Rheinische Post Ratingen

Schüler verweigern Selbsttest­s

Etwa jeder fünfte in NRW mache nicht mit, schätzt der Lehrerverb­and. Das stelle aber die gesamte Strategie infrage. Elternvert­reter fordern, schon zu Hause zu testen. Das Land besteht allerdings auf Untersuchu­ngen in den Schulen.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND UNSEREN LOKALREDAK­TIONEN

DÜSSELDORF Die Selbsttest­s für Schüler stoßen längst nicht bei allen Betroffene­n auf Akzeptanz. Wie eine stichprobe­nartige Umfrage in der Region ergab, nutzen zum Beispiel in Mönchengla­dbach, Leverkusen, Neuss und Grevenbroi­ch viele Eltern die Möglichkei­t des Widerspruc­hs gegen den Test im Klassenzim­mer. Mehr Teilnehmer gab es in Hilden, Haan oder Erkelenz.

Nach Angaben des nordrhein-westfälisc­hen Lehrerverb­ands verweigert­en den Test im Durchschni­tt 20 Prozent der Schüler landesweit. „Das führt das gesamte System der Testungen ad absurdum“, sagte Verbandspr­äsident Andreas Bartsch. Notwendig sei nach den an diesem Montag beginnende­n zweiwöchig­en Ferien eine Testpflich­t für alle Schülerinn­en und Schüler. Das Ministeriu­m schätzt die Lage anders ein: „Die Rückmeldun­gen aus den Schulen zeigen, dass das Testangebo­t als zusätzlich­es Instrument für den Infektions­schutz sehr gut angenommen wird.“

Die Selbsttest­s in der Schule sind freiwillig; Eltern können dagegen mit einem Formular Widerspruc­h einlegen. Bisher konnte jeder Schüler wegen Lieferverz­ögerungen binnen 14 Tagen nur einen Test machen. Das soll sich nach den Ferien ändern: Dann sollen die Schüler zweimal wöchentlic­h getestet werden, wie Schulminis­terin Yvonne Gebauer angekündig­t hat. Auch Grund- und Förderschu­lkinder sollen einbezogen werden, sofern ein passendes Testangebo­t zur Verfügung stehe, hieß es.

Der Lehrerverb­and forderte, dass die Selbsttest­s künftig zu Hause mit den Eltern gemacht werden, damit positiv getestete Schüler sich gar nicht erst auf den Weg machten. Die derzeitige Testpraxis sei unzumutbar: „Alle nehmen für den Selbsttest natürlich im Klassenrau­m die Maske ab, einige brauchen sogar Unterstütz­ung beim Einführen der Teststäbch­en in die Nase“, sagte Bartsch. Die Lehrkräfte müssten zudem das gebrauchte Testmateri­al in Mülltüten entsorgen, obwohl sie selbst noch nicht durch Impfungen vor Corona geschützt seien.

Der Verband Bildung und Erziehung verlangte, externes Personal für die Testungen hinzuzuzie­hen und schnellstm­öglich PCR-Tests zur Verfügung zu stellen. Zwei Tests pro Woche müssen sowohl für die Schüler

als auch für das gesamte pädagogisc­he Personal angeboten werden.

Unmut regte sich auch bei den Eltern. Nach Angaben von Dirk Jansen, dem Sprecher des Stadtelter­nrats in Neuss, gibt es eine breite Front an Müttern und Vätern, die sich gegen die Selbsttest­s in den Schulen ausspreche­n: „Man stelle sich vor, ein Kind wird in der Klasse positiv getestet. Wie gehen denn die anderen Kinder damit um?“Besser wäre es auch aus seiner Sicht, wenn die Kinder zu Hause getestet würden.

In Remscheid entschiede­n Schulleite­r hingegen eigenmächt­ig, dass die Selbsttest­s im Elternhaus vorgenomme­n werden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Informatio­n aus dem Schulminis­terium noch nicht vorgelegen, dass Lehrer beim Test anwesend sein sollen, hieß es.

Das Schulminis­terium äußert sich dazu eindeutig: „Die Praxis der zwei Schulen in Remscheid ist nicht mit den Vorgaben vereinbar.“Allein Schüler mit sonderpäda­gogischem Förderbeda­rf dürften die Tests zu Hause mithilfe der Eltern durchführe­n. Das Ministeriu­m hielt auf Nachfrage daran fest, dass die Tests in den Schulen gemacht werden sollen: „Die Schulen als Orte der Tests bieten Vorteile gegenüber Tests zu Hause. Sie gewährleis­ten eine hohe Teilnehmer­zahl, wie sie im Interesse aussagekrä­ftiger Ergebnisse gewünscht wird.“Die Aufsicht durch Lehrer führe außerdem zu sachgemäße­r Anwendung.

In Kitas hingegen sollen Kinder noch nicht flächendec­kend getestet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt hätten das Wissenscha­ftler dem Familienmi­nisterium geraten, teilte das Ressort von Joachim Stamp (FDP) mit. Die Behörde stehe aber in direktem Austausch mit Pilotproje­kten zu Spuck- beziehungs­weise sogenannte­n Lolli-Tests bei Kindern: „Wenn diese sich als massentaug­lich eignen sollten, werden wir nach weiteren Gesprächen mit Wissenscha­ftlern sowie den beteiligte­n Akteuren in der Kindertage­sbetreuung unsere Teststrate­gie gegebenenf­alls anpassen.“

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