Krebsvorsorge auch in Pandemie-Zeiten
Das St. Marien-Krankenhaus beteiligt sich wieder an der Aktion gegen Darmkrebs im Monat März.
RATINGEN Jährlich erkranken rund 61.000 Menschen an Darmkrebs. Und rund 24.600 sterben jedes Jahr daran. Darmkrebs ist somit die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Die größte Gefahr lauert in der nicht erkannten Erkrankung, weshalb Aufklärung und Prävention enorm wichtig sind. Aus diesem Grund wurde 2002 der März von der Felix Burda Stiftung zum bundesweiten Darmkrebsvorsorge-Monat erklärt. Zum 20. Mal steht der März in diesem Jahr also im Zeichen der Darmkrebsvorsorge. Für das Sankt Marien Krankenhaus in Ratingen gehört im März eine informative Veranstaltung zum Thema Darmerkrankungen zum festen Programm. Dieses Jahr ist eine Präsenzveranstaltung aus bekannten Gründen nicht möglich. Im Interview erklären die beiden Chefärzte Dr. Markus Freistühler, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, und Kai Etzkorn, Chefarzt der Klinik für Allgemeinund Viszeralchirurgie, wie eine Darmspiegelung durchgeführt wird und welche Vorteile sich für Patienten ergeben
Warum thematisieren Sie gerade mitten in der Pandemie das Thema Darmkrebs?
KAI ETZKORN Uns ist es eine Herzensangelegenheit an die Ratinger Bevölkerung zu appellieren, auch jetzt akute Magen-Darm-Beschwerden unbedingt zeitnah abklären zu lassen, um schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden. Auch ohne Symptome sollte nicht auf die Vorsorge-Darmspiegelung verzichtet werden. Denn sie ist das Beste, was man tun kann, um Darmkrebs zu verhindern. Seit Einführung der routinemäßigen Darmkrebsvorsorgeuntersuchung haben acht Millionen Menschen an dieser Präventionsmaßnahme teilgenommen, wodurch circa 145.000 Todesfälle und 306.000 Neuerkrankungen verhindert werden konnten. Das sind doch beeindruckende Zahlen, oder? Anders als gegen Brust-, Prostataund Lungenkrebs, gibt es gegen Darmkrebs hervorragende Vorsorge-Möglichkeiten. Hier ist echte Prävention und nicht „nur“Früherkennung möglich! Das heißt, Veränderungen des Darms können entfernt werden, noch bevor sich Krebszellen gebildet haben.
Wie läuft eine solche Untersuchung überhaupt ab?
MARKUS FREISTÜHLER Die sicherste Methode der Darmkrebsvorsorgeuntersuchung ist eine Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt. Die Darmspiegelung kann in der Regel ambulant durchgeführt werden. Sie können also direkt im Anschluss wieder nach Hause gehen. Während der Untersuchung liegen Sie zugedeckt auf einer Liege und werden mit Hilfe einer Kurzschlafspritze in einen kurzen Schlaf versetzt. Es handelt sich dabei nicht um eine Narkose. Sie fallen lediglich in einen kurzen und leichten Schlaf und spüren somit keinerlei Schmerzen. Bei der Darmspiegelung wird der gesamte Dick- und Enddarm mithilfe eines Endoskops untersucht. Das ist ein fingerdicker, biegsamer Schlauch mit einer winzigen Kamera, am Ende. Der Arzt begutachtet das Darminnere, das auf einem Monitor dargestellt wird. Die Untersuchung dauert rund 20 Minuten.
Zu welchem Arzt gehe ich denn für eine solche Untersuchung? FREISTÜHLER Darmspiegelungen dürfen nur Mediziner durchführen, die eine entsprechende Weiterbildung und eine bestimmte Anzahl von regelmäßigen Koloskopien nachweisen können. Dies sind meist Fachärzte für Innere Medizin mit einer Spezialisierung für Erkrankungen des Verdauungstraktes, sogenannte Gastroenterologen. Haus- oder Frauenarzt können eine Überweisung ausstellen.
Muss ich mich auf einen solchen Termin besonders vorbereiten? FREISTÜHLER Vor einer Darmspiegelung haben Sie in jedem Fall ein persönliches Aufklärungsgespräch mit der untersuchenden Ärztin oder dem Arzt. Zur Vorbereitung muss der Darm vollständig entleert sein. Am Nachmittag oder spätestens am Abend müssen Sie eine abführende Lösung trinken und dürfen ab diesem Zeitpunkt nichts mehr essen. Im Gegensatz zu früher müssen heute nur noch zwei Liter der
Flüssigkeit getrunken werden. Auch geschmacklich hat sie sich mittlerweile verbessert und ist in Zitronen-oder Orangengeschmack erhältlich. Weiterer Vorbereitungen bedarf es nicht.
Sollte sich jeder untersuchen lassen?
FREISTÜHLER Männer haben ab dem Alter von 50 Jahren Anspruch auf eine Darmspiegelung, Frauen ab 55 Jahren. Bei Beschwerden, wie beispielsweise Blut im Stuhl, sollten die Ursachen natürlich auch in jüngeren Jahren umgehend abgeklärt werden.
Muss die Untersuchung dann einmal im Jahr wiederholt werden? FREISTÜHLER Nein. Darmkrebs entsteht meist aus zunächst gutartigen Gewebewucherungen – sogenannten Polypen – und wächst in der Regel sehr langsam. Hat die Vorsorgedarmspiegelung keinen Befund ergeben, muss sie erst nach zehn Jahren wiederholt werden. Sind bei der Darmspiegelung Krebsvorstufen (Polypen) entfernt worden, sollte die Darmspiegelung bereits nach drei bis fünf Jahren wiederholt werden. Auch für Menschen mit familiär erhöhtem Darmkrebsrisiko gilt unter Umständen ein kürzerer Zeitabstand, da Tumore und Polypen bei ihnen schneller wachsen.
Was geschieht, wenn Sie Veränderungen finden?
ETZKORN Krebsvorstufen, wie zum Beispiel eine bestimmte Form von
Schleimhaut-Polypen – sogenannte Adenome – können entdeckt und noch während der Untersuchung schmerzfrei entfernt werden. Dies geschieht mit kleinen Instrumenten, die sich, genau wie die Kamera durch den Schlauch einschieben lassen. Entnommene Proben werden im Labor auf Veränderungen untersucht. Diese Polypen können dann nicht mehr zu Krebs entarten. Bei rund 12 Prozent der Untersuchungen werden diese Vorstufen gefunden, nur in ein Prozent tatsächlich Darmkrebs. Und selbst dann befindet sich dieser Darmkrebs oft noch in einem sehr frühen Stadium, dass er in den meisten Fällen geheilt werden kann.
Kann ich mich durch gesunde Ernährung vor Darmkrebs schützen?
FREISTÜHLER Natürlich rate ich immer zu einer gesunden Lebensweise. Doch auch wenn Sie sich gesund ernähren, auf Zigarettenkonsum und Alkohol verzichten, kein oder wenig Fleisch essen und Sport treiben, können Sie trotzdem Vorstufen oder Darmkrebs entwickeln. Dennoch minimieren Sie das allgemeine Risiko etwas, nicht nur für Darmkrebs, sondern auch für viele weitere Erkrankungen. Im Gegenzug erhöhen Sie Ihr Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, deutlich, wenn Sie rauchen, sich zu wenig bewegen und wenn Sie viel Alkohol, viel Frittiertes, viel verarbeitetes Fleisch (Wurst etc.) konsumieren.