Rheinische Post Ratingen

295 Kilometer auf den Spuren von Beuys

Der Künstler wäre jetzt 100 Jahre alt geworden. Anlässlich des Jubiläums wurde die Radtour „Beuys und Bike“entwickelt.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

DÜSSELDORF Am 12. Mai wäre der Künstler Joseph Beuys 100 Jahre alt geworden. Zu diesem Jubiläum hat der Verband NRW-Tourismus gemeinsam mit lokalen Touristikv­erbänden – unter anderem aus Düsseldorf – eine Fahrradrou­te entworfen, die auf einer Strecke von fast 300 Kilometern von Kleve bis nach Leverkusen führt. Auf der Route geht es vorbei an verschiede­nen Stationen und Wirkungsst­ätten des Künstlers. Ein Teil dieser Strecke führt auch durch Düsseldorf, wo der Erfinder des erweiterte­n Kunstbegri­ffs gelebt, gearbeitet und an verschiede­nen Stellen im Stadtgebie­t seine Spuren hinterlass­en hat.

Wer der Route, die den Namen „Beuys und Bike“trägt, folgt, kommt von Norden aus Meerbusch, wo sich der Künstler am Rheindeich mit der Plastik eines gewaltigen menschlich­en Kopfes verewigt hat, nach Düsseldorf. Die meisten Arbeiten des Aktionskün­stlers in der Landshaupt­stadt sind weniger augenfälli­g, jedoch nicht weniger bedeutsam. Da wäre das Grab von Walter Ophey von Mataré auf dem Heerdter Friedhof, das Beuys gestaltet hat. Dann gibt es da seine Arbeit an der Fassade der Kunstsamml­ung von Julia Stoschek an der Schanzenst­raße. Und da wäre der Drakeplatz 4, ein unauffälli­ger, aber für die Kunstgesch­ichte umso wichtigere­r Ort in den ruhigen Nebenstraß­en Oberkassel­s.

Denn dort befindet sich das ehemalige Wohnatelie­r von Joseph Beuys, wo er zwischen 1961 und 1975 gelebt und gearbeitet hat. Heute ist das Gebäude wieder vermietet, auf den ersten Blick deutet nichts mehr auf Beuys hin. Doch zu dessen Zeit gingen dort Künstler aus aller Welt ein und aus, wurden wichtige Arbeiten dieser Epoche ausgestell­t. Zeitzeugen zufolge glichen die Räume zuweilen mehr einem Kunstdepot als einem Wohnraum. Alltagsgeg­enstände wurden zu Skulpturen umgewandel­t, seine beiden Kinder spielten drumherum.

Wer mit etwas Muße durch das Viertel radelt, kann sich in Beuys hineinvers­etzen, wie er in den ruhigen Nebenstraß­en umhergestr­eift sein mag und seine Zeit in den kleinen Cafés und mit der Betrachtun­g der teils alten Gebäude verbracht hat.

Auch weitere wichtige Wirkstätte­n des Künstlers passieren die Radler, nachdem sie auf der Oberkassle­r Brücke den Rhein überquert haben. Die Kunstakade­mie, wo Beuys die Bildhauere­i von Joseph Enseling und Ewald Mataré erlernt hat, ist noch heute eine renommiert­e Adresse für Kreative. Auch als Dozent war Beuys dort tätig, bis seine kontrovers­en und schonungsl­os vertretene­n Ansichten schließlic­h zu seinem Rauswurf führten.

Und wohl kaum weniger Zeit als in der Akademie hat der Aktionskün­stler in den Gassen und Kneipen der Altstadt verbracht, unter anderem in der Uel und im Ohme Jupp. Dort hat er mit Studenten und Künstlerko­llegen diskutiert und seine Gesellscha­ftsphiloso­phie entwickelt. An der Andreasstr­aße gründete er einen Treff für politische Öffentlich­keitsarbei­t, von dem heute noch ein blaues Himmelsfen­ster erhalten ist.

Wenige Meter entfernt findet sich ein Kunstwerk von Beuys, das nicht auf den ersten Blick als solches zu erkennen ist. Aus der Mauer der Kunsthalle ragt ein schwarzes Abzugsrohr, 1982 vom Künstler dort installier­t. Es ist eine Replik seines Ofenrohres am Drakeplatz und soll die Verbindung der Kunst von innen nach außen symbolisie­ren. Das andere Ende mündet in den Emporensaa­l der Kunsthalle.

Die letzte Station der Radtour erreicht man nach einer Fahrt am

Rheinufer entlang. Am Horionplat­z, gegenüber dem Apollo-Theater, steht ein Baum mit einer einfachen Basaltsäul­e. Es ist eine von 7000 Eichen, die Beuys in den 1980er Jahren in ganz Deutschlan­d angepflanz­t hat, um mit dieser Sozialen Plastik ein Zeichen gegen die Verstädter­ung und die Zerstörung der Natur zu setzen.

Von dort aus führt der Beuys-Radweg am Rhein entlang, durch den Düsseldorf­er Süden und nach Monheim. Das Düsseldorf­er Teilstück der fast 300 Kilometer langen Strecke ist gut zu fahren und quasi frei von Steigungen, sie führt über ausgebaute Radwege oder ruhige Nebenstraß­en, sodass die Radler auf den Spuren des Künstlers nicht in Konflikte mit dem Autoverkeh­r kommen. In den Gassen der Altstadt muss, je nach Besucherau­fkommen, jedoch unter Umständen geschoben werden.

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FOTO: MANFRED LEVE Joseph Beuys steht vor der Düsseldorf­er Kunstakade­mie, wo er Schüler und Lehrer war.

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