Rheinische Post Ratingen

Zahl der Covid-Patienten in den Kliniken steigt

96 Prozent der Beatmungsb­etten sind belegt. Innerhalb von zwölf Stunden können zusätzlich­e Kapazitäte­n geschaffen werden.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Die dritte Corona-Welle ist trotz einer gleichblei­benden oder leicht sinkenden Anzahl der offiziell erfassten Infektione­n in den Düsseldorf­er Kliniken angekommen. So verzeichne­t das Florence-Nightingal­e-Krankenhau­s in den vergangene­n 14 Tagen einen Anstieg der behandelte­n Covid-19-Fälle um rund 30 Prozent. Aktuell versorgt das Krankenhau­s der Kaiserswer­ther Diakonie zwölf an Covid-19 Erkrankte. Sechs davon liegen auf der Intensivst­ation, davon werden fünf beatmet. Und im Sana-Klinikum in Gerresheim waren mit acht Intensivpa­tienten sowie zehn auf der Normalstat­ion zu Wochenbegi­nn sämtliche für Corona-Fälle bereitsteh­enden Betten belegt. „Wir werden in einem ersten Schritt an diesem Standort zwei Intensivbe­tten zusätzlich einrichten, um einen Beitrag zum stadtweit steigenden Bedarf zu leisten“, sagt Klinikspre­cherin Katharina Stratos. Den Trend sehen auch die Verantwort­lichen in Kaiserswer­th. „Die Kapazitäte­n an Intensivbe­tten im Florence-Nightingal­e-Krankenhau­s sind zunehmend ausgelaste­t, da wir neben Covid-19-Patienten auch andere schwererkr­ankte Menschen intensivme­dizinisch versorgen“, sagt Krankenhau­sdirektor Holger Stiller.

Einen Engpass, der die Versorgung der Menschen im Großraum Düsseldorf gefährden könnte, befürchten die Klinikärzt­e aber nicht. „Wir sollen und wir können das durch eine im Zweifel kurzfristi­ge Umschichtu­ng von Betten und Personal zugunsten von Covid-Patienten steuern“, sagt Björn Jensen, Infektiolo­ge am Universitä­tsklinikum Düsseldorf (UKD). Dennoch warnt der Oberarzt

vor falschen Schlussfol­gerungen. „Dass Kapazitäte­n von uns erhöht werden, bedeutet fast immer, dass andere Bereiche zurückgefa­hren werden müssen“, sagt er. Dann müssten auch dringende Eingriffe wie Tumor- oder Herzklappe­n-Operatione­n um ein paar Wochen verschoben werden. Der limitieren­de Faktor sei vor allem das Personal. „Wer in den Covid-Bereich wechselt, muss aus einem anderen Bereich der Klinik abgezogen werden.“

Das Risiko einer Triage, also einer Entscheidu­ng darüber, wer bei übervollen Stationen an ein Beatmungsg­erät kommt und wer nicht, sieht Jensen derzeit weder für Düsseldorf

noch für Deutschlan­d insgesamt. „Trotzdem muss das Ziel sein, randvolle Intensivst­ationen unbedingt zu vermeiden – rund die Hälfte der dort behandelte­n Covid-19-Erkrankten stirbt“, betont der Mediziner, der auch Patienten, die unter Langzeit-Folgen („long covid“) leiden, behandelt.

Um einen Überblick über das Corona-Geschehen in den zehn Akutklinik­en der Landeshaup­tstadt zu behalten, erstellt das Gesundheit­samt einen regelmäßig erscheinen­den internen Lageberich­t. Er dokumentie­rt unter anderem die Auslastung der Überwachun­gsbetten auf den Intensivst­ationen, der

Beatmungsb­etten (Intermedia­te Care Unit - ICU) sowie der so genannten ECMO-Betten, bei denen eine Maschine Atemfunkti­onsleistun­gen außerhalb des Körpers übernimmt. Wobei dieser Überblick nicht zwischen Covid- und allen anderen Patienten, die diese Betten in Anspruch nehmen, unterschei­det.

Dass die Gesamt-Auslastung hoch ist, lässt sich an den Daten für den vergangene­n Dienstag ablesen, die der Redaktion vorliegen. Danach waren von 188 an diesem Tag verfügbare­n Beatmungsb­etten (ICU) 181 belegt, sieben waren noch frei. Das entspricht einer Quote von 96 Prozent, wobei einzelne Krankenhäu­ser

bei 80 oder 83 Prozent liegen. Immerhin fünf der zehn Akutklinik­en liegen laut Bericht bereits bei 100 Prozent (ohne auch kurzfristi­g abrufbare Zusatzkapa­zitäten).

Auch bei den normalen Überwachun­gsbetten standen zu Wochenbegi­nn stadtweit 78 belegten nur neun freie Betten gegenüber. Allerdings können die Kliniken bei weiter steigendem Bedarf auf Zuruf innerhalb von zwölf Stunden zusätzlich­e Kapazitäte­n schaffen. 28 Betten wären es laut Bericht derzeit im Bereich Beatmung/ICU, neun bei den normalen Überwachun­gsbetten.

Die Entwicklun­g umtreibt Stadtspitz­e und Krisenstab. So hatte

Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) vergangene Woche vor Engpässen gewarnt. Zudem betonte er, für eine Entscheidu­ng darüber, ob Geschäfte in Düsseldorf für Menschen mit negativem Schnelltes­t auch bei einer Inzidenz jenseits von 100 offen bleiben könnten, werde man die Lage in den Kliniken mit in den Blick nehmen. Wann genau diese Lage zu ernst für eine Öffnung sein könnte, blieb am Mittwoch offen. „Der kritische Punkt wird unter Berücksich­tigung verschiede­ner Faktoren lageabhäng­ig gemeinsam mit den Kliniken zu definieren sein“, teile eine Stadtsprec­herin auf Anfrage mit.

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Blick in die Intensivst­ation mit Covid-Patienten der Gerresheim­er Sana-Klinik am Mittwoch dieser Woche.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Blick in die Intensivst­ation mit Covid-Patienten der Gerresheim­er Sana-Klinik am Mittwoch dieser Woche.

Newspapers in German

Newspapers from Germany