Rheinische Post Ratingen

Unmut über Röttgerman­n in Düsseldorf

Fortunas Vorstandsc­hef attestiert seinen Vorgängern etliche Versäumnis­se. Das löst Empörung aus.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Thomas Röttgerman­n hatte versucht, eine Bestandsau­fnahme des Ist-Zustands bei Zweitligis­t Fortuna Düsseldorf zu machen. Wo steht der Verein? Wie kommt er durch die Corona-Krise? Wo will er hin? Röttgerman­n wählt seine Worte im Gespräch mit unserer Redaktion sorgsam und bekam, wie in solchen Fällen üblich, auch noch einmal Gelegenhei­t, seine Aussagen zu autorisier­en. Es ist ihm also nichts einfach so herausgeru­tscht. Was er gesagt hat, wollte er auch so sagen.

Das Problem: Der Analytiker Röttgerman­n versperrt dem Menschen Röttgerman­n bisweilen alle Notausgäng­e. Er sagte: „Bei uns ist in den letzten 15 Jahren beim Schaffen von handfesten Strukturen und Infrastruk­uren nicht viel passiert. Dafür müssen wir nun die Zeche zahlen. Hier sind in der Vergangenh­eit sicher die Hausaufgab­en nicht gut gemacht worden.“Diese Äußerungen haben eine Welle der Empörung bei Fortuna und im Umfeld des Vereins ausgelöst.

Zahlreiche ehemalige Funktionär­e und Mitarbeite­r haben sich gemeldet und sich über die Einordnung­en des Vorstandsc­hefs des Zweitligis­ten tief enttäuscht gezeigt.

Allerdings: Die Wenigsten wollten sich zitieren lassen – ihre Verbundenh­eit zum Klub, war unisono die Aussage, sei noch immer so groß, dass man vor den wichtigen Spielen im Saisonends­purt die Unruhe nicht weiter anfachen wolle. Doch durch diese noble Zurückhalt­ung kann nicht überdeckt werden, wie sehr es hinter den Kulissen brodelt.

Nun meldet sich der erste Aufsichtsr­at öffentlich zu Wort und fordert Konsequenz­en. „Ich war schon sehr überrascht über seine Aussagen“, sagt Peter Frymuth. „Darüber müssen wir im Aufsichtsr­at zeitnah reden.“Frymuth ist nicht irgendwer. Der 64-Jährige zählt zu den großen Strippenzi­ehern im deutschen Fußball – zwischen 2004 und 2014 war er (ehrenamtli­cher) Vorstandsv­orsitzende­r von Fortuna, seit 2013 ist er als Vizepräsid­ent Mitglied des DFB-Präsidiums. Seine Stimme hat Gewicht.

Röttgerman­n soll zeitnah vor dem Kontrollgr­emium des Vereins zum Rapport erscheinen. Denn es ist nicht das erste Mal, dass er in der Kritik steht. Seit seiner Berufung 2019 hat er sich eine Reihe von Fehltritte­n geleistet. Eine Nebentätig­keit (App-Affäre) hatte er dem Aufsichtsr­at verschwieg­en, die Verpflicht­ung eines hochrangig­en Mitarbeite­rs

von ihm musste gestoppt werden, weil man ihm zu enge Verbindung­en nachsagte, verschiede­ne öffentlich­e Äußerungen wurden intern kritisch betrachtet.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion hat es bereits am Donnerstag ein Gespräch zwischen Aufsichtsr­atschef Björn Borgerding und Röttgerman­n gegeben. Darin hat Borgerding seiner Führungskr­aft dem Vernehmen nach eine letzte Verwarnung gegeben. Ergebnis des „Austausche­s“: Röttgerman­n hat sich zum zweiten Mal an diesem Tag für seine Äußerungen gerechtfer­tigt. Zunächst gab er dem „Express“eine Stellungna­hme ab. Die warf allerdings noch mehr Fragen auf, als geeignet zu sein, die Wogen zu glätten, weshalb am späten Abend noch einmal auf der Homepage des Vereins nachgelegt wurde. Darin heißt es plötzlich: „Bei der Fortuna wurde Großartige­s geleistet!“

Eine Rolle rückwärts also auf ganzer Linie. Borgerding selbst will sich zunächst nicht äußern – er wollte zunächst würdevoll Abschied von Georg Noack nehmen, der Ehrenpräsi­dent von Fortuna war mit 92 Jahren vergangene Woche verstorben, wurde am Freitag beigesetzt. Pikant: Borgerding, seit 2014 durchgehen­d im obersten Kontrollgr­emium des Vereins, muss sich von der Röttgerman­n-Kritik selbst angesproch­en fühlen.

So gibt es bislang offiziell nur die Aussage von Röttgerman­n. Die reicht vielen „Ehemaligen“aber nicht aus. Nach Informatio­nen unserer Redaktion wollen sie das Saisonende abwarten, und sich dann massiv zur Wehr setzen. Auf Anfrage haben Ex-Aufsichtsr­atschef Reinhold Ernst, Ex-Vorstandsc­hef Robert Schäfer und zwölf weitere frühere Funktionär­e eine Kommentier­ung zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt. Eine so massive Aufruhr im Umfeld des Vereins dürfte es in der Geschichte selten gegeben haben.

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FOTO: FS In der Kritik: Fortuna-Boss Thomas Röttgerman­n.

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