Wie der Bürgerbus in Erkrath funktioniert
Nach dem Vorbild aus der Nachbarstadt könnte der Service auch in Unterbach eingeführt werden.
ERKRATH/UNTERBACH Wenn Harald Mars durch die Erkrather Fußgängerzone geht, wird er sofort erkannt. Seit 2013 sitzt der 66-jährige ehemalige Banker regelmäßig am Steuer des Bürgerbusses. „Hallo Herr Mars, Guten Tag Herr Mars, wie geht es Ihnen Herr Mars“? Harald Mars winkt und grüßt freundlich zurück, man kennt sich mit Namen. Am Mittwoch hat er seine Schicht gegen 15.15 Uhr beendet. Mehr als drei Stunden lang ist er die Haltestellen abgefahren, die sich wie ein großes Kleeblatt durch die Stadt ziehen.
170 Kilometer spulen die Fahrer des Bürgerbusses am Tag ab, sechsmal die Woche ist der Acht-Sitzer schon seit 2010 im Erkrather Stadtgebiet unterwegs. „Wenn es den Bürgerbus nicht geben würde, müsste ich ja umziehen“, sagt Gisela Bommers, die am Kalkumer Feld wohnt. In ihrem Wohngebiet hätte ein normaler Bus der Rheinbahn kaum eine Chance. Zu eng, zu steil, zu viele am Straßenrand geparkte Autos. Der Bürgerbus kommt immer durch. Gisela Bommers fährt fast jeden Tag mit dem Bürgerbus. Für die Rentnerin ideal: Eine Kleinigkeit einkaufen, zum Arzt gehen, einfach mal vor die Tür kommen und noch was von der Stadt sehen. Ganz nebenbei erfährt man natürlich auch die neuesten Nachrichten aus der Stadt.
1,50 Euro kostet die Fahrt, der Preis hat sich nie geändert. „Viele geben zwei Euro“, sagt Harald Mars, der auch Vorsitzender des Bürgerbusvereins ist. Alle 16 Fahrer, darunter zwei Frauen, sind ehrenamtlich tätig. Von den Trinkgeldern, die sie bekommen, werden Ausflüge oder Feiern organisiert.
Besonderer Service: Der Bürgerbus hält auch auf Zuruf. Gisela Bommers wird direkt vor ihrer Haustür au dem Fahrzeug gelassen. In Corona-Zeiten helfen die Fahrer allerdings nicht mehr beim Ein- und Aussteigen. „Da müssen wir uns an die Auflagen halten“, sagt Harald Mars. Einige Wochen ist der Bürgerbus im vergangenen Jahr gar nicht mehr gefahren, bis man ein Corona-Hygienekonzept ausgearbeitet hatte. Mit einer reduzierten Anzahl an Fahrgästen konnte es weitergehen. Die Haltestangen an den Ein- und Ausstiegen werden sorgfältig desinfiziert, die Fahrgäste müssen warten, bis die anderen Platz genommen haben. Maske auf und Hände desinfizieren ist auch für die Fahrgäste Pflicht.
Schon jetzt ist ein Viertel der Bevölkerung in Erkrath älter als 65 Jahre alt, Tendenz steigend. Nicht jeder kann oder will täglich mit dem Auto fahren oder ist noch fit genug,um zu laufen. Ganz ähnlich ist es im benachbarten Unterbach, das bis zum Jahr 1975 zu Erkrath gehörte. Dort überlegt man schon seit längerem, ebenfalls einen Bürgerbus nach Erkrather Vorbild einzurichten.
Um so etwas auf die Beine zu stellen, braucht man viel ehrenamtliches Engagement und starke Partner. Harald Mars ist gerne bereit, die Unterbacher Bezirksbürgermeisterin Dagmar von Dahlen beim Aufbau eines solchen Vereins zu unterstützen. Wichtig ist vor allem die Kooperation mit der Rheinbahn, die Fahrer ausbildet und Prüfungen abnimmt. „Gar nicht so einfach, wie man sich das vorstellt“, sagt Harald
Mars, „da ist auch schon mal jemand durchgefallen.“
Ob der Bürgerbus in Unterbach funktionieren kann, will Dagmar von Dahlen nun herausfinden und den Bürger- und Heimatverein ins Boot holen. Mit Harald Mars hat sie sich vor kurzem getroffen, das Konzept
hat sie überzeugt. In den vergangenen zehn Jahren hat der Erkrather Bürgerbus nicht einmal rote Zahlen geschrieben, die Stadt musste nie wegen Unterdeckung in die Bresche springen. „Wir müssen wissen, ob bei Unterbachern die Bereitschaft besteht, einen Verein zu gründen“, sagt Dagmar von Dahlen, die in ihrem Stadtteil sehr gerne diesen Service anbieten würde.
Mehr als 370.000 Kilometer hat der erste Erkrather Bürgerbus schon auf dem Tacho. Er kommt nur noch donnerstags und freitags zum Einsatz, wenn viele Menschen einkaufen wollen. Am Gerberplatz kann eine Dame nicht mehr mitfahren, weil schon fünf Leute etwas eher dort waren und die fünf Sitzplätze belegen. „Macht nichts, dann warte ich bis der Bus wieder zurück kommt“. Und: „Einen schönen Tag noch Herr Mars“.