Wenn Gott helfen soll
Beten wird in besonderen Lagen wichtig. Im Rheinland geht das etwas leichter.
In dieser Statistik kommt das Rheinland nicht vor, obwohl hierzulande häufig ausgerufen wird: Da hilft nur noch Beten. Beim 1. FC Köln ist das wohl häufiger so, manchmal bei Borussia Mönchengladbach, bei Schalke 04 kann selbst die Fürbitte oft nichts mehr retten. In der Rangliste der betfreudigsten Länder der Welt liegt Deutschland ziemlich am Schluss, wird das Rheinland nicht einmal betrachtet. Dabei haben die Heiligen am Rhein eine besondere Tradition als Fürsprecher. Wobei schon das Suchen nach einem verlegten oder verloren geglaubten Gegenstand als Anlass gesehen wird, heiligen Beistand zu erbitten.
Meine Mutter, Jahrgang 1928, scheute, obwohl ansonsten in Glaubensfragen kritisch, nicht davor zurück, den heiligen Antonius anzurufen, wenn sie ihren Lieblingsring partout nicht finden konnte: „Heiliger Antonius, hilf“. Und tatsächlich kann ich bezeugen, dass allein die Bitte der Fortführung der Suche zusätzlich Intensität gab und nicht selten zum Erfolg führte. Selbst von Berufs wegen Gläubige setzen das Gebet ein, um sogar Sonderwünschen von Fangemeinden Nachdruck zu verleihen. Da wird in Gladbach oder Köln gern mal ein Kerzchen angemacht oder geläutet, wenn ein entscheidendes Fußballspiel ansteht. Wer jetzt glaubt, das sei alles Hokuspokus, kann sich durch die Statistik belehren lassen. So beten doch vier von fünf Bürger im Land immer dann, wenn es ihnen wichtig ist – beim Gottesdienst, in der Trauer, bei Hochzeiten, vor Operationen oder wichtigen
Prüfungen. Die Sport-Nothilfe dagegen scheint – so die Statistik – jenseits von Gladbach und Köln die Ausnahme. Für die große Mehrheit ist und bleibt das Gebet ein Notanker in stürmischer Zeit.
Davon berichten auch die Kirchen, die in der Pandemie vermehrte Anfragen in der Telefonseelsorge verzeichnen. Viele wollen offensichtlich mit sich selbst ins Reine kommen. Dazu passt, was mein Vater riet, wenn einer – von innerer Unruhe getrieben – zu ihm kam: „Beän dich jet“(„Bete mal für dich“). Papa hatte das rheinische Verständnis des Gebets verinnerlicht: Sich fallenlassen in Gottes Hand.
Unser Autor ist stellvertretender Chefredakteur. Er wechselt sich hier mit Politikredakteurin Dorothee Krings ab.