Rheinische Post Ratingen

Population hat sich erholt: Graureiher brüten im Neandertal

Zwei Kolonien haben sich an den Teichen häuslich eingericht­et, berichtet Wolfgang Sternberg vom Naturschut­zbund.

- VON DIRK NEUBAUER

METTMANN Das kehlig-raue, laute Krächzen weist Wanderern den Weg: Nahe Haus Wanderclub und an der Winkelsmüh­le haben sich zwei Kolonien von Graureiher­n im Neandertal niedergela­ssen und ihre Nester gebaut. Dass ihnen Menschen vom Wanderweg aus bei der Brut und der anschließe­nden Aufzucht der Jungen zuschauen werden, irritiert die Wildvögel nicht, sagt Wolfgang Sternberg vom Naturschut­zbund Nabu: „Die beiden Reiherkolo­nien im Neandertal sind an Spaziergän­ger gewöhnt, solange die Menschen auf Abstand bleiben und nicht über den dortigen Zaun klettern.“Mit dem Handy oder einem Fotoappara­t lassen sich in diesen Tagen tolle Bilder machen – wie RP-Leser Bernard Stoll beweist, der das nebenstehe­nde Foto geschossen hat.

„Entlang der Teiche habe sich die Graureiher häuslich eingericht­et“, beobachtet Nabu-Experte Sternberg. Dabei sah es lange Zeit nicht gut aus für den Graureiher. Denn Angler und Fischer stellten den Raubvögeln nach, die sich von Fischen und Amphibien ernähren und deshalb als lästige Räuber galten. Auch die Eigentümer von Gartenteic­hen, in denen teils eindrucksv­oll gemusterte und dementspre­chend wertvolle Koi-Karpfen gründeln, wissen von den pfeilschne­llen und immer hungrigen Räubern ein Lied zu singen. „In Richtung Haan hatten sich einige Reiher regelrecht darauf spezialisi­ert, die Gartenteic­he regelmäßig zu besuchen“, berichtet Sternberg. Sobald sich die Gelegenhei­t dazu biete, schlage sich ein Graureiher, salopp formuliert, den Magen voll.

Dass Wanderer fünf bis sechs der eigentlich am Wasser lebenden Großvögel auf den Feldern oberhalb des Neandertal­s stehen sehen, ist keine optische Täuschung. Denn neben allerlei Wassergeti­er bestimmen Mäuse den Speisezett­el der Graureiher. „Um diese flinken Nager zu fangen, stehen die Graureiher meist sehr lange völlig unbeweglic­h an einem Ort – und schlagen erst dann zu, wenn die Mäuse arglos vorbei laufen“, berichtet Sternberg. Die Mäuse würden überwiegen­d außerhalb der Brutzeit verspeist, die jetzt beginne; ein pelziger Herbstsnac­k gewisserma­ßen.

„Im Neandertal fühlen sich die Reiher wohl“, sagt Sternberg, der an der Kolonie alle paar Wochen nach dem Rechten sieht. Graureiher waren bis Mitte der 1970er Jahre vom Aussterben bedroht. Die Bestände gingen immer weiter zurück, weil Angler und Fischzücht­er den Reihern nachstellt­en, wo immer sie das konnten. Seit die Art unter Naturschut­z gestellt ist, sind Uhu und Waschbär die größten Fressfeind­e der Reiher – vor allem, wenn Eier im Nest liegen oder Junge frisch geschlüpft sind. „Mein Einruck ist, dass die Angler mittlerwei­le gelassener mit den Graureiher­n umgehen“, sagt Wolfgang Sternberg.

Der Erfolg des Naturschut­zes sei – unter anderem im Neandertal – sichtbar: Auch dort sei die Reiherpopu­lation wieder deutlich angewachse­n. Im Kreis Mettmann tauchen die eleganten Flieger in größerer Zahl in der Urdenbache­r Kämpfe, am Elbsee und dem benachbart­en Dreieckswe­iher auf. Wer sich dort in die Langbeine verguckt, kann laut Sternberg in der Zeit nach Corona einen Ausflug in die französisc­he Bretagne machen. Dort findet sich Jahr für Jahr die größte Reiherkolo­nie Europas ein. „Bis zu 1900 Brutpaare wurden in der Bretagne bereits gezählt.“Im Neandertal sind es demgegenüb­er in der größeren Kolonie nahe dem Wanderclub bis zu 40 Brutpaare, an der Winkelsmüh­le zählte er weitere 15 Reiherelte­rn, die dort für Nachwuchs sorgen und diesen anschließe­nd als Gruppe vor Angreifern schützen.

 ?? FOTO: STOLL ?? Stilleben mit Graureiher: Bernard Stoll fotografie­rte den Teil einer von insgesamt zwei Kolonien entlang der Düssel.
FOTO: STOLL Stilleben mit Graureiher: Bernard Stoll fotografie­rte den Teil einer von insgesamt zwei Kolonien entlang der Düssel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany