„Endlich haben wir eine klare Auskunft“
Der Fußball-Verband Niederrhein beendet die Spielzeiten aufgrund der Coronavirus-Pandemie ohne Wertung. Reaktionen dazu.
NIEDERRHEIN Die Entscheidung war für den Fußball-Verband Niederrhein (FVN) nicht einfach, aber aufgrund der steigenden Inzidenzzahlen in der Coronavirus-Pandemie und des immer kleiner werdenden Zeitfensters alternativlos: Am Montag machte er die einstimmig beschlossene Annullierung der bis dahin nur unterbrochenen Saisons von den Kreisligen bis zur Oberliga offiziell. Auch die Spielzeiten der Frauen und Jugendlichen werden abgebrochen. Damit gibt es weder Meister noch Auf- oder Absteiger.
Der FVN erklärt, dass „aufgrund der Coronavirus-Pandemie lediglich weniger als 50 Prozent der Spiele in allen Gruppen durchgeführt werden können“. Immerhin ist vom Land NRW Amateur-Kontaktsport bis 26. April untersagt, und der Verband geht nicht davon aus, dass sich das danach sofort ändert. Für einen Re-Start seien mindestens vier Wochen Vorbereitungszeit nötig, da die Saison seit Ende Oktober unterbrochen war. „Gemäß der Spielordnung des Westdeutschen Fußball-Verbandes endet das Spieljahr am 30. Juni“, schreibt der FVN – bis dahin hätte man nicht ausreichend Spiele für eine Wertung haben können.
Verbands-Präsident Peter Frymuth sagt: „Die Beendigung einer Saison ohne Wertung ist eine Situation, die wir uns alle nicht vorstellen konnten. Aber die Entwicklung der Pandemie hat uns in den vergangenen Wochen deutlich gemacht, dass es wohl keine andere Möglichkeit geben würde.“Auch die Vereine hätten eine Fortsetzung nicht für sinnvoll gehalten. „Der Wunsch nach Planungssicherheit stand im Vordergrund. Für das Vereinsleben und insbesondere für die Kinder und Jugendlichen wäre es wichtig, dass in den Verordnungen die Möglichkeiten für den Trainingsbetrieb bestehen bleiben“, mahnt Frymuth.
Zum Start der Spielzeit hatte sich Ratingen 04/19 in der Oberliga mit nur neun Spielen auf Rang vier festgesetzt. Der beste Start des Jahrtausends der Vereinshistorie wird nun annulliert. Dennoch sagt Vorsitzender Jens Stieghorst zur Entscheidung des FVN: „Kurz und gut: erwartungsgemäß. Wir haben die ganze Zeit damit gerechnet, der Verband hat uns immer gut informiert und alle in Videokonferenzen mitgenommen.“
Ähnlich sieht es Liga-Konkurrent Sportfreunde Baumberg (SFB), dessen Rang drei nun annulliert wird: „Für mich war das aktuell nicht anders zu erwarten“, sagt Trainer Salah El Halimi. Er ergänzt: „Es ist verständlich, dass der Verband so lange wie möglich warten wollte, falls sich aufgrund einer anderen Entwicklung vielleicht noch die Chance ergeben hätte, 50 Prozent der Spiele zu machen. Nun haben wir aber endlich alle Planungssicherheit was die Meisterschaft angeht und können die neue Saison planen.“Der Coach sieht noch einen Vorteil: „Es ist auch für die Spieler besser, in eine komplette, zeitunkritische Vorbereitung zu gehen, um in Ruhe die Grundlagen für einen neuen Start zu legen und sich nicht zu verletzen.“Was El Halimi bedauert: „Mir tut es vor allem für den FC Bocholt sehr leid, der bis zur Unterbrechung eine sehr starke Saison gespielt hat, unangefochten an der Tabellenspitze steht und leider nicht die Möglichkeit hat aufzusteigen.“
Das sieht auch der Lokalrivale 1. FC Monheim so: „Für die Teams oben in der Tabelle ist es natürlich sehr schade und auch ärgerlich. Vor allem Bocholt war bis zur Unterbrechung
gut unterwegs“, sagt Trainer Dennis Ruess, der aber generell findet: „Endlich haben wir eine klare Auskunft. Die Situation war zu lange in der Schwebe. Aber eigentlich war jedem normalen Menschen schon vorher klar, dass die Saison nicht mehr weitergehen konnte.“Positiv sei, dass die Spekulationen nun zu Ende seien und man sich auf die neue Saison konzentrieren könne.
Ruess mahnt aber auch: „Allerdings ist auch klar, dass es so etwas wie Planungssicherheit momentan nicht wirklich gibt – in keinem Bereich und schon gar nicht für Monate im Voraus. Insofern interessiert mich jetzt vor allem, wann und wie es im Sommer weitergehen soll, damit ich entsprechend planen kann. Die Spieler können sich jetzt natürlich nicht mehrere Monate ausruhen.“Sein Rezept dagegen: „Wir sehen zu, dass wir das Einzeltraining im Verein und das individuelle Training zu Hause weiter durchziehen so gut es geht. Insgesamt ist die Situation aber für alle sehr ermüdend. Das ist auch klar.“
Ein offener Punkt sind die Pokal-Wettbewerbe auf Verbandsebene. „Der Verband hat uns zum Niederrheinpokal für Dienstagabend zu einer Videokonferenz eingeladen“, berichtet Stieghorst. Der FVN hat das Ziel, je einen Teilnehmer für die erste Hauptrunde des DFB-Pokals bei den Herren und Frauen zu melden. „Bis Ende April wollen wir eine Regelung treffen“, sagt Wolfgang Jades, Vorsitzender des Verbandsfußball-Ausschusses.
Stieghorst wiederum kann sich „absolut nicht vorstellen, wie das gehen soll“. Der 04/19-Vorsitzende erklärt: „Es gibt noch 52 beteiligte
Vereine. Aus der Dritten Liga sind noch der KFC Uerdingen und der MSV Duisburg dabei, aus der Regionalliga Rot-Weiss Essen und RotWeiß Oberhausen. Deren Spielzeiten enden aber schon Anfang, beziehungsweise Mitte Juni. Bis dahin müsste also der Niederrheinpokal durchgezogen sein. Das ist mit der Vielzahl an Beteiligten eigentlich gänzlich ausgeschlossen.“Nicht zu vergessen: „Die Dritt- und Regionalligisten sind voll im Training und Spielmodus. Die haben einen klaren Wettbewerbsvorteil. Da ist meiner Meinung nach der Pokal nicht durchführbar“, sagt Stieghorst.
Ebenfalls offen: Wann können die neuen Saisons starten? „Aufgrund der Corona-Problematik ist derzeit schwer abzusehen, wann ein Start der nächsten Saison erfolgen kann“, sagt Jades. Das schließt auch die Spielzeiten der Jugendlichen mit ein. Für die hofft nicht nur der FVN, dass sie immerhin trainieren können. „Wir haben mehr als 200 Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren“, sagt Stieghorst und ergänzt: „Denen müssen wir etwas anbieten. Darauf haben wir jetzt auch noch einmal bei der Staatskanzlei gedrungen. Wir haben im Fußball immerhin den Vorteil, dass wir draußen sind, wo das Infektionsrisiko geringer ist.“