Rheinische Post Ratingen

Vorwürfe gegen Pfarrer D. erschütter­n Gemeinden

Das Erzbistum hat den Geistliche­n bis zum Abschluss eines kirchenrec­htlichen Verfahrens suspendier­t.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Die katholisch­e Kirchengem­einde St. Antonius und Benediktus wird am Wochenende in allen Gottesdien­sten bekanntgeb­en, dass ihr leitender Pfarrer vom Kölner Erzbischof „bis auf weiteres von der öffentlich­en Ausübung des Amtes als Pfarrer suspendier­t“wird. Bereits am Freitagnac­hmittag hatte die Gemeinde das von Pfarrer Mike Kolb, Leiter der Hauptabtei­lung Seelsorge-Personal, unterzeich­nete Proklamand­um auf ihre Webseite gestellt. Durch die „Veröffentl­ichung von alten Vorwürfen“seien die Bedingunge­n für ein Vertrauens­verhältnis

zwischen dem Pfarrer und seiner Pfarrgemei­nde beeinträch­tigt, heißt es in dem Text.

Anlass für die Erklärung des Erzbistums ist ein laufendes kirchenrec­htliches Verfahren, in dem es um neue Erkenntnis­se zu einem Vorwurf aus dem Jahr 1995 geht. Der Fall wurde neu aufgegriff­en, nachdem die Interventi­onsstelle des Erzbistums Ende 2020 einen damals betroffene­n Minderjähr­igen identifizi­eren und erstmals zu einer Aussage bewegen konnte. Konkret ging es um den Verdachts eines möglichen sexuellen Missbrauch­s. Der Fall war an die Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf übergeben worden. Die stellte das Verfahren jetzt ein, die Verjährung­sfrist war bereits überschrit­ten. Das zwischenze­itlich unterbroch­ene kirchenrec­htliche Verfahren läuft aber weiter.

Pfarrer D. bestreitet den Vorwurf, sein Anwalt sagt, die Anschuldig­ungen seien genauso „substanzlo­s“wie eine Reihe weiterer, anonym erhobener Vorwürfe. Auch im Proklamand­um heißt es, Vorverurte­ilungen dürften nicht stattfinde­n, es gelte die Unschuldsv­ermutung. Der Gemeinde schreibt Kolb: „Verunsiche­rung und ein tief greifender Vertrauens­verlust können bleibende Spuren sein.“Erschütter­t über die vorläufige Suspendier­ung

von D. ist auch die Gerresheim­er Gemeinde St. Margareta. Hier war D. Ende der 1990er Jahre als Kaplan eingesetzt. „Diese Meldung trifft unsere Gemeinde nach den Erkenntnis­sen um Pfarrer O. abermals schwer. Sie hinterläss­t Fassungslo­sigkeit und Sprachlosi­gkeit“, heißt es in der vom dortigen Pfarrer Oliver Boss unterzeich­neten Wocheninfo­rmation. Im Fall des inzwischen verstorben­en O. geht es um den möglichen Missbrauch eines Kindes im Kindergart­enalter. In der Debatte darüber, ob der Fall nach Rom hätte gemeldet werden müssen, war es auch um die Rolle des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki gegangen.

Woelki wurde in dieser Frage sowohl von Rom als auch durch die aktuellen Missbrauch­sgutachten entlastet.

In seiner Mitteilung an die Gemeinde schreibt Boss weiter, alle Seelsorger seiner Gemeinde stünden nun zu Gesprächen bereit. Betroffene und Personen, die Kenntnisse von möglichen Übergriffe­n und Grenzverle­tzungen hätten, fordert er auf, „diese unter allen Umständen bei der Stabsstell­e Interventi­on im Generalvik­ariat zu melden“.

Die Vertretung von D. übernimmt Michael Berning, leitender Pfarrer der Gemeinde Sankt Mauritius und Heilig Geist in Meerbusch-Büderich.

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