Uraltes Kleinod ist im Paradies zu entdecken
Der „Hof Ter Herberghen“ist ein echtes Kleinod im Vogelsangbachtal. Seit 30 Jahren steht das Areal unter Denkmalschutz. Gäste zu bewirten war hier in Vor-Corona-Zeiten wieder zur Tradition geworden. Wie schon vor Jahrhunderten.
HEILIGENHAUS Zwischen den weiten, saftig grünen Feldern und Wäldern des Vogelsangbachtals eingebettet, liegt malerisch der Herberger Hof – mitten im Naturschutzgebiet, am Rande des Paradieses. Alter Bruchstein blitzt aus dem Efeu-umrankten Gebäude hervor. Wege schlängeln sich vorbei an einem plätschernden Bächlein und einer davon führt direkt zu dem alten Bauernhaus, das von vielen Tieren eingerahmt ist.
Wer dem frühlingshaften Jahreszeitenpfad (unsere Readktion berichtete) vom Abtskücher Museum vorbei am Waldmuseum folgt und anschließend seinen Blick Richtung Norden schweifen lässt, der kann das alte Bauernhof-Ensemble gar nicht übersehen.
Seit 1938 ist das im Besitz der Familie Wüster. Der langjährige Besitzer Walter Wüster spürte der Geschichte seiner Heimat nach und konnte sie bis ins Jahr 1150 zurückverfolgen, in der der Hof das erste Mal erwähnt wird. Sein Wissen hat er einst für die Geschichtsvereinsbroschüre „Cis Hilinciweg“zusammengetragen. Zum Beispiel, wie seine Familie an den Hof kam, denn eigentlich bewirtschafteten seine Großmutter und sein Vater einen Hof in Wuppertal-Ronsdorf, Scharpenacker, den hatten sie aber der Deutschen Wehrmacht verkaufen müssen, die dort einen Truppenübungsplatz einrichtete.
Dass sie mit diesem Erlös jedoch den Herberger Hof von Landwirt
Karl Ten Eicken kaufen konnten, sei ein Glücksfall gewesen, schreibt Wüster – und damit übernahm die Familie einen geschichtsträchtigen Ort. „Der Name Ter Herberghen ist althochdeutscher Herkunft und verrät zweierlei: Einerseits muss der Hof bereits im Mittelalter diesen Namen getragen haben; andererseits hatte das Wort Herberghe – ähnlich dem heutigen Begriff Herberge
– die Bedeutung von Heereslager, Obdach, Unterkunft.“Nur wenige Höfe habe es zu dieser Zeit im Siedlungsraum Heiligenhaus gegeben und von großen Handelsstraßen, wie dem Hellweg oder dem Hilinciweg lag der Hof zu weit entfernt.
„Nur der Abt in Werden könnte den Hof als Herberge genutzt haben“, hier ganz in der Nähe des Hofes Hetterscheidtes, das als des
Abtes Küche galt. Zum Beispiel für dessen Gefolge. „Ein komplizierter Gedankengang“, wie Wüster selbst schreibt, der vermutet, dass der Hof Ter Herberghen zu diesem Zweck von der Abtei in Werden gegründet wurde. Darauf deute auch die Baugeschichte des Hofes hin, ein atypischer zweigeschossiger achtachsiger Bau, der an Benediktiner-Gewohnheiten erinnert. So gibt es ein „Sälchen“im Obergeschoss, das ein Bauernhaus aber eigentlich gar nicht benötige, sondern möglicherweise dem gemeinsamen Essen der Benediktinermönche diente. Später sollen dann auch Kohlentreiber in dem Haus gewohnt haben, bevor dann Wüsters den Hof übernahmen und über 33 Hektar Land bewirtschafteten.
Getreide, Rüben, Kartoffeln wurden
angebaut, steilere Flächen dienten als Weiden. Zuletzt war der Hof ein reiner Grünlandbetrieb, bevor die nächste Generation der Familie Wüster das Hofensemble übernommen hat und es auch im Sinne von Walter Wüster, der 2019 verstorben ist, weiter führt. Seit 2010 lädt das Café Herberge zur Einkehr in den alten Stall. Alte Stalltüren, Futtertröge und passende Holzfenster zieren so immer noch den Raum, kombiniert mit Stahlträgern bleibt das bäuerliche Ambiente erhalten und hat doch moderne Elemente. Mit hausgemachten Kuchen, Waffeln und Brotzeiten lädt der Herberger Hof – sofern es das Infektionsschutzgesetz bald wieder zulässt – also wieder, wie vor mehreren Jahrhunderten, zur Einkehr ein und bietet Obdach.