Umzug ins KAP1 spätestens im November
Der Chef der Düsseldorfer Büchereien über das Lesen in der Pandemie und den bevorstehenden Umzug.
DÜSSELDORF Die Zentralbibliothek und einige Stadtteilbüchereien sind aktuell geöffnet – wie lange das so bleiben wird, ist angesichts der dynamischen Corona-Lage unsicher. Das Team hat in den vergangenen Monaten auf Hochtouren gearbeitet: verschiedene Ausleih-Angebote organisiert, digitale Veranstaltungen geplant und zwischendurch im Gesundheitsamt ausgeholfen. Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen für den Umzug in das neue Gebäude, der noch in diesem Jahr stattfinden soll. Büchereien-Chef Norbert Kamp spricht über das Lesen in der Pandemie und die Vorfreude auf ein neues Bibliothekserlebnis.
Herr Kamp, was haben Sie zuletzt gelesen?
NORBERT KAMP Das war „Der neunte Arm des Oktopus“von Dirk Rossmann.
Und wie hat es Ihnen gefallen? KAMP Es ist keine Weltliteratur, aber durchaus interessant geschrieben. Ausgesucht habe ich es mir aber natürlich auch, weil es ein Phänomen ist, über das alle reden. In meinem Beruf wird man auf so etwas angesprochen, und da will ich vorbereitet sein. Als nächstes habe ich mir den neuen Roman des Düsseldorfer Autors Horst Eckert vorgemerkt, der momentan bei uns aber überall ausgeliehen ist.
Momentan sind die Stadtbüchereien geöffnet – wie haben Sie das Auf und Ab des vergangenen Jahres erlebt?
KAMP Das war eine ziemliche Achterbahnfahrt. Als am 13. März 2020 die Schließungsentscheidung kam, hat mich das kalt erwischt – gerade am Tag zuvor hatte es noch eine Präsenzveranstaltung zur Digitalen Stadt gegeben. Am Samstag bin ich dann durch die sparsam beleuchteten Räume der geschlossenen Zentralbibliothek gegangen, mit einem sehr merkwürdigen Gefühl im Bauch. So etwas habe ich in den vielen Jahren, die ich schon hier bin, nie erlebt.
Sie haben aber schnell Wege gefunden, wie Ihre Kunden trotzdem an Bücher kamen...
KAMP Glücklicherweise sind unsere Kundinnen und Kunden ohnehin daran gewöhnt, beispielsweise digital Bücher aus unserem Katalog auszusuchen und vorzubestellen. Daher konnten wir ohne Probleme einen „Click & Collect“-Service einrichten, bei dem man dann seine Bücher vor Ort bei uns abholen konnte.
Sind Bücher eigentlich Virenträger? KAMP Darüber haben wir uns anfangs tatsächlich Gedanken gemacht und sind auch gar nicht selten danach gefragt worden. Wir haben sogar darüber nachgedacht, ob ein Buch nach der Rückgabe erst einmal sozusagen in Quarantäne muss. Es gibt aber Untersuchungen, die klar besagen, dass von Büchern keine Infektionsgefahr ausgeht. Dass die
Leute sich das fragen, ist aber gar nicht überraschend. Wir wissen aus Erfahrung auch, dass vielen der Zustand der Bücher sehr wichtig ist – wenn er verschmutzt ist, bleibt bei uns auch ein Bestseller im Regal stehen.
Zwischendurch haben einige Bücherei-Mitarbeiter im Gesundheitsamt ausgeholfen, dafür wurden Stadtteilbüchereien geschlossen. Ist das mangelnde Wertschätzung für Ihre Arbeit?
KAMP So haben wir das nicht gesehen. Wir haben zwar Beschwerden deswegen verzeichnet, weil es für die Entscheidung nicht überall Verständnis gab. Aber es existierte gleichzeitig eben ein großer Bedarf im Gesundheitsamt, viele Ratsuchende meldeten sich dort – und das ist ein Feld, in dem unsere Kollegen sehr gut sind. Ihre kommunikativen Fähigkeiten haben sie dort schnell geradezu unentbehrlich gemacht.
Welche Rolle spielt in der Pandemie Ihr digitales Ausleih-Angebot, die Onleihe?
KAMP Die Onleihe hat während der Pandemie-Zeit unglaublich stark zugelegt. Wir hatten im Vergleich zu anderen Kultureinrichtungen den enormen Vorteil, dass es dieses Angebot seit Jahren gab und es stabil funktionierte – wir mussten das nicht neu erfinden. Rund 5000
Neuanmeldungen bei der Onleihe haben wir im vergangenen Jahr verzeichnet; das ist sogar im Vergleich zu der ohnehin positiven Entwicklung nochmal ein richtiger Schub. Das Digitale hat uns aber nicht nur bei der Ausleihe geholfen, sondern auch bei Veranstaltungen. Weil wir Dinge wie unser #blogsofa auch früher schon gestreamt haben, war die Technik dafür vorhanden.
Konnten Sie Ihr gesamtes Angebot ins Internet verlegen?
KAMP Das natürlich nicht, aber es war vieles möglich. Wir haben jetzt 40 digitale Veranstaltungen für die nächsten Wochen im Kalender, von Kinder-Lesungen über kommunikative Dinge wie den BuchTalk bis zu Krimi-Vorstellungen. Diese Formate funktionieren gut und sind definitiv eine Perspektive auch nach der Corona-Zeit – zumal unser Team über die Monate viel dazugelernt hat. Alles war aber nicht ersetzbar. Corona hat uns auch gezeigt, dass Büchereien als kommunikative Orte geschätzt werden, an denen Menschen sich aufhalten möchten.
Wird sich das auch in der Gestaltung Ihrer neuen Räume im KAP 1 niederschlagen?
KAMP Die Pandemie hat uns noch einmal bewusst gemacht, wie gut die Entscheidung für den Umzug in diese Räume war. Die Menschen möchten nicht nur schnell ein Buch ausleihen und dann wieder gehen. Die Aufenthaltsqualität, die sie sich wünschen, können wir ihnen künftig noch besser bieten, davon bin ich überzeugt. Das beginnt ja schon mit unseren Öffnungszeiten, die wir noch stärker an die Bedürfnisse der Menschen anpassen werden – künftig wird die Zentralbibliothek sogar sonntags geöffnet sein.
Was sind die sonstigen Vorzüge im KAP1?
KAMP Zunächst einmal war es ein großes Glück, dass wir weiterhin so nah am Hauptbahnhof sind, schon einige hundert Meter weiter wäre es schwieriger geworden in einer Pendlerstadt wie Düsseldorf. Dazu kommt, dass unsere 8000 Quadratmeter Fläche auf nur zwei Ebenen verteilt sein werden und nicht über viele Stockwerke – das macht alles transparenter. Schade ist natürlich, dass wir keine Erdgeschossflächen haben, aber das war in diesem Gebäude nicht machbar.
Was wird den Nutzern besonders gefallen?
KAMP Vielleicht die Tatsache, dass wir unterschiedlichen Vorlieben noch besser entgegenkommen. Einige Besucher sind kommunikativ, mit ihnen wird es auch einmal lauter. Das ist auf unserer unteren Etage so eingeplant, dort sind beispielsweise auch unsere Kinder-Bibliothek und ein Café. Auf der oberen Etage wird es ruhiger sein, dort sind sehr viele Arbeitsplätze geplant. Insgesamt rechnen wir damit, dass wir im KAP1 mehr als eine Million Besucher im Jahr erreichen werden.
Werden Sie trotz Corona pünktlich eröffnen können?
KAMP Corona hat uns jedenfalls nicht ausgebremst. Wir werden ein wenig später eröffnen, als wir es ursprünglich einmal angedacht hatten, aber das ist alles in einem normalen Rahmen. Schließlich gab es zwischendurch auch immer mal wieder Dinge zu lösen.
Was beispielsweise?
KAMP Ich schwärme ja sehr von dem Gebäude, aber im Vergleich zu berühmten modernen Bibliotheken wie in Kopenhagen oder Oslo ist das KAP1 als ehemaliges Logistikgebäude nicht lichtdurchflutet. Wir hatten einen hervorragenden Lichtarchitekten, der uns in diesem Punkt mit einigem Aufwand geholfen hat. Auf diese Weise haben wir eine Lösung gefunden, mit der man vergisst, dass man nicht so viel Tageslicht hat.
Und wann geht es nun los?
KAMP Das genaue Datum wird gerade festgelegt, momentan rechne ich mit einer Eröffnung bis spätestens Anfang November. Es wäre schön, wenn bis dahin auch die Rahmenbedingungen wieder andere wären. Ich verrate gerne schon jetzt, dass wir die Düsseldorfer nicht lange auf unseren Service verzichten lassen werden – geplant ist, dass wir weitgehend im „laufenden Betrieb“umziehen.
Das neue Gebäude ist ja eigentlich so nah, dass Sie die Umzugskartons auch zu Fuß nach drüben tragen könnten...
KAMP (lacht) Alle Medien wären vielleicht ein bisschen viel des Guten, auch wenn wir einige Dinge aussortieren und nicht mit herübernehmen. Aber natürlich denken wir über die eine oder andere schöne Aktion nach. Eine Art Bücherkette durch den Hauptbahnhof könnte dazu gehören.