Rheinische Post Ratingen

Düsseldorf möchte Lockerunge­n erproben

Düsseldorf will Modellkomm­une werden. Schnelltes­ts und Kontaktver­folgung sollen zum Beispiel geöffnete Gastronomi­e ermögliche­n.

- VON ARNE LIEB

DÜSSELDORF Die Stadt Düsseldorf möchte zeigen, wie sich Gastronomi­e und Einzelhand­el trotz der Pandemie bald wieder öffnen lassen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion bewirbt sich Düsseldorf bei der Landesregi­erung als Modellkomm­une mit diesem Schwerpunk­t.

Außerdem sieht sich die Düsseldorf­er Stadtverwa­ltung in der Lage, eine Vorreiterr­olle bei Lockerunge­n in weiteren Bereichen des öffentlich­en Lebens zu spielen. So schlägt die Stadtverwa­ltung der Landesregi­erung vor, auch in den Bereichen Kultur, Jugendeinr­ichtungen, Events und Sport beispielha­ft Konzepte für Wiedereröf­fnungen zu erproben. In den kommenden Tagen sollen die Pläne konkretisi­ert werden, offenbar gibt es keine interne Priorisier­ung der Bereiche.

Die Landesregi­erung will Modellkomm­unen auswählen, um Wege zu einer Normalisie­rung trotz der zuletzt rapide steigenden Infektions­zahlen zu erproben. Als Vorbild gilt Tübingen. Die Landeshaup­tstadt will dabei sein, auf allen Ebenen laufen entspreche­nde Gespräche mit der Landesregi­erung. Der Prozess läuft unter hohem Zeitdruck, auch mit Branchen- und Interessen­verbänden gibt es Gespräche. Die Details des Konzepts werden derzeit offenbar noch ausgearbei­tet.

Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) will sich erst am Freitag bei einem Presseterm­in konkreter äußern. Er verweist aber bereits im Vorfeld auf die aus seiner Sicht hervorrage­nden Startbedin­gungen auch im Vergleich zu anderen Städten. Düsseldorf habe „Maßstäbe“beim Aufbau einer Infrastruk­tur zur Coronabekä­mpfung gesetzt, etwa durch das leistungss­tarke Impfzentru­m oder die Testlogist­ik. Dazu komme die über viele Jahre gesammelte Erfahrung mit Großverans­taltungen. „Dieses Know-How werden wir mit hoher Motivation als Modellkomm­une anwenden und andere von unseren Erkenntnis­sen gerne profitiere­n lassen“, sagt Keller.

Das hohe Angebot an Schnelltes­ts dürfte eine wichtige Rolle spielen. Inzwischen gibt es rund 180 Teststando­rte in der Stadt, darunter auch viele, die noch nicht auf der städtische­n Seite gelistet sind. Dazu kommt die inzwischen digitalisi­erte Nachverfol­gung von Kontaktper­sonen. So kann das Gesundheit­samt zum Beispiel die Daten der „Luca App“, mit der Bürger über ihr Telefon ihre Kontaktdat­en hinterlass­en können, bereits auswerten.

Solche Instrument­e könnten dafür eingesetzt werden, den Bürgern wieder mehr Alltag zu ermögliche­n. Falls die Infektions­zahlen nach der Lockerung stark steigen, sollen die

Versuche in den Kommunen abgebroche­n werden. In jedem Fall werden sie wissenscha­ftlich ausgewerte­t. Wann die Landesregi­erung die Modellkomm­unen auswählt, ist noch ungewiss.

Das Projekt soll offenbar bereits kurz nach Ostern starten. In der Gastronomi­e etwa sind die Hoffnungen groß. „Wir würden uns freuen, wenn Düsseldorf dabei ist“, sagt die Vizepräsid­entin

des Dehoga Nordrhein, Isa Fiedler. „Wir stehen parat“, sagt sie. Die Stadt biete die ganze Bandbreite der Gastronomi­e.

Die Wirte hatten sich zeitweise Hoffnung auf eine baldige Öffnung ihrer Außenterra­ssen gemacht. Wenn die Infektions­zahlen nicht so stark gestiegen wären, hätte der Stufenplan diesen Schritt ab dieser Woche vorgesehen. Nun ist er vorerst wieder vom Tisch. Ab Montag wird auch in Düsseldorf das öffentlich­e Leben stattdesse­n erneut stärker eingeschrä­nkt. NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet hat am Mittwoch eine „Notbremse“für das gesamte Bundesland angekündig­t. Dann sollen offenbar Museen und Sportanlag­en wieder geschlosse­n werden, im Handel ist kein Besuch nach Termin, sondern wieder nur noch eine Abholung möglich. Die neue Coronaschu­tzverordnu­ng des Landes, in der die Details festgelegt sind, liegt noch nicht vor.

Die Inzidenz in Düsseldorf bewegt sich weiterhin deutlich unter den Nachbargem­einden und dem Landesschn­itt – steigt aber wie im ganzen Land rapide an. Nachdem die Zahl der Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner zum Start des Stufenplan­s für Lockerunge­n am 8. März noch bei knapp über 50 gelegen hatte, erreichte sie am Donnerstag 82,5. Nach den bisherigen Regeln hätte die „Notbremse“erst gegriffen, wenn der Wert in Düsseldorf an drei Tagen über 100 gelegen hätte. NRW-weit liegt er aber bereits deutlich höher bei 113,4. Darauf hat die Landesregi­erung nun reagiert.

Corona-Zahlen Seit dem 3. März 2020 wurde bei 18.531 (+125) Düsseldorf­ern eine Infektion mit dem Coronaviru­s diagnostiz­iert. Aktuell sind rund 780 Personen in Düsseldorf infiziert. Von den Infizierte­n werden 83 in Krankenhäu­sern behandelt, davon 24 auf Intensivst­ationen. 17.400 Düsseldorf­er sind genesen. 307 (+1) Menschen, die mit dem Coronaviru­s infiziert waren, sind gestorben. Die 7-Tages-Inzidenz liegt derzeit bei 82,5 (Vortag: 76,9) - dieser Wert gibt die Zahl der bekannt gewordenen Infektione­n in den letzten 7 Tagen pro 100.000 Einwohner an.

Kirmes Oberbürger­meister Stephan Keller und Schützen-Chef Lothar Inden wollen Ende April eine Entscheidu­ng über die Rheinkirme­s treffen. „Auch wenn es wahrschein­lich nicht die Rheinkirme­s wäre, wie wir sie bislang kennen, so haben wir die Hoffnung auf eine Rheinkirme­s 2021 noch nicht aufgegeben – und werden alles daran setzen, sie zu ermögliche­n.“

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Im Juli durfte Isa Fiedler im „Knoten“in der Altstadt wieder Gäste bewirten. Bald könnten neue Lockerunge­n erprobt werden.

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