Rheinische Post Ratingen

Der Druck wächst

Die Kritik Merkels am Corona-Kurs des CDU-Vorsitzend­en wirkt sich auf die Kanzlerkan­didatenfra­ge aus.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Eine CDU-Kanzlerin, die einem CDU-Vorsitzend­en öffentlich einen Verstoß gegen Corona-Beschlüsse vorwirft und kurz darauf von einem CSU-Vorsitzend­en unterstütz­t wird: Der Vorgang vom Sonntagabe­nd hätte schon in Zeiten Brisanz, in denen die Frage des Kanzlerkan­didaten zwischen CDU und CSU geklärt wäre. In einer Phase des Schwebezus­tandes zwischen Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) hat sie jedoch besonderes Gewicht.

Prompt ließen sich die ersten CDU-Bundestags­abgeordnet­en mit der Auffassung zitieren, Söder müsse es machen. Nach einer Präsidiums­sitzung der CDU machte Laschet indes klar, dass er und Söder darüber zwischen Ostern und Pfingsten entschiede­n, und Ostern beginne erst am nächsten Sonntag.

Moderatori­n Anne Will hatte die Kanzlerin in ihrer ARD-Sendung gefragt, ob Armin Laschet gegen den Beschluss verstoße, den er mit der Notbremse ab einer Inzidenz von 100 selbst mit gefasst habe. „Es gibt mehrere Bundesländ­er, die eine sehr weite Interpreta­tion haben, und das erfüllt mich nicht mit Freude“, sagte Merkel. „Also ja, er verstößt dagegen“, fragte Will nach. Daraufhin antwortete die Kanzlerin: „Ja, aber er ist nicht der Einzige.“Für zusätzlich­e Nervosität sorgt der Absturz von CDU und CSU in der Sonntagsfr­age. Bei Kantar Emnid wird die Union nun nur noch bei 25 Prozent angesiedel­t – nach 35 noch vor sechs Wochen. Allerdings gehört zu den Gründen eine Reihe von Abgeordnet­en unter Korruption­sverdacht.

Ungeschrie­benes Gesetz in der langen Tradition gemeinsame­r Kanzlerkan­didaten ist die Voraussetz­ung für einen CSU-Kandidaten,

von der CDU gerufen zu werden. Denn Rückhalt in Bayern reicht für einen CSU-Politiker bei Weitem nicht, um in ganz Deutschlan­d punkten zu können. In den Umfragen liegt Söder nach wie vor deutlich vor Laschet, im direkten Vergleich zöge derzeit der CDU-Chef auch im Wettstreit mit SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz und den potenziell­en Grünen-Kanzlerkan­didaten Robert Habeck und Annalena Baerbock den Kürzeren. Das bleibt auf die Unionsfrak­tion nicht ohne Wirkung. „Wir müssen mit dem antreten, mit dem wir nach Umfragen die besten Chancen haben, und das ist mit großem Abstand Markus Söder“, sagte der CDU-Politiker Johannes Steiniger aus Rheinland-Pfalz.

Der Chef der NRW-CDU-Abgeordnet­en im Bundestag, Innen-Staatssekr­etär Günter Krings, meinte auch sogleich, es sei nicht neu, dass Angela Merkel die Pandemiebe­kämpfung in der Mehrheit der Bundesländ­er nicht gefalle. „Bei der Kanzlerkan­didatenfra­ge geht es aber darum, wer Deutschlan­d nach Angela Merkel führen soll“, betonte Krings. Es sei eine Entscheidu­ng über die Zukunft des Landes, und die Umfragen zeigten überdeutli­ch, dass CDU und CSU Vertrauen bei den Menschen zurückgewi­nnen müssten.

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FOTO: DPA CDU-Chef Armin Laschet am Montag in Berlin.

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