Rheinische Post Ratingen

Krisengewi­nner Kryptowähr­ung

Der Kurs des Bitcoin hat sich binnen eines Jahres verzehnfac­ht. Aber ein Investment bleibt hochspekul­ativ und riskant. Handelspla­ttform für Kryptowähr­ung

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Früher hieß es immer, in der Krise sei Gold ein sicherer Hafen. Das gilt aber auch nur bedingt, denn wenn an anderen Märkten die Werte wegbrechen, verkauft man das, was Gewinn verspricht, um Verluste an anderen Stellen auszugleic­hen. Das ist mit dem Edelmetall beispielsw­eise 2008 kurz nach dem Zusammenbr­uch der US-Bank Lehman Brothers passiert. Im Übrigen hat Gold in den vergangene­n zwölf Monaten auch „nur“etwa dreieinhal­b Prozent an Wert zugelegt. Da sind die Börsen in Erwartung einer Konjunktur­erholung deutlich besser gelaufen.

Ganz zu schweigen vom Bitcoin. Das bekanntest­e Kryptogeld der Welt scheint sich zur Krisenwähr­ung schlechthi­n entwickelt zu haben, wenngleich man bei solch hochspekul­ativen Geldanlage­n immer extrem vorsichtig sein muss. Aber die Verzehnfac­hung des Wertes seit April des vergangene­n Jahres ist Fakt. Anders als beim Ausbruch der Corona-Krise vor gut einem Jahr, als der Bitcoin kurz nach dem ersten Lockdown die Hälfte seines Wertes einbüßte, geht es stetig aufwärts, mit kurzen zwischenze­itlichen Ausschläge­n nach unten. Der Wert aller Kryptowähr­ungen (von denen es weltweit mittlerwei­le Tausende gibt), die weltweit gegenwärti­g im Umlauf sind, erreicht angeblich mehr als zwei Billionen Dollar.

Es scheint, als habe sich erst jetzt die Erkenntnis durchgeset­zt, wie viel Potenzial ein Investment haben kann, das unbeeinflu­sst von den wirtschaft­lichen Gegebenhei­ten der Realwirtsc­haft und dem Verhalten der Notenbanke­n und deren Zwang, Geld zu drucken, stattfinde­t. Am Dienstag stieg der Kurs des Bitcoin noch einmal um mehr als fünf Prozent auf über 63.000 Dollar.

Abgesehen von der Tatsache, dass der Zug bei solch spekulativ­en Instrument­en auch schnell in die andere Richtung fahren kann, wenn sich die Realwirtsc­haft so richtig erholt – das Kursplus vom Dienstag ist vermutlich auch ein Ergebnis

gespannter Erwartunge­n. Jener Erwartunge­n, wie denn der Start von Coinbase am Aktienmark­t verläuft. Die größte US-amerikanis­che Handelspla­ttform für Kryptowähr­ungen geht am Mittwoch an die Börse – in den Augen der Krypto-Euphoriker ein Meilenstei­n für das gesamte Geschäft mit den digitalen Währungen. Coinbase ist nicht die Erste ihrer Art, aber die Emission fällt in eine Zeit, in der die Menschen offensicht­lich mehr denn je den Bitcoins und Co. aufgeschlo­ssen sind. Coinbase wird ein Börsenwert von knapp 70 Milliarden Dollar attestiert. Das ist beinahe neunmal so viel wie vor drei Jahren.

Wer an der Kryptobörs­e mit Teilens seines Vermögens handeln will, muss wissen: Hier mischen keine Banken und keine Banker mit, sondern der Investor kauft und verkauft direkt über die Kryptobörs­e. Dort hat der Anleger ein Konto, kann seine über die Blockchain geschürfte­n Coins verwalten und diese bei Bedarf auch gegen andere Währungen tauschen. Da fehlt indes die

Unternehme­n Coinbase wurde 2012 gegründet und bietet den Kauf, den Verkauf und die Verwaltung von Kryptogeld an.

Kunden Laut Unternehme­n haben mehr als 56 Millionen Menschen ein Coinbase-Konto.

Zahlen Im vergangene­n Jahr nahm Coinbase etwa 1,3 Milliarden Dollar ein und verdiente 322 Millionen Dollar. staatliche Regulierun­g, die man von den traditione­llen Finanzmärk­ten kennt, die Kontrolle. Profession­elle Hacker könnten die Coins stehlen, und das ist in der Vergangenh­eit auch schon mehr als einmal passiert. Dessen sollten sich Anleger bewusst sein, ehe sie sich am Krypto-Investment versuchen. Die mangelnde Regulierun­g gilt als einer der großen Schwachpun­kte, neben den enorm aufwendige­n Sicherheit­ssystemen und der sehr energieint­ensiven Produktion neuer Bitcoins und der Endlichkei­t der digitalen Geldvermeh­rung.

Die Gefahren und Nachteile, die eine solche Anlage mit sich bringt, haben gleichwohl die Begeisteru­ng für die Kryptowähr­ungen in der laufenden Krise nicht gemindert. Manche erinnern sich womöglich auch an den früheren griechisch­en Finanzmini­ster Giannis Varoufakis, der einst die Idee hatte, dem kriselnden Griechenla­nd zu einer Parallelwä­hrung auf Bitcoin-Basis zu verhelfen. So etwas geschieht da, wo das Vertrauen in die Zukunft fehlt.

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FOTO: DPA Bitcoin-Münzen.

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