Neuer Weg zur Kontaktverfolgung
Mit „Meetbook“aus Düsseldorf könnten Infektionsketten schnell nachvollzogen werden. Registrierungen zum Beispiel in Geschäften oder auch Straßenbahnen sind per Smartphone automatisch möglich.
DÜSSELDORF Wenn Thomas Enge über Rapper Smudo und die Luca-App spricht, dann kann er seinen Ärger schlecht verbergen. „Auf den Geist“sei ihm die mediale Präsenz mit der Zeit gegangen, sagt Enge irgendwann sogar ganz direkt. Das Prinzip der digitalen Kontaktverfolgung sei allerdings keineswegs vom prominenten Musiker oder dem dahinter stehenden Unternehmen erfunden worden. „Das sind nicht die Retter der Nation.“
Enges Botschaft: Es gibt viele gute Ideen, wie auch die Luca-App, um die Registrierungspflicht zum Beispiel in Geschäften nicht zur Zettelwirtschaft werden zu lassen. Nicht ganz uneigennützig sagt der Unternehmer das. Denn eine dieser Lösungen bietet er selbst im Verbund mit weiteren Unternehmern an. Der Name des Projekts aus Düsseldorf: „Meetbook“.
Enges Wunsch: „Wir wollen die Vielseitigkeit unseres Systems unter Beweis stellen.“Er erklärt, dass man nicht auf das Scannen eines QR-Code angewiesen sei, nicht mal ein Smartphone brauche man unbedingt. Platziert werden muss in beliebigen Räumen vom Theater bis zur Straßenbahn eine Box mit einem Wifi-Signal, über die Smartphones auch automatisch erkannt werden können. Im Bus oder auch einer Schule würde das Scannen aus Sicht von Enge zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Installation einer App ist nicht nötig, da das System browserbasiert ist. Auch eine Reservierungsfunktion ist integriert. Am Eingang etwa zu einem Geschäft könnten die Daten wie bei anderen Lösungen aber auch mit QR-Code oder sogar manuell ins System eingegeben werden, wenn das jemand wünscht oder er kein Smartphone besitzt. Über mehrere platzierte Funkzellen können zudem größere Flächen wie in einem Zoo oder einem Museum in kleinere Parzellen aufgeteilt werden, wodurch die Kontakte von Personen exakter nachvollziehbar wären. Ein solcher Ansatz fehlt bei der Luca-App, was auch schon für kritische Stimmen gesorgt hat. Denn nur, weil man sich zu einer ähnlichen Zeit für einen Zoo-Besuch registriert hat, heißt das ja noch lange nicht, dass man sich auch wirklich begegnet ist.
Und noch etwas ist mit Meetbook möglich: Die Kontrolle der Raumluft über angezapfte Sensoren in Lüftern.
Der entscheidende Vorteil der Plattform – wie bei anderen Kontakt-Apps auch – ist die digital deutlich schneller mögliche Unterbrechung von Infektionsketten. Gesundheitsamt und Kontaktpersonen können quasi auf Knopfdruck informiert werden, was auf Grundlage von mit Papier und Stift erfassten Daten nicht möglich ist. „Wir müssen deutlich schneller werden. Die Hinweise auf den Kontakt mit einer infizierten Person kommen zu langsam“, sagt Enge. „Wir laufen dem Infektionsgeschehen zu weit hinterher.“Mit der digitalen Kontaktverfolgung, ist Enge überzeugt, seien auch dringend benötigte andere Lösungen als nur Lockdowns möglich.
Noch gibt es keine Kunden für Meetbook, während die Luca-App bereits mehr als drei Millionen mal heruntergeladen wurde. Trotz zunehmender Kritik vor allem am Umgang mit dem Datenschutz haben immer mehr Bundesländer Lizenzen gekauft. Bei Meetbook seien bislang lediglich Gespräche mit Kommunen geführt worden, die zum Teil auch sehr positiv reagiert hätten, wie Enge sagt. Mit der Stadt Düsseldorf sei ein Pilotprojekt im Gespräch. „Die meisten Kommunen wollten aber abwarten, welche Vorgaben das Land macht.“
Hier positionierte sich NRW nun bewusst offen, als Digitalminister Andreas Pinkwart (FDP) die Modellkommunen vorstellte, die mit unterschiedlichen Projekten testweise mehr soziales und wirtschaftliches Leben ermöglichen dürfen. Betont wurde, dass die Pluralität der verschiedenen Corona-Registrierungs-Apps erhalten werden solle. Dafür soll eine digitale Schnittstelle eingesetzt werden („Iris“vom Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit), über die alle diese Anbieter an die Gesundheitsämter angeschlossen werden können.
„Das ist ein guter Ansatz“, sagt Enge. Es sei sinnvoll, auch aus Sicht der Pandemie-Bekämpfung, mehrere Wege zu gehen, da noch nicht klar sei, welcher Ansatz am besten funktionieren werde. Außerdem könne die Abhängigkeit von einem Anbieter riskant sein.
Einen höheren fünfstelligen Betrag hat Enge mit seinen Partnern investiert. Er hofft nun, dass sich das auch wirtschaftlich lohnt. „Wir wollen natürlich Geld verdienen. Aber wir rechnen uns nicht reich. Mit einer kleinen Marge wären wir happy.“