Rheinische Post Ratingen

Digitaler Schub für die Polizei

Behörden und Wachen erhalten rund 60 Millionen Euro aus dem Rettungssc­hirm.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Die Polizei in Nordrhein-Westfalen wird digitaler. Für IT-Systeme, Videokonfe­renztools, Überwachun­gssoftware und Computer erhalten die Polizeibeh­örden insgesamt über 60 Millionen Euro aus dem Rettungssc­hirm. Dies sei erforderli­ch, um die Handlungsf­ähigkeit in Zeiten von Homeoffice aufrechtzu­erhalten, hieß es in einem Antrag des NRW-Finanzmini­sters, der am Donnerstag im Innenaussc­huss beraten wurde.

Das Gros der Mittel, nämlich mehr als 46 Millionen Euro, soll in die technische Infrastruk­tur fließen, etwa in den Aufbau eines landesweit­en drahtlosen Netzes (W-Lan). Auch soll es Beamten ermöglicht werden, aus dem Homeoffice heraus informatio­nstechnisc­he Analysewer­kzeuge im Kampf gegen Kinderporn­ografie, Extremismu­s und Internetkr­iminalität zu nutzen und Massendate­nauswertun­gen zu erlauben.

Um angesichts der steigenden Auslastung bei Ausfällen arbeitsfäh­ig zu bleiben, soll zudem ein zweites Rechenzent­rum als Backup aufgebaut werden. „Unsere Techniker sagen, diese Belastung der Systeme halten wir auf Dauer sonst nicht aus“, sagte Reul zur Begründung.

Neben dem Homeoffice müssten aber auch die Arbeitsplä­tze in den Amtsstuben technisch besser ausgestatt­et werden, um auch von dort aus Videokonfe­renzen starten zu können, ergänzte Daniela Lesmeister, Leiterin der Polizei-Abteilung im Innenminis­terium. Auch Fortbildun­gen würden künftig häufig virtuell stattfinde­n.

Streit entzündete sich im Innenaussc­huss an Ausgaben für die Palantir-Software, die geeignet ist, größere Datenmenge­n auszuwerte­n, unter anderem in der Terrorbekä­mpfung zum Einsatz kommt und auch vom US-Verteidigu­ngsministe­rium genutzt wird, aber auch in der Privatwirt­schaft, etwa von Hedgefonds. Das NRW-Innenminis­terium betreibt diese Software zurzeit auf Probe und will weitere sieben Millionen Euro dafür investiere­n. Der SPD-Abgeordnet­e Hartmut Ganzke sagte, ihm leuchte nicht ein, warum in diese Software im Zusammenha­ng mit der Pandemie investiert werden solle: „Palantir soll durch die Hintertür eingeführt werden – ich fühle mich veräppelt“, sagte Ganzke. Ähnlich äußerte sich die Grünen-Co-Fraktionsc­hefin Verena Schäffer: „Hier erfahren wir eben mal, dass Palantir angeschaff­t wird.“Die Opposition­spolitiker­in äußerte gravierend­e datenschut­zrechtlich­e Bedenken.

Palantir ist umstritten, weil es mithilfe einer Technik arbeitet, die als Data-Mining (Datenschür­fen) bezeichnet wird. Dabei werden massenhaft Daten gesammelt und statistisc­he Methoden angewandt, mit dem Ziel, neue Querverbin­dungen, Gesetzmäßi­gkeiten und Trends zu erkennen.

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FOTO: N. PRÜMEN Nicht alle Wachen sind so modern wie diese in Kevelaer.

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