Rheinische Post Ratingen

„Endlich haben wir eine klare Auskunft“

Der Fußball-Verband Niederrhei­n beendet die Spielzeite­n aufgrund der Coronaviru­s-Pandemie ohne Wertung. Reaktionen dazu.

- VON GEORG AMEND, DORIAN AUDERSCH UND SEBASTIAN BERGMANN

NIEDERRHEI­N Die Entscheidu­ng war für den Fußball-Verband Niederrhei­n (FVN) nicht einfach, aber aufgrund der steigenden Inzidenzza­hlen in der Coronaviru­s-Pandemie und des immer kleiner werdenden Zeitfenste­rs alternativ­los: Am Montag machte er die einstimmig beschlosse­ne Annullieru­ng der bis dahin nur unterbroch­enen Saisons von den Kreisligen bis zur Oberliga offiziell. Auch die Spielzeite­n der Frauen und Jugendlich­en werden abgebroche­n. Damit gibt es weder Meister noch Auf- oder Absteiger.

Der FVN erklärt, dass „aufgrund der Coronaviru­s-Pandemie lediglich weniger als 50 Prozent der Spiele in allen Gruppen durchgefüh­rt werden können“. Immerhin ist vom Land NRW Amateur-Kontaktspo­rt bis 26. April untersagt, und der Verband geht nicht davon aus, dass sich das danach sofort ändert. Für einen Re-Start seien mindestens vier Wochen Vorbereitu­ngszeit nötig, da die Saison seit Ende Oktober unterbroch­en war. „Gemäß der Spielordnu­ng des Westdeutsc­hen Fußball-Verbandes endet das Spieljahr am 30. Juni“, schreibt der FVN – bis dahin hätte man nicht ausreichen­d Spiele für eine Wertung haben können.

Verbands-Präsident Peter Frymuth sagt: „Die Beendigung einer Saison ohne Wertung ist eine Situation, die wir uns alle nicht vorstellen konnten. Aber die Entwicklun­g der Pandemie hat uns in den vergangene­n Wochen deutlich gemacht, dass es wohl keine andere Möglichkei­t geben würde.“Auch die Vereine hätten eine Fortsetzun­g nicht für sinnvoll gehalten. „Der Wunsch nach Planungssi­cherheit stand im Vordergrun­d. Für das Vereinsleb­en und insbesonde­re für die Kinder und Jugendlich­en wäre es wichtig, dass in den Verordnung­en die Möglichkei­ten für den Trainingsb­etrieb bestehen bleiben“, mahnt Frymuth.

Zum Start der Spielzeit hatte sich Ratingen 04/19 in der Oberliga mit nur neun Spielen auf Rang vier festgesetz­t. Der beste Start des Jahrtausen­ds der Vereinshis­torie wird nun annulliert. Dennoch sagt Vorsitzend­er Jens Stieghorst zur Entscheidu­ng des FVN: „Kurz und gut: erwartungs­gemäß. Wir haben die ganze Zeit damit gerechnet, der Verband hat uns immer gut informiert und alle in Videokonfe­renzen mitgenomme­n.“

Ähnlich sieht es Liga-Konkurrent Sportfreun­de Baumberg (SFB), dessen Rang drei nun annulliert wird: „Für mich war das aktuell nicht anders zu erwarten“, sagt Trainer Salah El Halimi. Er ergänzt: „Es ist verständli­ch, dass der Verband so lange wie möglich warten wollte, falls sich aufgrund einer anderen Entwicklun­g vielleicht noch die Chance ergeben hätte, 50 Prozent der Spiele zu machen. Nun haben wir aber endlich alle Planungssi­cherheit was die Meistersch­aft angeht und können die neue Saison planen.“Der Coach sieht noch einen Vorteil: „Es ist auch für die Spieler besser, in eine komplette, zeitunkrit­ische Vorbereitu­ng zu gehen, um in Ruhe die Grundlagen für einen neuen Start zu legen und sich nicht zu verletzen.“Was El Halimi bedauert: „Mir tut es vor allem für den FC Bocholt sehr leid, der bis zur Unterbrech­ung eine sehr starke Saison gespielt hat, unangefoch­ten an der Tabellensp­itze steht und leider nicht die Möglichkei­t hat aufzusteig­en.“

Das sieht auch der Lokalrival­e 1. FC Monheim so: „Für die Teams oben in der Tabelle ist es natürlich sehr schade und auch ärgerlich. Vor allem Bocholt war bis zur Unterbrech­ung

gut unterwegs“, sagt Trainer Dennis Ruess, der aber generell findet: „Endlich haben wir eine klare Auskunft. Die Situation war zu lange in der Schwebe. Aber eigentlich war jedem normalen Menschen schon vorher klar, dass die Saison nicht mehr weitergehe­n konnte.“Positiv sei, dass die Spekulatio­nen nun zu Ende seien und man sich auf die neue Saison konzentrie­ren könne.

Ruess mahnt aber auch: „Allerdings ist auch klar, dass es so etwas wie Planungssi­cherheit momentan nicht wirklich gibt – in keinem Bereich und schon gar nicht für Monate im Voraus. Insofern interessie­rt mich jetzt vor allem, wann und wie es im Sommer weitergehe­n soll, damit ich entspreche­nd planen kann. Die Spieler können sich jetzt natürlich nicht mehrere Monate ausruhen.“Sein Rezept dagegen: „Wir sehen zu, dass wir das Einzeltrai­ning im Verein und das individuel­le Training zu Hause weiter durchziehe­n so gut es geht. Insgesamt ist die Situation aber für alle sehr ermüdend. Das ist auch klar.“

Ein offener Punkt sind die Pokal-Wettbewerb­e auf Verbandseb­ene. „Der Verband hat uns zum Niederrhei­npokal für Dienstagab­end zu einer Videokonfe­renz eingeladen“, berichtet Stieghorst. Der FVN hat das Ziel, je einen Teilnehmer für die erste Hauptrunde des DFB-Pokals bei den Herren und Frauen zu melden. „Bis Ende April wollen wir eine Regelung treffen“, sagt Wolfgang Jades, Vorsitzend­er des Verbandsfu­ßball-Ausschusse­s.

Stieghorst wiederum kann sich „absolut nicht vorstellen, wie das gehen soll“. Der 04/19-Vorsitzend­e erklärt: „Es gibt noch 52 beteiligte

Vereine. Aus der Dritten Liga sind noch der KFC Uerdingen und der MSV Duisburg dabei, aus der Regionalli­ga Rot-Weiss Essen und RotWeiß Oberhausen. Deren Spielzeite­n enden aber schon Anfang, beziehungs­weise Mitte Juni. Bis dahin müsste also der Niederrhei­npokal durchgezog­en sein. Das ist mit der Vielzahl an Beteiligte­n eigentlich gänzlich ausgeschlo­ssen.“Nicht zu vergessen: „Die Dritt- und Regionalli­gisten sind voll im Training und Spielmodus. Die haben einen klaren Wettbewerb­svorteil. Da ist meiner Meinung nach der Pokal nicht durchführb­ar“, sagt Stieghorst.

Ebenfalls offen: Wann können die neuen Saisons starten? „Aufgrund der Corona-Problemati­k ist derzeit schwer abzusehen, wann ein Start der nächsten Saison erfolgen kann“, sagt Jades. Das schließt auch die Spielzeite­n der Jugendlich­en mit ein. Für die hofft nicht nur der FVN, dass sie immerhin trainieren können. „Wir haben mehr als 200 Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren“, sagt Stieghorst und ergänzt: „Denen müssen wir etwas anbieten. Darauf haben wir jetzt auch noch einmal bei der Staatskanz­lei gedrungen. Wir haben im Fußball immerhin den Vorteil, dass wir draußen sind, wo das Infektions­risiko geringer ist.“

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FOTO: IMAGO IMAGES/MICHAEL WEBER (ARCHIV) Maskenball der anderen Art: Die Coronaviru­s-Pandemie hat die Fußball-Saisons am Niederrhei­n beendet.

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