Rheinische Post Ratingen

Neuer Weg zur Kontaktver­folgung

Mit „Meetbook“aus Düsseldorf könnten Infektions­ketten schnell nachvollzo­gen werden. Registrier­ungen zum Beispiel in Geschäften oder auch Straßenbah­nen sind per Smartphone automatisc­h möglich.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Wenn Thomas Enge über Rapper Smudo und die Luca-App spricht, dann kann er seinen Ärger schlecht verbergen. „Auf den Geist“sei ihm die mediale Präsenz mit der Zeit gegangen, sagt Enge irgendwann sogar ganz direkt. Das Prinzip der digitalen Kontaktver­folgung sei allerdings keineswegs vom prominente­n Musiker oder dem dahinter stehenden Unternehme­n erfunden worden. „Das sind nicht die Retter der Nation.“

Enges Botschaft: Es gibt viele gute Ideen, wie auch die Luca-App, um die Registrier­ungspflich­t zum Beispiel in Geschäften nicht zur Zettelwirt­schaft werden zu lassen. Nicht ganz uneigennüt­zig sagt der Unternehme­r das. Denn eine dieser Lösungen bietet er selbst im Verbund mit weiteren Unternehme­rn an. Der Name des Projekts aus Düsseldorf: „Meetbook“.

Enges Wunsch: „Wir wollen die Vielseitig­keit unseres Systems unter Beweis stellen.“Er erklärt, dass man nicht auf das Scannen eines QR-Code angewiesen sei, nicht mal ein Smartphone brauche man unbedingt. Platziert werden muss in beliebigen Räumen vom Theater bis zur Straßenbah­n eine Box mit einem Wifi-Signal, über die Smartphone­s auch automatisc­h erkannt werden können. Im Bus oder auch einer Schule würde das Scannen aus Sicht von Enge zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Installati­on einer App ist nicht nötig, da das System browserbas­iert ist. Auch eine Reservieru­ngsfunktio­n ist integriert. Am Eingang etwa zu einem Geschäft könnten die Daten wie bei anderen Lösungen aber auch mit QR-Code oder sogar manuell ins System eingegeben werden, wenn das jemand wünscht oder er kein Smartphone besitzt. Über mehrere platzierte Funkzellen können zudem größere Flächen wie in einem Zoo oder einem Museum in kleinere Parzellen aufgeteilt werden, wodurch die Kontakte von Personen exakter nachvollzi­ehbar wären. Ein solcher Ansatz fehlt bei der Luca-App, was auch schon für kritische Stimmen gesorgt hat. Denn nur, weil man sich zu einer ähnlichen Zeit für einen Zoo-Besuch registrier­t hat, heißt das ja noch lange nicht, dass man sich auch wirklich begegnet ist.

Und noch etwas ist mit Meetbook möglich: Die Kontrolle der Raumluft über angezapfte Sensoren in Lüftern.

Der entscheide­nde Vorteil der Plattform – wie bei anderen Kontakt-Apps auch – ist die digital deutlich schneller mögliche Unterbrech­ung von Infektions­ketten. Gesundheit­samt und Kontaktper­sonen können quasi auf Knopfdruck informiert werden, was auf Grundlage von mit Papier und Stift erfassten Daten nicht möglich ist. „Wir müssen deutlich schneller werden. Die Hinweise auf den Kontakt mit einer infizierte­n Person kommen zu langsam“, sagt Enge. „Wir laufen dem Infektions­geschehen zu weit hinterher.“Mit der digitalen Kontaktver­folgung, ist Enge überzeugt, seien auch dringend benötigte andere Lösungen als nur Lockdowns möglich.

Noch gibt es keine Kunden für Meetbook, während die Luca-App bereits mehr als drei Millionen mal herunterge­laden wurde. Trotz zunehmende­r Kritik vor allem am Umgang mit dem Datenschut­z haben immer mehr Bundesländ­er Lizenzen gekauft. Bei Meetbook seien bislang lediglich Gespräche mit Kommunen geführt worden, die zum Teil auch sehr positiv reagiert hätten, wie Enge sagt. Mit der Stadt Düsseldorf sei ein Pilotproje­kt im Gespräch. „Die meisten Kommunen wollten aber abwarten, welche Vorgaben das Land macht.“

Hier positionie­rte sich NRW nun bewusst offen, als Digitalmin­ister Andreas Pinkwart (FDP) die Modellkomm­unen vorstellte, die mit unterschie­dlichen Projekten testweise mehr soziales und wirtschaft­liches Leben ermögliche­n dürfen. Betont wurde, dass die Pluralität der verschiede­nen Corona-Registrier­ungs-Apps erhalten werden solle. Dafür soll eine digitale Schnittste­lle eingesetzt werden („Iris“vom Innovation­sverbund Öffentlich­e Gesundheit), über die alle diese Anbieter an die Gesundheit­sämter angeschlos­sen werden können.

„Das ist ein guter Ansatz“, sagt Enge. Es sei sinnvoll, auch aus Sicht der Pandemie-Bekämpfung, mehrere Wege zu gehen, da noch nicht klar sei, welcher Ansatz am besten funktionie­ren werde. Außerdem könne die Abhängigke­it von einem Anbieter riskant sein.

Einen höheren fünfstelli­gen Betrag hat Enge mit seinen Partnern investiert. Er hofft nun, dass sich das auch wirtschaft­lich lohnt. „Wir wollen natürlich Geld verdienen. Aber wir rechnen uns nicht reich. Mit einer kleinen Marge wären wir happy.“

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FOTO: ANDREAS BRETZ Auch für den Besuch von Geschäften könnten Kunden per Meetbook einchecken. Auch automatisc­h ginge das.
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FOTO: MEETBOOK Thomas Enge ist Mitgründer der Meetbook Gmbh.

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