Wie das Theater mitten in die Stadt kommt
Reichlich Erfahrung mit (Straßen-)Theater hat Regisseurin Ute Kranz. Aber noch keine mit dem Projekt, das sie für die Neanderland-Biennale in Heiligenhaus plant. Das macht es spannend.
HEILIGENHAUS Straßentheater ist spätestens seit dem vergangenen Sommer etabliert und in guter Erinnerung in der Stadt. Zum pandemie-geprägten Kultursommer gehörte schließlich auch eine Freiluft-Aufführung der Gruppe „Drama Hilinci“an der Moselstraße in der Unterilp. Regie: Ute Kranz. Inzwischen gibt es neue Pläne. In denen spielt die muntere Truppe ebenfalls eine Rolle. Aber welche, das kann die Regisseurin noch gar nicht sagen. Denn die Produktion, die Ute Kranz als Heiligenhauser Beitrag zur Neanderland-Biennale plant, die gibt es noch gar nicht. Und, um die Verwirrung auf die Spitze zu treiben: So soll das auch sein.
„Wenn Engel reisen“– wenigstens der Titel steht schon. Und als himmlische Boten fungieren sollen – die Heiligenhauser. Dabei ist gar nicht gedacht an Überhöhtes. Im Gegenteil. Es soll ganz lebensnah und lebensecht zugehen auf dem Theaterspaziergang, den Kranz für den 3. September gemeinsam mit zwei Schauspielrinnen plant. „Wir fragen: Welche Geschichten tragen Engel in sich? Wo tauchen sie überhaupt auf?“So erläutert die Regisseurin ihren Plan, der auch ein Stück Gratwanderung sein wird. Denn es geht darum, möglichst viel von Heiligenhausern über ihr Leben und ihren Alltag in der Stadt zu erfahren, um kleine Geschichten aus dem nächsten Umkreis. Solche Geschichten möchte Kranz sammeln, sichten und sortieren. Und schon jetzt weiß sie: „Ich werde damit den Sommer über sehr beschäftigt sein.“Das liegt zum einen erzwungenermaßen an den coronabedingten Einschränkungen, die auch den alltäglichen Plausch in der Stadt nicht gerade vereinfachen. Das liegt aber auch daran, dass Kranz darauf zählt, dass möglichst viele Heiligenhauser ihr Geschichten per Mail schreiben (siehe Infokasten) oder sonstwie mitteilen. Und schließlich tut die Regisseurin sich unter Heiligenhauser Kulturschaffenden um, die ebenfalls eingeladen sind, sich Gedanken zu machen.
Es bleibt aber eine Gratwanderung:
„Wir wollen sicher keinen historischen Stadtrundgang mit den üblichen Stationen. Aber Improvisationstheater ist es eigentlich auch nicht“, sagt Kranz.
Fest stand für sie von Beginn an nur: „Einen solchen Spaziergang, das müssen Profis machen. Schon deswegen, weil wir nicht ungeheuer lang werden proben können.“Für die Proben wird sich ein Trio zusammenfinden, bestehend aus der Regisseurin und den beiden Schauspielerinnen Barbara Feldbrugge und Charis Nass. Dazu wird es zunächst mindestens eine Zoom-Konferenz geben (müssen), denn die beiden sitzen in Heidelberg und Dortmund, sind aber von Berufs wegen flexible Ortswechsel gewohnt.
Barbara Feldbrugge hat unter anderem über das Consol Theater, gegründet in Gelsenkirchen, Erfahrung gesammelt mit allen möglichen Formen von Beteiligung eines nicht passiv-konsumierenden Publikums. Theater mit Bürgern für Bürger machen, das ist, in der Selbstdarstellung des Ensembles, ein Kerngedanke der Arbeit. Charis Nass absolvierte ihre Schauspielausbildung an der Folkwang Universität Essen. Nach Festengagements am Theater Essen und dem Schauspielhaus Düsseldorf ist sie seit 2008 als freie Schauspielerin und Performerin tätig. Spaziergänge inklusive: Bewegungstheater nennt sie als einen ihrer Schwerpunkte.