Ratinger steckt in Kambodscha fest
Die Schweinegrippe zerstörte 2019 die Existenz des Ratingers Thomas Brunner, der in Kambodscha eine Schweinefarm betrieb. Coronabedingt verlor er wenige Monate später erneut seine Arbeit. Seitdem sitzt er im Dschungel fest.
RATINGEN Der Lintorfer Thomas Brunner (64) arbeitete viele Jahre in der Hotelbranche. Die ganze Welt war sein Zuhause, bis er sich im Jahr 2019 entschloss, in Kambodscha eine Schweinefarm zu betreiben. Nach Ausbruch der Schweinepest mussten alle Tiere getötet werden. Brunner startete als Hotelier erneut durch. Dann kam Corona. Wieder verlor der Ratinger seine Existenz. Seitdem sitzt er im Dschungel fest – mittellos (die RP berichtete im Dezember 2020). An seiner Lage hat sich nichts geändert. Eher im Gegenteil. Er berichtet.
„Ein Jahr und einen Monat im Dschungel festsitzen ist inzwischen wie eine Strafe, zumal kein Ende in Sicht ist. Meine Rente ist zurzeit meine letzte Hoffnung. Die Antragsbearbeitung schleppt sich jedoch nur mühsam voran. Auf eine Antwort zu meinem letzten Schreiben per Telefax an die Deutsche Rentenversicherung, um meine Kontaktdaten zu aktualisieren, habe ich volle sechs Wochen warten müssen. Dann erhielt ich eine Bestätigung per E-Mail. Ich verstehe zwar eine zeitliche Verzögerung aufgrund von Covid-19, aber sechs Wochen empfinde ich als extrem lang.
Ein guter Freund in Hongkong hatte im November 2020 eine Spendenaktion via „Gogetfunding“für mich im Internet gestartet. Ich selbst kann keine starten, da alle Internetplattformen dazu für Bürger in Kambodscha gesperrt sind. Insgesamt sind in den letzten fünf Monaten leider nur 38 Prozent der benötigten Summe bei der Spendenaktion eingegangen.
Ein paar gutherzige RP-Leser hatten auch etwas auf mein Bankkonto in Hongkong geschickt. Einen Teil davon leitete ich an meine Ehefrau weiter, die mit den Kindern seit nun einem Jahr von Lebensmittelspenden aus der Nachbarschaft leben muss.
Die für meine Heimreise ursprünglich benötigte Summe von 20.000 Hongkong Dollars (entspricht etwa 2.150 Euro) ist mittlerweile durch virusbedingte Kriterien auf fast 3.000 Euro angewachsen. Das ist zwar nicht bermäßig viel, aber mit fast leeren Taschen ist es hingegen unerreichbar. Wäre es nur das Flugticket, dann könnte ich schon lange daheim in den Philippinen bei meiner Frau und den Kindern sein, um mich um das Wohlergehen
meiner Familie zu kümmern. Wenn dann das mit der Rente auch noch alles klappt, dann können wir auch an unserem für 2025 geplanten Umzug nach Deutschland weiterarbeiten. Aber bis dahin wird wohl noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen.
Nun hat die philippinische Regierung die Bestimmungen zur Einreise für Ausländer dahingehend geändert, dass man – bis auf Weiteres – nur zusammen mit dem Ehepartner einreisen kann. Außerdem benötigen auch Deutsche nun ein Visum vor der Einreise. Über eine Impfpflicht wird noch diskutiert.
Das Visum vorab ist wohl kein großes Problem, aber meine Frau müsste erst einen Antrag auf Ausreise
stellen, alle Virustests machen, mich in einem Drittland (ohne Quarantäne-Zwang) treffen, um dann gemeinsam mit mir zurückzufliegen. Das alles würde die Gesamtkosten
für meine Heimreise enorm hochtreiben und auf lange Sicht unerschwinglich machen.
Ich bin nicht mehr so zuversichtlich, dass problemloses Reisen bald wieder möglich sein wird. Immer häufiger werden auch die Zweifel, ob ich hier alleine im Dschungel noch weitere vier bis fünf, oder gar mehr Monate durchhalten kann. Mein Körpergewicht von 85 Kilo war ber viele Jahre immer gleichbleibend. Nach nun 13 Monaten Dschungelleben wiege ich jetzt jedoch nur noch 55 Kilo. Nicht gerade viel für einen Mann mit einer Körpergröße von 1,80 Meter. Viele wundern sich, wie ich als alter Mann das die letzten 13 Monate geschafft habe. Werde ich meine Familie jemals wiedersehen können?
Zum Glück gibt es hier in Kambodscha ein ausgezeichnetes, flächendeckendes und dazu noch sehr günstiges Internetsystem, welches sogar hier in der Mitte von Nirgendwo im Dschungel funktioniert. Nur mit dem Strom zwecks Aufladung der Handy-Batterie ist es oft trickreich, denn dazu muss ich weit zu einem der Bauernhöfe gehen.
Viele Menschen haben mittlerweile durch Corona leider auch ihre Arbeit oder ihre Firma verloren. Ich habe jedoch von keinem gehört, der mit einem ähnlichen Schicksal kämpfen muss. Jeder hilfreiche Ratschlag, oder auch Hilfe sind herzlichst willkommen.“