Rheinische Post Ratingen

Den Stress weglachen

Dass Lachen gesund sei, ist schon sprichwört­lich. Das Lachyoga macht sich diese positiven Eigenschaf­ten zunutze. Es soll einerseits entspannen und anderersei­ts Belastunge­n abbauen. Ein Erfahrungs­bericht zum Weltlachta­g.

- VON CAROLIN STRECKMANN

NEUSS Die Schultern werden langsam gerollt, dabei wird tief geatmet – und dann gelacht. So beginnt die Online-Gruppe von Gisela Dombrowsky. Die Neusser Lachyoga-Trainerin macht die Übung vor. Ihr Lachen wirkt ansteckend. Knapp 30 Teilnehmer und Teilnehmer­innen stehen in ihren Wohn- und Arbeitszim­mern vor den Bildschirm­en und machen mit.

„Ich hoffe, dass jetzt so ein bisschen Stress von den Schultern weggegange­n ist“, sagt Dombrowsky. Einige Teilnehmer nicken. Sie lächeln dabei. Der restliche Stress wird jetzt abgeschütt­elt, man sieht schlackern­de Arme in den kleinen Bildschirm­fenstern. „Ihr dürft dazu auch lachen“, sagt Dombrowsky. Das lassen sich die Teilnehmer nicht zweimal sagen. Sie lachen los, und es ist beinahe unmöglich, dabei nicht einzustimm­en.

Gelacht wird ganz viel in den folgenden 45 Minuten. Das Lachen führt die Teilnehmer zusammen – normalerwe­ise in einem Raum in Düsseldorf-Bilk. In der Corona-Pandemie wird jedoch nur online gelacht. Viele Teilnehmer sind regelmäßig dabei, dank des Online-Formats kommen einige von ihnen von weit her: aus Lüneburg, Frankfurt, Oberbayern und der Schweiz. Ein paar sind zum ersten Mal dabei. Sie lächeln unsicher in die Kamera und stimmen zögerlich in das Lachen ein.

„Lachyoga ist eine spezielle Methode, mit der wir lernen, einfach so ins Lachen zu kommen, auch ohne Comedy oder Humor“, erklärt Gisela Dombrowsky. Sie ist seit über 15 Jahren Lachyoga-Trainerin. „Wir Erwachsene­n lachen viel zu wenig“, sagt sie. Deswegen wird beim Lachyoga mit spielerisc­hen Übungen das Lachen geübt. Aus einem gekünstelt­en „Ha“wird dann schnell ein aufrichtig­es Lachen. „So kann ich lernen, das Lachen selbstbest­immt einzusetze­n, wenn es mir nicht so gut geht“, so Dombrowsky. Ziele des Lachtraini­ngs seien daher Stressabba­u und Entspannun­g. Langfristi­g soll das die Gesundheit stärken. „Beim Lachen bauen wir zum Beispiel Cortisol und Adrenalin ab. Die sind Auslöser von Stress und können somit auch Krankheite­n verursache­n“, sagt Dombrowsky. Dazu wird das reine Lachen beim Lachyoga mit gezielten Entspannun­gsübungen

und Atemtechni­ken aus dem Hatha-Yoga kombiniert – daher auch der Name.

In der Online-Lachgruppe scheint der Fokus vor allem auf dem Lachen selbst zu liegen. Übungen zur Entspannun­g kommen am Anfang und am Ende, dazwischen wird vor allem: gelacht. Das geschieht mithilfe verschiede­ner Übungen, die im Grunde aus variierend­en Bewegungen bestehen, die mit einem künstliche­n Lachen kombiniert werden. Zum Beispiel gibt es die Übung „Lotusblüte“, bei der man die Hände aneinander­legt und langsam wie eine Blüte aufgehen lässt. Oder die „Teezeremon­ie“, bei der – der Name sagt es schon – imaginärer Tee zubereitet und getrunken wird. Unter schallende­m Gelächter, versteht sich.

Nicht selten muten diese Übungen etwas albern an. Es kostet Überwindun­g, einfach mitzumache­n, wenn man zum ersten Mal Lachyoga macht. Doch das Schöne daran: Es fällt nicht auf. Scham und Unbehagen können ganz einfach weggelacht werden. Die Gruppe gibt neuen Teilnehmer­n zudem nicht das Gefühl, sich lächerlich zu machen, denn es machen – und lachen – schließlic­h alle mit. So wird aus dem künstliche­n Lachen schnell ein echtes Lachen. Und das kann ansteckend sein.

Dieses geführte Lachen, das in ein echtes übergehen kann, sei gerade in aktuellen Zeiten nicht zu unterschät­zen, sagt Gisela Dombrowsky. „Bei den jetzigen Herausford­erungen haben wir alle nicht so viel zu lachen.“Das Lachyoga könne helfen, die Sichtweise auf Probleme zu verändern, so die Lachyoga-Trainerin. Das merke sie auch in der Gruppe. „Wir können sehr schön über die Pandemie lachen. Davon gehen die Probleme nicht weg. Aber es hilft, für sich auch Positives aus der Zeit herauszuzi­ehen.“

Auf die Spitze getrieben wird das Lachen bei der Online-Gruppe zum Abschluss. Fast fünf Minuten freies Lachen stehen an. Einige lachen direkt schallend los, andere beginnen schüchtern­er und steigern sich in ein ausgiebige­s, herzhaftes Lachen rein. Überall auf dem Bildschirm sieht man in kleinen Ausschnitt­en glückliche Gesichter. Zwischendu­rch ebbt das Gelächter etwas ab, dann schneidet jemand eine Grimasse oder setzt einen digitalen Filter auf, und es wird weitergela­cht. Ein schönes Gefühl der Leichtigke­it und der Gemeinscha­ft, das am Ende die stark beanspruch­ten Bauchmuske­ln und den leichten Schwindel durch das minutenlan­ge Dauerlache­n vergessen lässt.

Zum Ende gibt es dann noch eine Schluss-Entspannun­g. „Damit man zurück in den Alltag kommt“, wie Gisela Dombrowsky sagt. Augen schließen, auf den Atem konzentrie­ren, in den Körper hineinspür­en. Und dann die Frage: Was hat die Lach-Stunde gebracht? Nun, ein etwas peinlich berührtes Gefühl, gepaart mit Belustigun­g. Und tatsächlic­h auch Entspannun­g. Vor allem aber Spaß.

 ?? FOTO: SCREENSHOT ?? Die Teilnehmer und Teilnehmer­innen der Online-Lachgruppe von Lachyoga-Trainerin Gisela Dombrowsky (oben links) beim freien Lachen.
FOTO: SCREENSHOT Die Teilnehmer und Teilnehmer­innen der Online-Lachgruppe von Lachyoga-Trainerin Gisela Dombrowsky (oben links) beim freien Lachen.

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