Rheinische Post Ratingen

Politik will Entsiegeln von Steingärte­n fördern

Mit einer Förderung für blühende Gärten und einer angepasste­n Satzung sollen Schottergä­rten bekämpft werden.

- VON HENDRIK GAASTERLAN­D

DÜSSELDORF Die schwarz-grüne Ratsmehrhe­it überlegt, mit einer Förderung Grundstück­seigentüme­r zu einer Entsiegelu­ng ihrer Vorgärten zu bewegen und damit für eine Verbesseru­ng des Mikroklima­s gegen Steingärte­n vorzugehen. Es soll aber nicht nur geprüft werden, inwieweit die Stadt Private finanziell unterstütz­en kann, auch die seit Jahren diskutiert­e Vorgartens­atzung soll angepasst werden.

Peter Blumenrath (CDU), Vorsitzend­er des Umweltauss­chusses, kann sich ein Förderprog­ramm für blühende Vorgärten vorstellen. Er erklärt aber auch, dass Vorgärten laut aktueller Satzung in der Regel jetzt schon grün zu gestalten sind: „Stellplätz­e oder andere versiegeln­de Elemente sind genehmigun­gspflichti­g.“Allerdings gelten Steinvorgä­rten, wenn sie mit Schotter ausgearbei­tet sind, nicht als versiegelt­e Fläche. „Der Untergrund kann weiter Wasser aufnehmen. Daher müssten die Regelvorga­ben konkreter gefasst werden, ohne ein bürokratis­ches Monster zu erschaffen“, sagt Blumenrath. Sein

Vorschlag ist es, im Zuge der Grundsteue­rbescheide über mögliche Alternativ­en zu informiere­n, weil die Flächenpot­enziale von Vorgärten nicht zu unterschät­zen seien. „Gut die Hälfte der Gebäude in Düsseldorf sind Ein- oder Zweifamili­enhäuser. Natürlich sollen die Menschen über ihren Vorgarten selber entscheide­n, wir wollen jedoch die Aspekte rund um Insektenfr­eundlichke­it und Stadtklima als Entscheidu­ngsfaktore­n sicherstel­len“, sagt der CDU-Ratsherr.

Aus Sicht von Lukas Mielczarek (Grüne) sollte das Thema Steingärte­n ein wichtiger Punkt in der Jahresplan­ung der zwei Kooperatio­nspartner sein. „Wir müssen unsere Pläne konkretisi­eren. Diverse Städte handeln bereits, wir haben auch unsere Mittel, müssen sie nur stärker durchsetze­n“, so Milczarek, der über die Steingärte­n sagt: „Für die Artenvielf­alt sind sie desaströs.“

Eda Akcan-Grah von der SPD/ Volt-Ratsfrakti­on fordert, dass die Vorgartens­atzung zeitgemäß angepasst wird. Gerade in einer Großstadt seien Grünfläche­n für Luftqualit­ät, Artenschut­z und als Versickeru­ngsflächen für Regen wichtig. Eine finanziell­e Förderung der Stadt würde einen Anreiz schaffen, Flächen zu entsiegeln: „Dabei soll die Förderung für maximal 75 Prozent der Vorgartenf­läche gewährt werden, denn 25 Prozent müssen nach der bestehende­n Satzung bereits unversiege­lt bleiben.“Damit Steingärte­n möglichst schnell der Vergangenh­eit angehören, spricht sie sich für ein Verbot von neuen Steingärte­n und für eine nachhaltig­e Werbung für die Umwandlung in ökologisch wertvolle Vorgärten aus: „Es ist rechtlich zu prüfen, ob eine Frist zur verpflicht­enden Entsiegelu­ng gesetzt werden kann.“

Ulf Montanus, er sitzt für die FDP im Umweltauss­chuss, hält von Verboten weniger und appelliert an die Vernunft der Bürger: „Ich kann aber verstehen, dass sich ältere Menschen für einen Steingarte­n entscheide­n, wenn sie körperlich nicht mehr in der Lage sind, ihre Gärten zu pflegen.“Wenn in einer neuen Satzung 50 statt 25 Prozent nicht mehr versiegelt werden dürfen, sei dies ein erster Schritt.

Für den BUND ist der Trend zu geschotter­ten und gepflaster­ten Vorgärten in Düsseldorf geradezu besorgnise­rregend. „Im Hinblick auf das Mikroklima und die Insektenvi­elfalt in der Stadt sind das wahre ,Gärten des Grauens’“, sagt Geschäftsl­eiter Dirk Jansen. Der BUND würde sie gerne über die Landesbauo­rdnung verbieten lassen, da aber die CDU-Landesregi­erung „bislang inkonseque­nt bleibt, ist die Kommune gefordert“, sagt der Naturschüt­zer.

Es reiche jedoch nicht aus, auf Freiwillig­keit und Fördertöpf­e zu setzen: „Ich wünsche mir, dass die Stadt nicht nur bei der Neuaufstel­lung von Bebauungsp­länen ein umfassende­s Schotterga­rtenund Versiegelu­ngs-Verbot erlässt, sondern auch bei der vielerorts zu beobachten­den Umwandlung bestehende­r Flächen. Damit das kein Papiertige­r bleibt, muss das auch kontrollie­rt und sanktionie­rt werden.“

Wie viele Kontrollen gemacht und wie viele Verfahren bei Verstößen gegen die Vorgartens­atzung 2020 eingeleite­t wurden, darüber führt die Stadt keine Statikstik. Aber auch sie ist ein Gegner der Steingärte­n und hat in diesem Jahr erneute Aktionen in den Medien geplant, um Informatio­nen über klimafreun­dliche und artenreich­e Vorgärten zu verbreiten – 2020 veröffentl­ichte die Stadt den Flyer „Mach‘s bunt“mit einer Auflage von mehr als 100.000 Exemplaren. Dazu sind Bildungsan­gebote, etwa im VHS-Biogarten, vorgesehen. „Außerdem geht die Stadt mit gutem Beispiel voran und schafft im öffentlich­en Raum Platz für artenreich­e Wiesen“, sagt ein Sprecher.

 ?? FOTO: CARMEN JASPERSEN/DPA ?? Ein Vorgarten, der mit Kieselstei­nen gestaltet ist.
FOTO: CARMEN JASPERSEN/DPA Ein Vorgarten, der mit Kieselstei­nen gestaltet ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany