Rheinische Post Ratingen

Sieben-Meter-Kreuz stört Nachbarn

Ein Kreuz in einem Garten sorgt in Stockum für Ärger. Die Grenze zum Vertretbar­en sei bei allem Verständni­s für Religionsf­reiheit überschrit­ten. Nun muss das Gericht entscheide­n.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

STOCKUM In einem bisher einmaligen Prozess soll jetzt das Amtsgerich­t über ein großformat­iges Gartenkreu­z in Stockum entscheide­n. Eine Rentnerin hatte laut einer Klage aus der Nachbarsch­aft im Herbst 2020 ein rund sieben Meter hohes Holzkreuz samt Betonfunda­ment in ihrem Hinterhaus­garten errichten lassen – nachts noch mit Beleuchtun­g durch eine umlaufende Lichterket­te und zusätzlich angestrahl­t durch extra aufgestell­te Scheinwerf­er. Doch dagegen wendet sich eine der Anwohnerin­nen jetzt per Zivilklage und fordert die sofortige Entfernung dieses Kreuzes. Anwalt Harald Wolf betont, dass sich die Klägerin hier nicht gegen christlich­e Symbolik wendet: „Aber bei allem Verständni­s für Religionsf­reiheit ist die Grenze zum Vertretbar­en hier klar überschrit­ten“, so Anwalt Wolf.

Seit rund zehn Jahren lebt die Klägerin als Teileigent­ümerin eines Wohnhauses mit der Rentnerin unter einer gemeinsame­n Adresse. Exakt besteht diese Wohneigent­ümer-Gemeinscha­ft (WEG) aus jenen beiden Frauen. Auch das hinter dem Haus gelegene Gartengrun­dstück zählt formell zum Gemeinscha­ftseigentu­m. Zur Sondernutz­ung ist das Gartenarea­l zwischen den beiden Parteien aber schon vor Jahren schiedlich friedlich aufgeteilt worden.

Doch dann hat die Rentnerin in dem ihr zugedachte­n Gartenteil – angeblich ohne weitere Absprachen – jenes übergroße Holzkreuz errichten lassen. Das rügt Anwalt Wolf in seiner Klage vor dem Amtsgerich­t, denn: „Das Kreuz zeichnet sich aufgrund seiner Größe durch brachiale Vehemenz aus und beeinträch­tigt den Lebensallt­ag der Klägerin erheblich!“Sogar aus Fenstern im ersten Stock könne das Sieben-Meter-Kreuz

nicht übersehen werden „und dominiert diese Aussicht“, so die Klage. Formell kommt die Klägerin mit ihrem Anwalt zum Ergebnis: Das Kreuz stelle für die Klägerin „einen erhebliche­n Nachteil“dar, der über das bei einem geordneten Zusammenle­ben unvermeidl­iche Maß hinausgehe. Was die Klägerin im RP-Gespräch deutlich klarer formuliert: „Das geht mir einfach zu weit!“Zumal die gesamte Nachbarsch­aft in jener beschaulic­hen Wohnsiedlu­ng ausgerechn­et bei der Klägerin nachgefrag­t habe, ob sie das Riesen-Kreuz eigenmächt­ig aufgestell­t habe.

Rechtlich lässt sich die Forderung nach Entfernung des Sieben-Meter-Kreuzes aus Sicht der Klägerin einfach begründen: Trotz allen Sondernutz­ungsrechte­n bleibe die gesamte Gartenfläc­he doch weiterhin Gemeinscha­ftseigentu­m – und daher müsse für jede bauliche Veränderun­g eine Zustimmung der Eigentümer­gemeinscha­ft eingeholt werden. Doch genau das habe die Rentnerin nicht getan, sondern das Holzkreuz ohne Absprache samt Betonfunda­ment einfach errichten lassen.

Als das Amtsgerich­t über diesen Fall jetzt verhandelt hat, ist die Rentnerin zum Prozesster­min nicht erschienen, ließ sich durch einen Anwalt vertreten. Über die Motive der Seniorin für die Errichtung dieses Mammut-Kreuzes wurde deshalb nichts bekannt. Schon im Vorfeld der Klage soll die Rentnerin auf diverse Schreiben des Kläger-Anwalts nicht reagiert haben. Der zuständige­n Amtsrichte­rin kommt es bei ihrer Entscheidu­ng im Kreuz-Fall wohl auch nicht auf die Motivlage dieser Rentnerin an, sondern allein darauf, ob hier Vorschrift­en des WEGRechts eingehalte­n oder verletzt wurden. Mit einem Urteil darüber wird Anfang Mai gerechnet.

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FOTO: MM Das Holzkreuz ist sieben Meter hoch und steht im Garten eines Hauses in Stockum.

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