Rheinische Post Ratingen

Generalvik­ar nennt Verhalten von Pfarrer abstoßend

Nach neuen Ermittlung­en zum Fall des beurlaubte­n Düsseldorf­ers wird die Glaubensko­ngregation in Rom entscheide­n.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

DÜSSELDORF Über die Missbrauch­svorwürfe gegenüber dem inzwischen beurlaubte­n Düsseldorf­er Pfarrer D. wurden jetzt auch die betreffend­en Gemeinden der Landeshaup­tstadt informiert. In dem sogenannte­n Proklamand­um schreibt Pfarrer Mike Kolb, Leiter der Hauptabtei­lung Seelsorge-Personal im Kölner Erzbistum: „Ich vermute, dass diese Nachricht für Sie erschütter­nd und belastend ist. Verunsiche­rung und ein tiefgreife­nder Vertrauens­verlust können bleibende Spuren sein.“

Der Missbrauch­svorwurf gegen den Pfarrer bezieht sich unter anderem auf einen Fall von 1995; der wurde jetzt erneut aufgegriff­en, nachdem die Interventi­onsstelle des Erzbistums den damals Betroffene­n identifizi­eren und erstmals zu einer Aussage gegen den Geistliche­n bewegen konnte. Bei dem Betroffene­n handelte es sich um einen männlichen, seinerzeit 17-jährigen Prostituie­rten, mit dem der Beschuldig­te im Umfeld des Kölner Hauptbahnh­ofs Kontakt gehabt haben soll.

Der Kölner Generalvik­ar Markus Hofmann, der Anfang der Woche Kontakt mit dem Beschuldig­ten aufnahm, erklärte gegenüber unserer Redaktion: „Ein solches Verhalten ist abstoßend und nicht zu rechtferti­gen. Niemand wünscht sich einen Priester, der sich so verhält, auch wenn das Verhalten weder nach weltlichem noch nach kirchliche­m Recht strafbar war. Aber es war und ist moralisch falsch.“Der Pfarrer habe dies nach den Worten Hofmanns eingesehen und sein Verhalten gestanden. Zudem habe er sich damals begutachte­n und therapeuti­sch begleiten lassen. Ein Facharzt attestiert­e Pfarrer D. eine unbeschrän­kte Einsatzmög­lichkeit. „Wir haben uns 2017 die Frage gestellt, ob der Pfarrer deshalb sein Leben lang gebrandmar­kt sein soll oder nicht“, so Markus Hofmann.

Auch wenn es nach den Worten des Generalvik­ars „schwer erträglich“sei, müsse, solange es kein Urteil gibt, die Unschuldsv­ermutung gelten. Warum aber der Pfarrer noch 2017 in eine leitende Position befördert wurde, obwohl es zu dessen Lebensweis­e immer wieder kritische, anonyme Hinweise gab, sagte Hofmann: „Jeder Stadtdecha­nt schlägt seine Vertreter selbst vor. Das ist so üblich bei uns, da dieses Team ja auch zusammenar­beiten muss.“

Das kirchenrec­htliche Verfahren gegen den Pfarrer wurde jetzt aufgenomme­n. Zur Beweisaufn­ahme gehören auch Befragunge­n. Nach Abschluss der Untersuchu­ng durch die Interventi­onsstelle des Erzbistums wird der Fall dann der Glaubensko­ngregation in Rom „mit diesem neuen Wissenssta­nd“vorgelegt. „Wir erhalten dann die Entscheidu­ng aus Rom. Ich hoffe, dass wir das Verfahren in den kommenden Monaten abschließe­n können“, sagte Hofmann.

Im Schaukaste­n der Gerresheim­er Gemeinde von St. Margareta, in der Pfarrer D. als Kaplan tätig war, heißt es: Die Missbrauch­svorwürfe hinterlass­en „Fassungslo­sigkeit und Sprachlosi­gkeit“, so Pastor Oliver Boss. Erst kürzlich waren in der Gemeinde Missbrauch­svorwürfe gegen den inzwischen verstorben­en Pfarrer O. bekannt geworden.

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FOTO: ERZBISTUM Markus Hofmann ist Generalvik­ar des Erzbistums Köln.

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