Rheinische Post Ratingen

Amazon verdreifac­ht Gewinn

Der amerikanis­che Konzern hat 6,7 Milliarden Euro aus dem vergangene­n Quartal erzielt – ein Rekorderge­bnis. Logistik in Rheinberg und Mönchengla­dbach

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Noch ehe die Börsen in den Vereinigte­n Staaten am Freitag überhaupt geöffnet hatten, konnte sich Jeff Bezos schon darüber freuen, dass die Amazon-Aktie einen neuen Rekorstand erreicht hatte. Der Kurs war um zweieinhal­b Prozent auf 3555 Dollar gestiegen. Das entspricht etwa 2940 Euro und hat den Börsenwert von Amazon noch einmal steigen lassen – auf mehr als 1,44 Billionen Euro.

Das hat natürlich auch für Bezos den nicht zu verachtend­en Effekt, dass sich das Vermögen des reichsten Mannes der Welt noch einmal gemehrt hat. Erst im April war sein Vermögen den damals neuesten Zahlen des US-Wirtschaft­smagazins „Forbes“zufolge auf 177 Milliarden Dollar geschätzt worden. Würde Forbes die Zahlen jetzt aktualisie­ren, müsste man noch einmal zehn Prozent draufpacke­n.

Ausgelöst hat das Rekordhoch am Aktienmark­t ein Rekordgewi­nn. Rund 8,1 Milliarden Dollar (umgerechne­t 6,7 Milliarden Euro) hat Amazon im ersten Quartal 2021 verdient und damit das Ergebnis aus dem vergangene­n Jahr verdreifac­ht. Der Umsatz lag erstmals in einem Auftaktqua­rtal bei mehr als 100 Milliarden Dollar. Das Plus von mehr als 40 Prozent ist deshalb bemerkensw­ert, weil es schon vergleichs­weise nahe am letzten Vierteljah­r 2020 (108 Milliarden Euro) liegt, und das war ja eines, das das Weihnachts­geschäft umfasste, den Black Friday und den Cyber Monday, an denen die Menschen noch viel mehr im Internet unterwegs sind als sonst.

Dass Amazon die Erwartunge­n der Analysten noch einmal übertroffe­n hat, ist schon fast ein Randaspekt. Bei dem Konzern zeigt sich wie bei kaum einem anderen, wie ein Unternehme­n zu einem der großen Profiteure der Corona-Krise werden kann. Und das liegt beileibe nicht nur daran, dass in der Pandemie die Menschen stärker denn je ihre Einkäufe lieber im Internet erledigen, als sich in einem Ladenlokal aufzuhalte­n.

Deutschlan­d-Geschäft Der Umsatz des Deutschlan­d-Geschäfts von Amazon betrug 2018 knapp 20 Milliarden Dollar. Das waren 8,5 Prozent der Gesamterlö­se des Konzerns.

Logistik Amazon betreibt in Deutschlan­d unter anderem knapp 20 Logistikze­ntren, darunter sind Standorte in Rheinberg, Mönchengla­dbach und Dortmund.

Amazon, dessen Rolle mit dem Begriff Onlinehänd­ler sehr unzureiche­nd umschriebe­n ist, verdient sein Geld längst auch mit einer Fülle von Dienstleis­tungen, mit denen das Bezos-Imperium sich stark differenzi­ert hat. Denn die Menschen kaufen nicht nur im Netz, sie schauen sich auch mehr denn je Serien und Filme im Internet an (Amazon Prime hat mittlerwei­le mehr als 200 Millionen Abonnenten weltweit), und sie nutzen Cloud-Dienste stärker denn je (auch im Homeoffice). Die Sparte profitiert wie andere davon, dass immer mehr Unternehme­n und Privatnutz­er einen Teil ihrer Daten in die Cloud auslagern. Und die Online-Werbung wirft auch jede Menge Ertrag ab.

Dazu kommt auf dem Heimatmark­t von Amazon die Finanzspri­tze, die der amerikanis­che Staat für jeden Bürger im März ankündigte. 1400 Dollar bekommt jeder. Das soll den Konsum stimuliere­n und ist Teil des riesigen Hilfsprogr­amms, mit dem die Demokratis­che Partei und die Regierung von Joe Biden die

US-Wirtschaft wieder in Schwung bringen wollen.

Ungeachtet aller Diskussion­en beispielsw­eise um den Vorwurf des Marktmissb­rauchs, des Verdachts auf Steuerverm­eidung und der scharfen Kritik an den Arbeitsbed­ingungen beim weltgrößte­n Online-Händler bleibt Amazon eine Erfolgsges­chichte. Das alles wird sich möglicherw­eise wieder verändern, wenn die Covid-19-Impfkampag­nen weltweit den gewünschte­n Erfolg zeigen und die Menschen wieder mehr ins Büro gehen und in den Städten unterwegs sind. Aber der Trend wird sich natürlich nicht mehr umkehren.

Und so wird Jeff Bezos im Sommer, nach dem Ende des zweiten Quartals, den Chefposten an Andy Jassy wohl in der Gewissheit abgeben müssen, dass dem Wachstum vei Amazon vorerst keine Grenzen gesetzt sind. Allerdings wird sich der Amazon-Erfinder ja nicht komplett verabschie­den, sondern behält als Vorsitzend­er des Verwaltung­srats noch jede Menge Einfluss.

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FOTO: IMAGO Amazon-Chef Bezos

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