Wo Bürokomplexe noch funktionieren
Wegen Corona denken immer mehr Unternehmen über eine Flächenreduzierung nach. Das könnte zu Leerstand führen.
STADTTEILE Die Corona-Krise hat große Auswirkungen auf das Arbeitsleben in Düsseldorf. Kurz nach Ausbruch der Pandemie arbeiteten laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung knapp 27 Prozent aller Deutschen überwiegend oder ausschließlich im Homeoffice. Weitere 17 Prozent gaben an, abwechselnd im Betrieb oder zu Hause zu arbeiten. Zum Vergleich: Vor Corona lag der Anteil der Beschäftigten, die überwiegend oder ausschließlich zu Hause arbeiteten, bei vier Prozent. Im Sommer, Herbst und Winter 2020 gingen die Zahlen zurück, seit Januar ist laut Hans-Böckler-Stiftung ein Viertel aller Arbeitnehmer wieder im Homeoffice, das ifo-Institut kommt in einer aktuellen Studie auf eine Quote von 30 Prozent.
Da stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch Sinn hat, Bürohäuser zu bauen, wie es gerade an der Berliner Allee der Fall ist. Dort soll im September 2022 das neunstöckige Vertikum eröffnen, die Planer sind überzeugt vom Konzept. Dirk Schäfer von Anteon ist beteiligt, und er glaubt an die Innenstadt, der Leerstand im Düsseldorfer Zentrum liege bei knapp vier Prozent. „In 1A-Lagen können Investoren bauen, ohne vorher Mieter zu haben“, sagt Schäfer, einer von fünf Gesellschaftern bei Anteon. In anderen Stadtteilen sehe das aber anders aus. Konkret nennt er das Beispiel Seestern, dort stehen knapp 13 Prozent aller Büros leer. Reine Büroviertel sind in Schäfers Augen nicht mehr zeitgemäß, am Seestern fehle einfach die Durchmischung mit Wohnen, Gastronomie und Nahversorgung.
Auch wenn Dirk Schäfer nicht glaubt, dass langfristig ein Viertel aller Arbeitnehmer im Homeoffice bleiben wird, „will fast die Hälfte aller Unternehmen, die mehr als 250 Mitarbeiter haben, über eine Flächenreduzierung nachdenken“. Und damit könne sich die Leerstandsquote erhöhen. Für Standorte wie die Friedrichstraße wäre das eine Katastrophe. Die sei schon vor Corona schon keine richtige Bürostraße
gewesen, „in den letzten fünf Jahren haben wir dort nur 500 Quadratmeter Büroflächen vermarktet“, sagt Schäfer, „leerstehende, kleinteilige Büros könnten super für Wohnen genutzt werden.“
Eine solche neue Nutzung würde aus seiner Sicht auch das Zentrum stärker beleben, den Handel in den
Erdgeschossen ebenso wie die Gastronomien im Viertel, die dann nicht mehr nur vom Mittagstisch leben würden. Weil das Thema Wohnen immer wichtiger wird, wird auch Anteon sein Portfolio auf Wohninvestments erweitern.
Doch ganz so einfach sei es technisch eben auch wieder nicht, bestehende Büros in Wohnungen umzubauen, „es scheitert oft schon an den Wasseranschlüssen und den hohen Investitionen“, sagt der Anteon-Gesellschafter. Manchmal sei es günstiger, einen alten Komplex abzureißen und dann neu zu bauen.
Dass die Friedrichstraße nicht gut angenommen wird bei Unternehmen,
liege auch ein bisschen daran, dass es so etwas wie ein Nord-Süd-Gefälle gebe in der Landeshauptstadt. Die Graf-Adolf-Straße markiere eine Art Grenze, „wir sind total in den Norden ausgerichtet “, sagt Schäfer. Messe, Flughafen, ÖPNV- und Autobahnanbindung – Bürohäuser in nördlichen Stadtteilen sind wegen ihrer Nähe zu diesen Anlaufpunkten gefragt. Im Süden der Stadt gebe es kaum große Bürohäuser, „bis auf ein paar Verwaltungsgebäude an der Uni“, so Schäfer, der findet, dass rund um die Uni und die Uniklinik noch Luft nach oben ist. „Wir brauchen Platz für Start-ups, die günstig Flächen Mieten können“.
Das könnte auch Einfluss auf die Universität selbst haben, „Düsseldorf ist keine Studentenstadt“, sagt Dirk Schäfer, der selbst in Köln studiert hat. Dort liegt die Uni mitten in der City, die voll ist mit Kneipen und Leben. Ein bisschen besser sei in Düsseldorf schon der neue Hochschul-Campus, „aber auch teuer drumherum“.