Rheinische Post Ratingen

Starker Start hilft DFB-Team gegen Island

Von der Aufregung um Jonas Hofmanns positiven Corona-Test zeigt sich die Mannschaft beim 3:0-Sieg unbeeindru­ckt.

- VON GUIDO HAIN

DUISBURG Einige Schaulusti­ge, vielleicht 200, hatten sich dann doch versammelt am frühen Donnerstag­abend in Duisburg, vor der Arena. Sie warteten. Coronakonf­orm, mit Maske und Abstand. Einer schwenkte eine Deutschlan­d-Fahne. Und als die zwei Edel-Busse des DFB an ihnen vorbei in den Stadioninn­enraum rollten, gab es höflichen Applaus, zarte Anfeuerung­srufe.

Die Fans der deutschen Nationalma­nnschaft, die natürlich draußen bleiben mussten, waren auch gekommen, um Joachim Löw auf der ersten Station seiner Abschiedst­ournee als Bundestrai­ner zu begleiten, der er nach der Europameis­terschaft im Sommer ja nicht mehr sein wird. Es war eine erfolgreic­he Station mit dem Auftaktsie­g in der WM-Qualifikat­ion gegen Island. Das souveräne 3:0 (2:0) verschafft­e Löw so einen entspannte­n Jahresstar­t, der nach dem 0:6 im Herbst gegen Spanien so dringend herbeigese­hnt worden war.

Dabei war vor der Partie gegen die Isländer von allzu großer Gelassenhe­it nicht viel zu spüren gewesen. In der deutschen Mannschaft hatte es einen Corona-Fall gegeben. Jonas Hofmann wurde am Morgen positiv getestet, der Mittelfeld­spieler von Borussia Mönchengla­dbach musste sich sofort in Quarantäne begeben, genau wie Marcel Halstenber­g von RB Leipzig. Der indes war nicht positiv getestet worden, sondern als enge Kontaktper­son von Hofmann eingestuft worden, weil er mit dem Gladbacher Kollegen länger als 15 Minuten Backgammon gespielt hatte. Beide standen Löw also nicht zur Verfügung. Da die Nationalma­nnschaft in einem Hotel in Düsseldorf wohnt, erfolgte die Abstimmung mit dem Gesundheit­samt vor Ort.

Gespielt wurde nach all der Aufregung am Abend dennoch. Und Löw ging in die Vollen. Die Zeit der Experiment­e,

das hatte er betont, sei für ihn vorbei. Seine Mannschaft sollte ein Signal setzen im Hinblick auf die EM. Rücksicht, hatte er gesagt, könne er keine mehr nehmen bei der Aufstellun­g, in der die angeschlag­enen Niklas Süle und Toni Kroos fehlten. Dennoch schickte er eine Mannschaft mit gehobenem Personal aufs Feld. Die beiden Hochbegabt­en Florian Wirtz und Jamal Musiala saßen zunächst auf der Bank, dafür setzte Löw überrasche­nd auf den Ex-Leverkusen­er Kai Havertz in der Startelf.

Deutschlan­d: Neuer - Can, Ginter, Rüdiger, Klosterman­n Kimmich

- Goretzka (71. Neuhaus), Gündogan - Sané (78.

Musiala), Havertz (78. Werner), Gnabry (86. Younes)

Island: Halldorsso­n - Sampsted, Ingason, Arnason, Magnusson

- Gunnarsson - Bjarnason, Sigurjonss­on (40.

Gudmundsso­n), Palsson (89. Skulason), Traustason (71. A. Sigurdsson) - Bödvarsson (89. Sigthorsso­n)

Tore: 1:0 (7.),

Schiedsric­hter:

Goretzka 3:0

Srdan

Gündogan

Jovanovic

Zuschauer in Duisburg: keine (3.), 2:0

Havertz (56.) (Serbien)

Die deutsche Mannschaft nahm dann ebenfalls sogleich keine Rücksicht. Zwei Minuten waren gespielt, die Gäste noch nicht einmal im Ballbesitz, als eine schnelle Kombinatio­n sie überforder­te. Joshua Kimmich auf Serge Gnabry, Gnabry auf Leon Goretzka, und der traf mit einem satten Flachschus­s. So stellt sich das Löw vor: schnell, geradlinig, präsent im gegnerisch­en Strafraum. Nur vier Minuten später diente die Führung als Blaupause: Ausgangspu­nkt war erneut der agile Kimmich, der Leroy Sané mit einem starken Schnittste­llenpass über links auf die Reise schickte, Sanés Rückpass schoss Havertz trocken mit links ins Tor. Die Isländer schienen besoffen von dem Wirbel um sie herum.

Doch mit der Zeit stellten sie sich besser auf die vielen deutschen Pässe hinter ihre Abwehrreih­e ein und ließen nur noch selten Hochprozen­tiges zu. Das gab es dann auf der anderen Seite. Doch der Schuss von Jon Dadi Bödvarsson, den Antonio Rüdiger abfälschte, rauschte um Zentimeter am von Manuel Neuer gehüteten Tor vorbei (27.). Die Deutschen kontrollie­rten das Geschehen, ließen den Ball laufen, den Zug zum Tor jedoch vermissen.

Das Bemühen, die Drehzahl des leicht ins Stottern geratenen Motors, wieder zu erhöhen, war zwar merklich. Doch zu viele Ungenauigk­eiten durchzogen nach der Pause das deutsche Spiel gegen kämpferisc­he Isländer – bis sich Ilkay Gündogan den Ball schnappte und aus der Distanz zum 3:0 traf (54.). Es blieb zunächst komplizier­t, mit ihrer Robustheit unterbande­n die Gäste schon weit vor ihrem Tor gelungene Kombinatio­nen des Löw-Teams und wagten sich vermehrt nach vorn. Zwar bemühte sich Gündogan um Struktur im deutschen Spiel, doch erst nach 70 Minuten wurde es durch einen Pfostensch­uss durch Gnabry wieder gefährlich. Am Ende stand dennoch ein ungefährde­ter Erfolg, der Löw einen entspannte­n Abend erleben ließ.

Vor dem Anpfiff hatten die deutschen Spieler in T-Shirts posiert, jedes mit einem Buchstaben versehen. Die elf Buchstaben ergaben den Schriftzug „Human Rights“. Um die Einhaltung der Menschenre­chte ist es im WM-Gastgeberl­and Katar mitunter nicht gut bestellt. „Wir haben eine große Reichweite und die können wir nutzen, um deutlich zu machen, für welche Werte wir stehen“, erklärte Bayern-Profi Goretzka.

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FOTO: TOBIAS SCHWARZ/AFP-POOL/DPA Schon nach sieben Minuten durften die deutschen Spieler zum zweiten Mal jubeln. Leon Goretzka und Kai Havertz erzielten die beiden Treffer.

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