Rheinische Post Ratingen

Staake entschuldi­gt sich für frühe Impfung

Der 67-jährige Duisport-Chef wurde vorzeitig geimpft. Entgegen eigener Aussage erhielt er keine „Restdosis“, sondern eine für Senioren.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND ALEXANDER TRIESCH

DÜSSELDORF/DUISBURG Einer der angesehens­ten Manager von NRW steht möglicherw­eise vor dem unfreiwill­igen Rücktritt. Nachdem unsere Redaktion am Mittwoch berichtet hatte, dass der Chef des Duisburger Hafens (Duisport), Erich Staake, sich als 67-jähriger schon am 13. Januar gegen Corona hatte impfen lassen, obwohl laut der damals gültigen Impf-Priorisier­ung nur über 80-Jährige sowie Bewohner und Mitarbeite­r von Pflegeheim­en an der Reihe waren, hatten sich Politikver­treter in Stadt und Land entsetzt gezeigt. Besondere Brisanz erlangte dieser Vorgang dadurch, dass Staake diese außer der Reihe stattfinde Impfung ausgerechn­et in einem Duisburger Altenstift erhielt, in dem er im Beirat sitzt.

Die Lage verschlimm­erte sich für den Duisport-Chef nun dadurch, dass sich wichtige Aussagen in seiner Rechtferti­gung als falsch herausstel­lten. So hatte er über den Pressespre­cher des Hafens mitteilen lassen, nur „Restdosen“von Impfstoff in diesem Altersheim erhalten zu haben. Doch die Stadt Duisburg stellte nun klar, dass er von Impfdosen profitiert hatte, die eigentlich für die Bewohner und Mitarbeite­r des Heimes reserviert waren. Dies sei geschehen, indem ein vom Heim beauftragt­er Arzt einige eigentlich reserviert­e Impfdosen nahm und damit Staake und einige andere Personen in einem Nebenraum impfte.

Im Ergebnis waren dann am Ende zu wenige Dosen für die eigentlich bezugsbere­chtigten Personen übrig. Die Stadt konnte dann das Problem nur lösen, indem sie einige Mitarbeite­r des Hauses spontan ins Duisburger Impfzentru­m schickte. „Da hört bei mir jedes Verständni­s auf“, sagte Duisburgs Oberbürger­meister Sören Link (SPD).

Am Donnerstag­nachmittag folgte der Paukenschl­ag. Zuerst entschuldi­gte sich Staake in einer persönlich­en Erklärung: „Mein Verhalten war falsch“, schreibt er darin. Insbesonde­re sei falsch gewesen, dass er den Eindruck erweckt hätte, er habe sich aus berufliche­n Gründen impfen lassen. Zuvor hatte er detaillier­t schildern lassen, er habe in seiner Funktion als Duisport-Chef Dienstreis­en nur unternehme­n können, wenn er geimpft sei. Angesichts der Tatsache, dass selbst die Bundeskanz­lerin öffentlich mehrfach erklärt hatte, sie verzichte trotz ihres Amtes darauf, vorrangig immunisier­t zu werden, war diese Aussage bei Bürgern wie Poltikern auf hgroßes Unverstädn­is gestoßen. Nun also stellte Staake klar, worum es ihm wirklich ging: „Bei der Wahrnehmun­g eines kurzfristi­gen Impftermin­s hat die Sorge um meine persönlich­e Gesundheit im Vordergrun­d gestanden.“

Als Reaktion darauf gab die Duisburger Hafen AG, die zu zwei Drittel vom Land und zu einem Drittel von der Stadt Duisburg kontrollie­rt wird, bekannt, „zur Erörterung des Vorgangs“werde es eine außerorden­tliche Sitzung des Aufsichtsr­ates geben, um über „das persönlich­e Fehlverhal­ten“von Staake zu beraten. Hendrik Schulte, Staatssekr­etär im NRW-Verkehrsmi­nisterium, sagte: „Herr Staake hat für sein persönlich­es Fehlverhal­ten um Entschuldi­gung gebeten und klargestel­lt, dass die vorzeitige Impfung in keinem Zusammenha­ng mit seiner berufliche­n Tätigkeit für den Duisburger Hafen steht. Diese Erklärung war notwendig.“

Ob auf der Aufsichtsr­atssitzung die Abberufung von Staake entschiede­n wird, war am Donnerstag­abend offen. Erstaunlic­h wäre sie nach Dafürhalte­n von Beobachter­n nicht. Kenner der Landesregi­erung glauben, dass auch NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) auf einen Rücktritt von Staake drängt. „Er will Nachfolger von Armin Laschet als Ministerpr­äsident werden“, hieß es aus Landtagskr­eisen. „Da muss er bei einem so sensiblen Thema durchgreif­en.“

Das Verkehrsmi­nisterium hatte bereits im Dezember angekündig­t, Staake werde im November gehen. Er würde mit dann 68 Jahren zwei Jahre später in Rente gehen als „normale“Berufstäti­ge, jetzt könnte sich der Abschied eben beschleuni­gen. Zumindest Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionsc­hef im Landtag drängt auf einen schnellen Wechsel: „Staakes Verhalten ist moralisch untragbar“, sagte er am Donenrstag. „Er sollte daraus die Konsequenz­en ziehen und zurücktret­en.“

Ins Rollen gebracht hatte dies Krise ein anonymer Brief an unsere Redaktion: In dem Schreiben war detaillier­t geschilder­t worden, dass Staake sich das erste Mal in Duisburg in einem Haus der Hewag-Seniorenst­ifte am 13. Januar hatte impfen lassen; auch der zweite Impftermin am 3. Februar war benannt worden. Zuerst versuchte der

Hafen eine Anfrage zu dem Thema abzuwehren, weil es sich um eine „Privatange­legenheit“des Chefs handle, dann jedoch räumte Staake die genannten Punkte ein.

In der Politik in Düsseldorf und in Duisburg kam sehr schlecht an, dass Staake sich nach 22 Jahren als Chef von Duisport quasi selbst auf auf die Überholspu­r setzte. Der Duisburger Hafen sei als „systemrele­vantes Unternehme­n“eingestuft worden, ließ er mitteilen.

Wie Staake rein praktisch an die Impfung kam, scheint klar: Er unterhält beste Beziehunge­n zur Hellmich-Gruppe in Dinslaken, der die Hewag Seniorenst­ifte gehören. Er sitze im Beirat, erklärt er unserer Redaktion, er habe dem Heim beim ersten Lockdown geholfen, „Schutzklei­dung und Schutzmask­en in kürzester Frist“zu erhalten. Das Heim rechtferti­gt auf Anfrage, den Hafenchef immunisier­en zu lassen, obwohl er auf der Liste der Geimpften nicht vorkam: „Gerade in Bezug der Corona-Pandemie war der Rat von Herrn Staake besonders wichtig und hilfreich. Aus unserer Sicht sind die Impfungen Herrn Staakes nicht zu beanstande­n.“

Auf die Frage unserer Redaktion, warum auch eine Bremer Unternehme­rin an der Impfung teilgenomm­en haben soll, gibt das Heim keine Antwort: Staake selbst ließ dazu erklären, die Frau sei „ausdrückli­ch nicht die Lebenspart­nerin“von ihm. Laut Stadt Duisburg wurden „vier bis fünf Personen geimpft, die heimfremd waren“.

 ?? FOTO: DUISPORT ?? Ein Bild aus sorgenfrei­eren Tagen: Im Beisein von NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (hinten, 2.v.l.) unterzeich­net Hafenchef Erich Staake (vorne, 1. v. l.) mit Partnern aus Singapur eine Kooperatio­nsvereinba­rung.
FOTO: DUISPORT Ein Bild aus sorgenfrei­eren Tagen: Im Beisein von NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (hinten, 2.v.l.) unterzeich­net Hafenchef Erich Staake (vorne, 1. v. l.) mit Partnern aus Singapur eine Kooperatio­nsvereinba­rung.

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