MENSCH & STADT
Auf Initiative der Ratingerin Stephanie Schüller versorgt eine Gruppe hilfsbereiter Dumeklemmer Obdachlose in Düsseldorf regelmäßig mit dem Nötigsten.
RATINGEN Fragt man Stephanie Schüller, wie das alles angefangen hat, muss sie nicht lange überlegen: „2019 habe ich in Düsseldorf gearbeitet und kam auf meinem täglichen Weg an vielen Obdachlosen vorbei.“Die Ratingerin konnte nicht wegsehen. Das Bild von Menschen, die sich zum Teil in Hauseingängen eingerichtet hatten, ließ sie nicht mehr los. „Die Menschen wirken so traurig und desillusioniert.“Sie wollte helfen.
Auf Facebook stieß die Ratingerin schließlich auf eine Düsseldorferin, die bereits eine Sammlung gestartet hatte. „Da habe ich mich erstmal angehängt“, berichtet Schüller. Aus der Aktion blieb aber so viel übrig, dass die Ratingerin mit einigen Mitstreitern eine weitere Verteilung organisieren konnte.
Der Kontakt zu den Menschen befeuerte den Wunsch Stephanie Schüllers zu helfen, nur noch mehr. Also rief sie eine zweite Sammlung ins Leben. Von der Resonanz war sie selbst überrascht: „Viele Bürger haben spontan zugesagt. Plötzlich meldeten sich völlig fremde Menschen. Sie kommen aus allen Schichten und haben eines gemeinsam – sie haben einen engen Bezug zu Menschen.“
Doch der Sammelaufruf verlief nicht so, wie sich die Ratinger das vorgestellt hatte. „Die Spenden waren in zum Teil katastrophalem Zustand“, berichtet Schüller. Andere Kleidungsstücke wie Anzüge oder Abendkleider gingen völlig am Bedarf vorbei. Gebraucht werden vor allem Schlafsäcke, Hygieneartikel und Kleidung. „Am Ende war es sehr zeitaufwändig, die Kleidungsstücke wieder loszuwerden“, so Schüller. „Dabei war die ursprüngliche Idee, sicherzustellen, dass die Spende auch da ankommt, wofür sie hergegeben wurde.“
Stephanie Schüller kontaktierte verschiedene Einrichtungen in Düsselorf, um publik zu machen, dass die Gruppe, die sich inzwischen T.E.A.M. Ratingen nennt, eine Verteilaktion plant. Über die Treffpunkte sprechen sich Standort und Termin schnell herum. „Auch beim Ordnungsamt haben wir uns abgesichert“. Am 20. Dezember ging es dann wieder mit vollbepackten Privat-Pkws nach Düsseldorf. „Die Aktion kam sehr gut an“, freut sich die Ratingerin. Probleme mit Abstandsregeln oder Hygienemaßnahmen gab es nicht.
Vor der angekündigten Kältewelle startete das T.E.A.M. Ratingen eine weitere Aktion. „In der Nacht hatte es mehrere Zentimeter geschneit. Wir hatten einen großen Zulauf.“Stephanie Schüller und ihre Mitstreiter führten Gespräche, die sie tief berührten. „Die Menschen sind authentisch und echt. Manchmal so echt, dass es weh tut.“Ein kurzer Dialog bleib Schüller besonders in Erinnerung: „Ich fragte einen jungen Mann, was er denn benötige. Seine spontane Antwort: Ein neues Leben.“
Ein anderer war aufgrund eines Trauerfalls nach Düsseldorf gekommen und coronabedingt dort gestrandet, weil er seine geplante Reise nicht fortsetzen konnte. Junge Menschen berichten schonungslos von einer verkorksten Kindheit. Ein weiterer Besucher der Verteilaktion kam auf Krücken und mühte sich anschließend mit einer Tragetasche, obwohl er kaum laufen konnte. „Es tat mir so leid, dass ich ihm keinen Rucksack mitgeben konnte“, erinnert sich Schüller. Und dennoch, so erlebt es die Ratingerin, scheinen viele Obdachlose in sich zu ruhen – ja fast glücklich zu sein.
Für das T.E.A.M. Ratingen ist die Erfahrung ein Ansporn, weiterzumachen. Geplant sind Verteilaktionen zum Beispiel zum Jahreszeitenwechsel. „Weil dann andere Kleidung gebraucht wird“, so Schüller. „Wir sammeln zwei bis drei Wochen vor der Verteilaktion“, kündigt die Ratingerin an. Und hat eine Bitte an alle Spendenwilligen: „Das Sammeln und Verteilen ist ein Aufwand, den wir freiwillig in unserer Freizeit organisieren.“Um die Arbeit gleichmäßig auf allen Schultern zu verteilen wurden die Sammelstellen aufgeteilt. So sehr sich die Gruppe über viele Spenden freut – die Lagerung in Privathäusern sorgt für Chaos. Um das so gering wie möglich zu halten, bitten die Team-Mitglieder alle Spendenwillige, die Station anzufahren, die ihnen mitgeteilt wird.
Stephanie Schüller plant die Zukunft. „Ich würde gerne Einzelhändler einbinden, die Lebensmittel wie Suppen oder Brötchen spenden“, wünscht sie sich. Und „Ein kleiner Raum als Sammelstelle oder Lagerort für die Artikel, die wir nicht losgeworden sind – das wäre perfekt.“Und noch eine Bitte hat sie: Wer spendet, möge sich doch bitte vorher gut überlegen, ob die Artikel tatsächlich für Obdachlose von Nutzen sind.
„Glücklicherweise leben in Ratingen nicht so viele Menschen auf der Straße“, sagt sie. Trifft sie aber jemanden, unterstützt sie auch hier.