Maaßen wird zum Test für die Union
In Südthüringen stellt sich die Basis der CDU bei der Nominierung ihres Bundestagskandidaten mit großer Mehrheit hinter den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten. Seine Nominierung war umstritten.
SUHL Es sind zwei engagierte, überzeugende und mit der Region fest verwurzelte CDU-Leute, aber gegen den Mann aus dem Westen haben sie hier im Osten an diesem Freitagabend keine Chance. Das zeigt schon der große Applaus, als HansGeorg Maaßen als Kandidat für den Bundestagswahlkreis 196 offiziell den 43 Delegierten aus vier Kreisverbänden der CDU in Südthüringen vorgestellt werden. Lebhaft für den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten, spärlich für seine beiden Mitbewerber. Das Ergebnis ist am Ende keine Überraschung: Mit 86 Prozent ist Maaßen aufgestellt.
Der Ort des bundesweit beobachteten Geschehens: Das Suhler Congress Center. Aktuell steht in großer Schrift „Testzentrum“über dem Eingang. Und das ist es für die deutsche Politik: Hat einer wie Maaßen eine Heimat in der CDU? Es wird der Test sein, ob es mit scharfer Positionierung gelingt, Wahlen zu gewinnen. Die Thüringer CDU fühlt sich aufgerieben von der regierenden Linken auf der einen und der erstarkenden AfD auf der anderen Seite. Das erklärt die Sehnsucht der Basis nach einem wie ihm.
Und entsprechend präsentiert er sich in seiner auf die Sekunde durchgetakteten 15-Minuten-Bewerbungsrede. Im Kern bezieht er sich darin auf die Qualifizierung durch Friedrich Merz, der ihn in einem Interview unlängst als „Symbolfigur“bezeichnet habe. Er repräsentiere diejenigen, die sich von der CDU nicht mehr ernst genommen fühlten. Maaßen bestätigt das mit der Schilderung, als er bei einer Wurst auf die Hand von einer Frau angesprochen und beschworen worden sei, nur ja zu kandidieren.
Maaßen macht von Suhl aus schon vor seiner Wahl eine klare Ansage an seine künftigen Bundestagskollegen. „Nicht als Anfänger von der Hinterbank“will er im Bundestag die Interessen der Region vertreten. Das verspricht er den Delegierten. Der Mann will mehr, er sorgt sich um Deutschland, um den Zustand der Demokratie und will erst wieder beiseite treten, wenn er
„nicht mehr gebraucht“wird.
Möglicherweise brauchen ihn im Wahlkampf erst einmal die politischen Gegner. SPD-Landeschef Georg Maier sieht in der Kandidatur von Maaßen bereits den „nächsten Brückenschlag zur AfD“. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner greift den Gedanken ebenfalls auf. „Die CDU muss die Tore nach Rechtsaußen geschlossen halten, doch mit Maaßen wird ein Türöffner nach Rechtsaußen aufgestellt“, twittert Kellner.
Dagegen verteidigt der Thüringer Fraktionschef Mario Voigt die
Nominierung. „Zur CDU gehören Frau Merkel und Herr Merz, und eben auch Herr Maaßen – das ist die Breite der Volkspartei und unsere Stärke“, sagt Voigt unserer Redaktion. „Dass ich als Mann der Mitte nicht alles so wie Herr Maaßen sehe, liegt auf der Hand“, erläutert Voigt. Am Ende gehe es darum, dass die Maßstäbe stimmten, und das seien das christliche Menschenbild und die klare Abgrenzung zur AfD, erklärte der Fraktionschef. Er gehe davon aus, dass Maaßen zu einem gemeinsamen Wahlerfolg der CDU beitragen werde. „Er kann Teil unserer konservativ-bürgerlichen Brandmauer gegenüber der AfD sein“, so Voigt.
Das wird auch in der Union bei vielen nicht so gesehen. Aus der CSU kamen handfeste Warnungen, auch der frühere Thüringer CDU-Regierungschef Bernhard Vogel machte Front. CDU-Landeschef Christian Hirte machte sich auf den Weg nach Südthüringen, um die Kreisverbände zu sensibilisieren. Aber die beiden größeren waren fest entschlossen. Und einer der Initiatoren, der CDU-Kreisverbandschef von Schmalkalden-Meiningen, Ralf
Liebaug, fasste die letzten Wochen zusammen mit der Einschätzung, der Druck auf ihn sei „aushaltbar“gewesen. Der Weg für Maaßen wurde frei, weil der bisherige Kandidat und zweifache direkte Abgeordnete Mark Hauptmann über die Maskenaffäre gestürzt war. Als Liebaug Maaßen anrief, war dessen erstes Wort „interessant“.
Gerade einmal sechs Wochen liegen zwischen „interessant“und seiner triumphierenden Feststellung „ab jetzt geht’s los“. Unter dem Applaus der Delegierten sagt der Mönchengladbacher Maaßen, was alle immer sagen: „Ich werde Sie nicht enttäuschen.“Bei ihm klingt es anders, irgendwie über den Wahlkreis 196 hinaus. Es gehe ihm nicht nur darum, in Südthüringen zu gewinnen, es gehe ihm auch darum, dass die CDU den nächsten Kanzler stelle. Die Wahl am Freitagabend zeige jedenfalls, „dass wir noch eine Volkspartei sind“, und das sei „gut für die Demokratie“, lobt Maaßen. Dabei werde es auch „kein Kuscheln“geben. Die Distanz zur AfD und zur Linkspartei hat er vorher schon klar gemacht. Aber es geht ihm auch um ein klares Profil im Unterschied zur SPD und eine Verhinderung einer Regierung unter Führung der „ökosozialistischen“Grünen.