Rheinische Post Ratingen

Deutsche Bahn erleidet Rekordverl­ust

Weil die Passagierz­ahlen durch die Corona-Krise eingebroch­en sind, wächst das Minus auf 5,7 Milliarden Euro. Richard Lutz ist Chef der Deutschen Bahn

- VON MARKUS WICKERT

BERLIN (dpa/rtr) Die Deutsche Bahn ist während der Corona-Krise so tief in die Verlustzon­e gefahren wie noch nie in ihrer Geschichte. Auch wegen des Einbruchs der Passagierz­ahlen türmte sich unter dem Strich ein Minus von 5,7 Milliarden Euro auf – und damit noch mehr als zuletzt erwartet, bestätigte der Staatskonz­ern am Donnerstag. Der Betriebsve­rlust (Ebit) lag bei 2,9 Milliarden Euro. Der Umsatz sackte um zehn Prozent auf knapp unter 40 Milliarden Euro ab. Auch in diesem Jahr wird der Konzern tief in den roten Zahlen bleiben.

Parallel schnellten die Schulden des Unternehme­ns innerhalb eines Jahres um fünf Milliarden Euro nach oben und haben Konzernkre­isen zufolge inzwischen die Marke von 30 Milliarden Euro überschrit­ten. Bahnchef Richard Lutz gab sich dennoch zuversicht­lich. Das Unternehme­n werde sich erholen, die Passagiere zurückkomm­en: „Wir sind der Impfstoff gegen den Klimawande­l.“

Zwar erwartet die Bahn dieses Jahr eine leichte Besserung. „Dennoch sind erneut beträchtli­che Verluste zu erwarten“, erklärte das Unternehme­n. Konzernkre­isen zufolge wird mit einem Betriebsve­rlust von 2,5 Milliarden Euro gerechnet. Im kommenden Jahr will die Bahn zurück in die Gewinnzone.

Hauptgrund für die Höhe des Verlustes von 2020 ist, dass die Bahn ihr Angebot trotz drastisch gesunkener Passagierz­ahlen im Lockdown weitgehend aufrechter­halten hat. Dies war auch der Wunsch der Bundesregi­erung. Im Fernverkeh­r fuhren Konzernkre­isen zufolge nur noch 81 Millionen Menschen mit IC und ICE. 2019 waren es mit gut 150 Millionen fast doppelt so viele. Im Nahverkehr war der Rückgang geringer.

Profitiert von der Corona-Krise hat teilweise allerdings die internatio­nale Bahn-Spedition Schenker. Auch wegen des guten Geschäfts mit der Luftfracht konnte sie einen Betriebsge­winn von mehr als 700 Millionen Euro erzielen, mehr als jemals zuvor.

Vorsitzend­er Richard Lutz ist seit April 2010 Mitglied des Vorstands der Deutschen Bahn AG und seit März 2017 dessen Vorsitzend­er. Er trat die Nachfolge von Rüdiger Grube an.

Vertrag Der Aufsichtsr­at des bundeseige­nen Unternehme­ns hatte Lutz’ Vertrag, der in einem Jahr ausgelaufe­n wäre, erst in dieser Woche bis mindestens März 2027 verlängert.

Aber bereits vor der Corona-Krise war die Bahn in massiven Schwierigk­eiten und konnte ihre Investitio­nen aus eigenen Mitteln nicht mehr finanziere­n. Im Schienen-Güterverke­hr hat der einstige Fast-Monopolist mehr als die Hälfte der Marktantei­le verloren. Der Verkauf der Auslandsto­chter Arriva, in der der Nahverkehr in Europa gebündelt ist, scheiterte. Die Bahn musste auf Arriva nun 1,4 Milliarden Euro abschreibe­n.

Die Bahn setzt daher auf eine Stützung durch den Eigentümer: So waren im Klimapaket elf Milliarden Euro bis 2030 als Eigenkapit­alspritze in Aussicht gestellt worden. Dies wurde angesichts des Widerstand­s der EU gestutzt und soll nun zudem allein in die Schienenne­tzsparte fließen. Aber bis jetzt sind diese Mittel ebenso wenig freigegebe­n wie eine zusätzlich­e Corona-Hilfe von fünf Milliarden Euro. Die Schienen-Konkurrent­en des Staatsunte­rnehmens

beklagen bei der EU-Kommission Wettbewerb­sverzerrun­g.

Trotz der jüngsten Diskussion­en rund um den Osterurlau­b stellt sich die Deutsche Bahn unterdesse­n über die Feiertage wieder auf vollere Züge ein: „Wir rechnen derzeit über Ostern mit einer durchschni­ttlichen Auslastung von 25 bis 30 Prozent“, sagte Personenve­rkehrsvors­tand Berthold Huber. Das entspreche etwa 35 bis 40 Prozent des Niveaus, das die Bahn zu normalen Osterzeite­n verzeichne­t. Der Konzern will der höheren Nachfrage über die Feiertage mit einer Ausweitung des Angebots begegnen. Aus den bisherigen Einfachzüg­en sollten wieder Doppelzüge werden, sagte Huber. An den besonders verkehrsin­tensiven Ostertagen sollen zudem Sonderzüge zum Einsatz kommen, „sodass wir wie an Weihnachte­n immer ausreichen­d Platz in den Zügen anbieten können“.

„Wir sind der Impfstoff gegen den Klimawande­l“Richard Lutz

Chef der Deutschen Bahn

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FOTO: DPA

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