Amazon verdreifacht Gewinn
Der amerikanische Konzern hat 6,7 Milliarden Euro aus dem vergangenen Quartal erzielt – ein Rekordergebnis. Logistik in Rheinberg und Mönchengladbach
DÜSSELDORF Noch ehe die Börsen in den Vereinigten Staaten am Freitag überhaupt geöffnet hatten, konnte sich Jeff Bezos schon darüber freuen, dass die Amazon-Aktie einen neuen Rekorstand erreicht hatte. Der Kurs war um zweieinhalb Prozent auf 3555 Dollar gestiegen. Das entspricht etwa 2940 Euro und hat den Börsenwert von Amazon noch einmal steigen lassen – auf mehr als 1,44 Billionen Euro.
Das hat natürlich auch für Bezos den nicht zu verachtenden Effekt, dass sich das Vermögen des reichsten Mannes der Welt noch einmal gemehrt hat. Erst im April war sein Vermögen den damals neuesten Zahlen des US-Wirtschaftsmagazins „Forbes“zufolge auf 177 Milliarden Dollar geschätzt worden. Würde Forbes die Zahlen jetzt aktualisieren, müsste man noch einmal zehn Prozent draufpacken.
Ausgelöst hat das Rekordhoch am Aktienmarkt ein Rekordgewinn. Rund 8,1 Milliarden Dollar (umgerechnet 6,7 Milliarden Euro) hat Amazon im ersten Quartal 2021 verdient und damit das Ergebnis aus dem vergangenen Jahr verdreifacht. Der Umsatz lag erstmals in einem Auftaktquartal bei mehr als 100 Milliarden Dollar. Das Plus von mehr als 40 Prozent ist deshalb bemerkenswert, weil es schon vergleichsweise nahe am letzten Vierteljahr 2020 (108 Milliarden Euro) liegt, und das war ja eines, das das Weihnachtsgeschäft umfasste, den Black Friday und den Cyber Monday, an denen die Menschen noch viel mehr im Internet unterwegs sind als sonst.
Dass Amazon die Erwartungen der Analysten noch einmal übertroffen hat, ist schon fast ein Randaspekt. Bei dem Konzern zeigt sich wie bei kaum einem anderen, wie ein Unternehmen zu einem der großen Profiteure der Corona-Krise werden kann. Und das liegt beileibe nicht nur daran, dass in der Pandemie die Menschen stärker denn je ihre Einkäufe lieber im Internet erledigen, als sich in einem Ladenlokal aufzuhalten.
Deutschland-Geschäft Der Umsatz des Deutschland-Geschäfts von Amazon betrug 2018 knapp 20 Milliarden Dollar. Das waren 8,5 Prozent der Gesamterlöse des Konzerns.
Logistik Amazon betreibt in Deutschland unter anderem knapp 20 Logistikzentren, darunter sind Standorte in Rheinberg, Mönchengladbach und Dortmund.
Amazon, dessen Rolle mit dem Begriff Onlinehändler sehr unzureichend umschrieben ist, verdient sein Geld längst auch mit einer Fülle von Dienstleistungen, mit denen das Bezos-Imperium sich stark differenziert hat. Denn die Menschen kaufen nicht nur im Netz, sie schauen sich auch mehr denn je Serien und Filme im Internet an (Amazon Prime hat mittlerweile mehr als 200 Millionen Abonnenten weltweit), und sie nutzen Cloud-Dienste stärker denn je (auch im Homeoffice). Die Sparte profitiert wie andere davon, dass immer mehr Unternehmen und Privatnutzer einen Teil ihrer Daten in die Cloud auslagern. Und die Online-Werbung wirft auch jede Menge Ertrag ab.
Dazu kommt auf dem Heimatmarkt von Amazon die Finanzspritze, die der amerikanische Staat für jeden Bürger im März ankündigte. 1400 Dollar bekommt jeder. Das soll den Konsum stimulieren und ist Teil des riesigen Hilfsprogramms, mit dem die Demokratische Partei und die Regierung von Joe Biden die
US-Wirtschaft wieder in Schwung bringen wollen.
Ungeachtet aller Diskussionen beispielsweise um den Vorwurf des Marktmissbrauchs, des Verdachts auf Steuervermeidung und der scharfen Kritik an den Arbeitsbedingungen beim weltgrößten Online-Händler bleibt Amazon eine Erfolgsgeschichte. Das alles wird sich möglicherweise wieder verändern, wenn die Covid-19-Impfkampagnen weltweit den gewünschten Erfolg zeigen und die Menschen wieder mehr ins Büro gehen und in den Städten unterwegs sind. Aber der Trend wird sich natürlich nicht mehr umkehren.
Und so wird Jeff Bezos im Sommer, nach dem Ende des zweiten Quartals, den Chefposten an Andy Jassy wohl in der Gewissheit abgeben müssen, dass dem Wachstum vei Amazon vorerst keine Grenzen gesetzt sind. Allerdings wird sich der Amazon-Erfinder ja nicht komplett verabschieden, sondern behält als Vorsitzender des Verwaltungsrats noch jede Menge Einfluss.