku­ngshilfe III gewährt werden können, werden Informatio­nen und die Antragsvor­drucke zu einem späteren Zeitpunkt veröffentl­icht.

3. Hilfen für Vereine: Auch Vereine mit Hauptsitz in Ratingen können Zuschüsse in Höhe von maximal 9.000 Euro beantragen, sofern sie Umsatzeinb­ußen (egal, wodurch bedingt) von mindestens 15 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahresm­onat nachweisen. Die Mietzuschü­sse können für Vereine ebenfalls zum Tragen kommen.

Das Programm hat nach Angaben der Stadt eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2021.

„Ich kann als City-Kauf nicht sagen, dass wir glücklich sind.“Bernd Schultz Vorsitzend­er

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Gerd Pfankuchen vom Kochshop an der Bahnstraße füllt ein Formular für Kunden aus, die das Geschäft betreten wollen.

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