Sherlock und seine Jugendgang
Eine Netflix-Serie zeigt eine neue Variante der beliebten Detektiv-Geschichte.
Arthur Conan Doyles (1859–1930) Geschichten rund um Sherlock Holmes und dessen Adresse Baker Street 221b sind in Kino und TV ein Hit. Wobei die Qualität in den vergangenen Jahren exponentiell stieg: Der drogensüchtige Holmes von Robert Downey Jr. mit den Steam-Punk-Elementen im historischen London begeisterte 2009 und 2011 im Kino. Der BBC-„Sherlock“mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle ist ein Höhepunkt der Serienkultur. Auch die US-Serie „Elementary“mit Jonny Lee Miller und Lucy Liu verpflanzt die Krimi-Geschichten in die Gegenwart. Der US-Film „Enola Holmes“machte aus der in „Sherlock“genial-wahnsinnig bösen Schwester auf Netflix eine Jugendgeschichte. Nun übernimmt eine Jugendbande das Kommando, Holmes und Watson werden zu Nebenfiguren. Mit gemischten Resultaten.
Rund um Baker Street 221b ereignet sich im London des vorletzten Jahrhunderts Mysteriöses: Babys werden entführt, und ein unheimlicher Vogelmann attackiert Verfolger mit einer Schar Raben, die Hitchcock neidisch machen würde. Eine bösartige Zahnfee nimmt alle Zähne der Kinder mit, dann gibt es Klone der Beklauten und Zombies. Mittendrin versuchen vier Jugendliche, den Rätseln auf den Grund zu gehen:
Bea (Thaddea Graham), ihre halluzinierende Schwester Jessie (Darci Shaw), der grobe Billy (Jojo Macari) und der clevere Spike (McKell David) leben zwar nicht auf der Straße, aber nicht weit davon entfernt im Keller einer Kneipe.
Ein schwer kranker Prinz (Harrison Osterfield) gesellt sich aus Herzensgründen zum Team. Bea erhält von Watson (Royce Pierreson) ihre Aufträge, versucht aber gleichzeitig zu erfahren, was es mit dem geheimnisvollen Sherlock (Henry LloydHughes) auf sich hat. Derweil lernt Jessie mithilfe einer leuchtenden Figur aus ihren Träumen, in die Köpfe der Bösewichte einzudringen.
Auch wenn das Übersinnliche in der „Baker Street“nah an FantasyGeschichtchen angesiedelt ist – die Jugendbande ist nicht weit hergeholt: „Lumpengehilfen“etwa gab es bereits in originalen Geschichten Doyles, in „A Study in Scarlet“und „The Sign of the Four“. Der Verfall Sherlocks, diesmal ein Junkie mit tragischer Vergangenheit, führt zur Geschichte von Beas Mutter, die mit ihm schon gegen den „Riss“zwischen den Welten kämpfte.
Die divers besetzte „Bande aus der Baker Street“hat eine Menge Vergangenheit und Traumata im Gepäck. Ein Problem stellen jedoch allzu saubere und künstlich heruntergekommene Kulissen und Kostüme dar. Hinzu kommen ein chargierender Holmes und Statisten, die deutlich auf die Teepause warten: So hat es gerade eine Geschichte, die hemmungslos Genres mixt, schwer mit der Glaubhaftigkeit.
Info „Die Bande aus der Baker Street“läuft bei Netflix.